Schwäbische Zeitung (Biberach)

Neuer Aufguss einer alten Debatte

Im Streit um einen neuen Vorspielsa­al ist plötzlich das Pestalozzi­haus wieder mit im Rennen

- Von Gerd Mägerle

BIBERACH - Die seit mehr als vier Jahren laufende Debatte um den Neubau eines Vorspielsa­als an der BrunoFrey-Musikschul­e hat in der Bauausschu­sssitzung am Montagaben­d eine neue Wendung erhalten. Während sich CDU, FDP und auch SPD vehement für die zügige Umsetzung des vor Jahren gefassten Baubeschlu­sses aussprache­n, enthielten sich Freie Wähler und Grüne der Stimme. Auslöser war eine Informatio­n der Stadtverwa­ltung, die plötzlich das quasi schon zum Abriss vorgesehen­e Pestalozzi­haus wieder ins Spiel bringt.

Vor allem die CDU-Fraktion hatte die Verwaltung in der Vergangenh­eit wiederholt aufgeforde­rt, den längst gefassten Beschluss zum Bau des Vorspielsa­als als Anbau an die BrunoFrey-Musikschul­e zügig umzusetzen, so wie es nach dem gescheiter­ten Bürgerents­cheid zur Sanierung des Pestalozzi­hauses vereinbart war. Das Baudezerna­t verschlepp­e das Thema zugunsten anderer Projekte, lautete ein Vorwurf, den Friedrich Kolesch (CDU) und Alfred Braig (FDP) auch am Montagaben­d wiederholt­en.

Vorgelegt hatte das Baudezerna­t zur Sitzung allerdings einen selbst gefertigte­n Vorentwurf samt Kostenschä­tzung für den neuen Saal. Dieser soll im Westen an das Musikschul­gebäude angebaut werden und auf rund 190 Quadratmet­ern Platz für eine Bühne und 150 Sitzplätze bieten. Hinzu kommen Nebenräume für Technik, Stuhllager und Konzertflü­gel. Die Kosten für den Anbau werden grob auf rund 2,8 Millionen Euro geschätzt. Bei dessen Anbindung an das 30 Jahre alte Bestandsge­bäude könnten sich weitere Sanierungs­notwendigk­eiten ergeben. Der Entwurf stieß auf einhellige Zustimmung bei allen Stadträten. Das Hochbauamt würde dieses spannende Projekt planerisch gerne selbst weiterbetr­euen, so Hochbauamt­sleiter Siegfried Kopf-Jasinski, „aus Kapazitäts­gründen ist die Umsetzung aber erst ab 2025 möglich“.

Noch aus einem weiteren Grund schlug die Verwaltung vor, mit einem Baubeschlu­ss bis 2023 zu warten. So besteht die Aussicht, dass die Stadt Landeszusc­hüsse für ein neues Sanierungs­gebiet „Innenstadt Nord“(Ehinger Straße, Bleicherst­raße, Bismarckri­ng) erhalten könnte. Den Antrag dafür will die Stadt 2022 stellen. Das Regierungs­präsidium habe „quasi schon eine Zusage“der Mittel ab 2023 in Aussicht gestellt, so Baubürgerm­eister Christian Kuhlmann. Mit einer bis zu 50-prozentige­n Förderung könnte es möglich sein, eine bislang für unwirtscha­ftlich gehaltene Sanierung von Pestalozzi­haus samt dem dortigen Saal hinzubekom­men. Ohnehin sei die Verwaltung mehrheitli­ch der Meinung, dass ein neuer Vorspielsa­al an der Musikschul­e aufgrund vorhandene­r Aulen am Heinz-H.-Engler-Forum und an den Gymnasien entbehrlic­h ist. Sollte es bei der Entscheidu­ng für den Neubau des Vorspielsa­als bleiben, schlug die Verwaltung vor, diesen ab 2025 in Eigenregie in Angriff zu nehmen. Wenn sofort gebaut werden soll, müsste die Planung fremdverge­ben werden, sagte Kopf-Jasinski.

Einerseits sei der Bau des neuen Saals Beschlussl­age, anderersei­ts eröffne der in Aussicht gestellte Landeszusc­huss neue Möglichkei­ten, sagte Flavia Gutermann (Freie Wähler). Unter diesen Bedingunge­n sei ihre Fraktion

eher für die Sanierung des Pestalozzi­hauses. Die Pläne für den Neubau lägen ja bereits, falls es doch keinen Zuschuss gebe. Auch die Grünen zeigten sich aufgeschlo­ssen, dem Projekt Pestalozzi­haus „eine neue Chance zu geben“, so Josef Weber. „Wir wissen ja nächstes Jahr, was in Sachen Zuschuss passiert.“

Gegen einen weiteren Aufschub des Neubaus sprachen sich SPD, FDP und CDU aus. Dass sich der Erhalt des Pestalozzi­hauses nicht lohne, sei längst dargestell­t worden, so Rudolf Metzger (SPD). Nun wolle man durch Zuschüsse Dinge am Leben erhalten, die einen Erhalt nicht verdienten, so seine Meinung. Sofern es gute Ideen gebe, könne er sich einen Erhalt des Pestalozzi­hauses vorstellen, „aber nicht in Verbindung mit dem Vorspielsa­al“.

Es sei vor Jahren schon aufgezeigt worden, dass das Pestalozzi­haus aus funktional­en Gründen nicht weiterbetr­ieben werden sollte, sagte Alfred Braig (FDP), „jetzt will man es mit Steuergeld­ern erhalten“. Mit dem Vorentwurf für den Neubau des Vorspielsa­als sei er einverstan­den, er plädiere für einen unverzügli­chen Baubeginn und damit für eine Fremdverga­be.

So sah es auch Lucia Authaler (CDU). „Der Saal muss jetzt geplant und gebaut werden.“Dies sei 2018 im Zusammenha­ng mit dem Bürgerents­cheid klar festgelegt worden, ergänzte Kolesch. „Das ist eine Frage der Anständigk­eit.“Für das Pestalozzi­haus brauche es nicht zwingend den Abriss. „Wenn es gute Ideen gibt, sind wir dafür offen, aber eben nicht für einen Vorspielsa­al in dem Gebäude.“Das letzte Wort hat nun der Gemeindera­t in seiner Sitzung am Montag ab 17 Uhr in der Gigelbergh­alle.

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FOTOS: GERD MÄGERLE Könnte ein Vorspielsa­al doch im Pestalozzi­haus (l.) umgesetzt werden oder gibt es den Neubau an der Burno-Frey-Musikschul­e (r.)?
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