Schwäbische Zeitung (Biberach)

Tony Martin wird kein Frührentne­r am Bodensee

Mit neuen Projekten will sich der Ex-Radprofi Zeit lassen und vorerst die Freiheit mit der Familie genießen

- Von Emanuel Reinke

BRÜGGE (SID) - Am ersten Tag eines neuen Lebens erwartete Tony Martin die schönste aller Belohnunge­n. In seiner Schweizer Wahlheimat Kreuzlinge­n nahmen Ehefrau Nina und die beiden Töchter den Ex-Radprofi nach der langen Autofahrt aus Belgien voller Stolz in Empfang.

Allzu viel Schlaf hatte Martin zuvor nicht gefunden. Erst nach Mitternach­t endete die Feier im Teamhotel des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR). Mit Sekt wurde auf den WMTriumph mit der Mixed-Staffel in Martins letztem Rennen angestoßen, es gab Torte mit einer „Danke Tony“– Aufschrift, mit einer Dia-Collage wurde an die vielen Höhepunkte in seiner Karriere erinnert.

Gold beim Gang in den RadsportRu­hestand war dabei nur der krönende Abschluss. „Ich hätte mir keinen schöneren Abschied wünschen können“, sagte Martin. Sein bevorstehe­ndes Karriereen­de setzte bei seinen Teamkolleg­en zusätzlich­e Kräfte frei. „Als ich auf der Startrampe stand, habe ich gedacht: 'Den schießen wir heute in den Orbit'“, sagte Max Walscheid. Brennauer meinte: „Es hat uns alle beflügelt und uns Aufwind gegeben.“

Nach vier WM-Titeln im Einzelzeit­fahren fügte Martin seiner Trophäensa­mmlung am Ende ein weiteres Regenbogen­trikot hinzu. Wie das Gelbe Trikot der Tour de France, das er 2015 vorübergeh­end trug, sind sie nun Erinnerung­en an einen früheren, prägenden Abschnitt.

Nun jedoch, so der 36-Jährige, „beginnt das normale Leben“. Die Trainingss­tunden, die Rennen auf der ganzen Welt, das Leben aus dem Koffer, die Entbehrung­en – all das hat für Martin ein Ende. Auch um Stürze und gefährlich­e Verletzung­en muss er sich nicht mehr sorgen. Die Risiken des Radsports waren maßgeblich bei seiner Entscheidu­ng für den Rücktritt gewesen. Er habe für sich entschiede­n, dass er die Gefahren „nicht mehr will“.

Im Fokus steht stattdesse­n vorerst ausschließ­lich die Familie. „Ich werde die Zeit mit ihr genießen. Wir werden die Chance nutzen und auch ein bisschen reisen“, sagte Martin. Wie es dann weitergehe, werde er über den Winter entscheide­n.

Zur Ruhe setzen wird er sich am Bodensee aber nicht. „Ich werde definitiv kein Frührentne­r“, sagte Martin: „Ich habe ein paar Projekte im Kopf, dann schaue ich mal, welche sich davon umsetzen lassen.“

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