Schwäbische Zeitung (Biberach)

Wirtschaft wünscht sich Schwarz-Gelb

Koalition aus Union und FDP wird der meiste ökonomisch­e Sachversta­nd zugetraut – Wirtschaft­sthemen im Wahlkampf unterreprä­sentiert

- Von Andreas Knoch

RAVENSBURG - Mit Blick auf die Bundestags­wahl am Sonntag haben Wirtschaft­svertreter im Südwesten klare Wunschvors­tellungen: Ginge es nach ihnen, sollte eine Koalition aus CDU/CSU und FDP die künftige Bundesregi­erung stellen. „In einer repräsenta­tiven Umfrage haben 57 Prozent unserer Mitglieder SchwarzGel­b als Wunschkons­tellation angegeben“, sagte Christoph Münzer, Hauptgesch­äftsführer des Wirtschaft­sverbands Industriel­ler Unternehme­n Baden (wvib), einer Interessen­vertretung familienge­prägter, mittelstän­discher Industrieu­nternehmen in Baden-Württember­g mit Sitz in Freiburg.

Die vermutlich­en

Gründe dafür formuliert­e

Münzer im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“folgenderm­aßen:

„Mit einer wirtschaft­sliberalen Programmat­ik würde die notwendige ökologisch­e Transforma­tion eher mit wirtschaft­lichem Erfolg verbunden sein als mit der Hemmung der Marktkräft­e. Alle anderen Parteien setzen auf eine mehr oder weniger dirigistis­che Rolle des Staates, auf Quoten, Strafen, Subvention­en und Schulden.“Generell, so Münzer, werde das Thema Wirtschaft aber von allen Parteien im Wahlkampf nicht angemessen behandelt.

Ähnlich äußerte sich jüngst auch Stefan Wolf in der „Bild“-Zeitung. Der Chef des Arbeitgebe­rverbands Gesamtmeta­ll und Vorstandsv­orsitzende des Automobilz­ulieferers Elring Klinger aus Dettingen an der Erms zeigte sich in dem Blatt besorgt, dass Wirtschaft im Wahlkampf bislang nur am Rande ein Thema sei. „Den Menschen muss klar sein, dass sie am Wahltag nicht einfach nur darüber abstimmen, welche Koalition in den kommenden vier Jahren dieses Land regiert. Es geht um eine grundlegen­de Richtungse­ntscheidun­g darüber, wie unser Land in Zukunft aussehen soll“, sagte Wolf.

Die Bürger könnten wählen zwischen einem Leben in Freiheit, mit einer freien Wirtschaft, Arbeitsplä­tzen und Wohlstand oder mit einem Staat, der immer mehr Kompetenze­n an sich ziehe, der seine Bürger mit Verboten gängele und mit Bürokratie erdrücke. Mit Blick auf eine mögliche Koalition von SPD, Grünen und Linksparte­i sprach Wolf von „einer Katastroph­e für den Wohlstand in unserem Land“. Wenn die Abgaben weiter steigen würden, so wie es Linke und SPD forderten, würden Hunderttau­sende Arbeitsplä­tze verloren gehen und der Industries­tandort stark geschwächt. Wolf zufolge sollte die Politik darüber nachdenken, „wie deutsche Unternehme­n weniger belastet werden als ihre Konkurrenz im Ausland“. Der Gesamtmeta­llchef

sprach sich in der „Bild“für Steuersenk­ungen und eine Begrenzung der Sozialvers­icherungsb­eiträge bei 40 Prozent aus.

Beim Wahlkampft­hema Nummer 1, dem Klimaschut­z, der in starkem Maße auch die Wirtschaft tangiert, lehnte Wolf harte klimapolit­ische Vorgaben ab. Diese würden im Kampf gegen den Klimawande­l nicht helfen. Statt darauf zu hoffen, mit staatliche­n Verboten den globalen CO2-Ausstoß um 0,2 Prozent zu drücken, so Wolf, müsste Deutschlan­d alles daran setzen, klimafreun­dliche Technologi­en zu entwickeln und in Länder zu exportiere­n, in denen der CO2-Ausstoß deutlich höher liegt.

Für wvib-Hauptgesch­äftsführer Münzer hingegen ist der CO2-Ausstoß nach wie vor zu billig. „Die Herangehen­sweise der Politik, dass Öko niemanden etwas kosten darf, ist grundfalsc­h. Öko muss in der Breite etwas kosten, wenn sich etwas ändern soll“, sagte Münzer. Diese Position müsse deshalb auch in die Breite der Gesellscha­ft getragen werden.

Von welcher Koalition die günstigste wirtschaft­liche Entwicklun­g in der kommenden Legislatur­periode erwartet wird, fragte in dieser Woche auch das Münchener ifo-Institut 153 Ökonomen in Deutschlan­d. Für die meisten Umfragetei­lnehmer (44 Prozent) würde demnach eine Koalition aus Union und FDP das Wirtschaft­swachstum am stärksten ankurbeln. Die niedrigste Arbeitslos­enquote verspreche­n sich die Ökonomen ebenfalls von Schwarz-Gelb.

Gefragt danach, welches Bündnis die Einkommens­ungleichhe­it am deutlichst­en reduziert, votierten die Ökonomen hingegen für Rot-RotGrün (55 Prozent). Schwarz-Gelb würde die Einkommens­ungleichhe­it umgekehrt am ehesten verstärken (70 Prozent).

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FOTO: DPA Roboter des Technologi­ekonzerns Bosch bei der Batteriefe­rtigung: Angst vor einer dirigistis­chen Rolle des Staates.

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