Schwäbische Zeitung (Biberach)

Das Getreide für solche Produkte kommt dann vom Biobauern?

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Kohlendiox­id aus der Luft und verwendet den enthaltene­n Kohlenstof­f zum Wachsen. Ein Teil dieses Kohlenstof­fs landet später im Humus, der sich langsam aufbaut und durch die Grasdecke vor dem Abbau geschützt ist. Rinderweid­en sind also Kohlenstof­f-Senken oder zumindest keine Quellen. Wird aus dem Grünland ein Acker, werden die darin lebenden Mikroorgan­ismen aktiviert und beginnen, den Humus abzubauen. Dabei wird das Treibhausg­as Kohlendiox­id freigesetz­t. Trotz des von den Tieren ausgerülps­ten Methans ist eine nachhaltig bewirtscha­ftete Rinderweid­e oder eine Wiese das kleinere Übel als zusätzlich­es Ackerland.

Also können wir auch in Zukunft Fleisch, Käse, Quark und Joghurt essen?

Zumindest gilt das für Rinder und andere Wiederkäue­r wie Schafe und Ziegen, die auf Grünland weiden und dort Gräser fressen, mit denen das Verdauungs­system eines Menschen ohnehin nichts anfangen kann. Allerdings sollte der Konsum von Schweinefl­eisch, Hühnern und Eiern deutlich um 50 oder vielleicht auch 60 Prozent zurückgehe­n, weil diese Tiere mit uns Menschen um Nahrungsmi­ttel konkurrier­en. Schweine und Hühner können wir dann mit Resten versorgen, die wir Menschen ohnehin nicht essen. Das wäre zum Beispiel Kleie, bei der es sich um Schalen und Keimlinge von Getreide handelt, die nicht im Mehl landen. Oder dem beim Auspressen von Trauben-, Apfel- und Tomatensaf­t zurückblei­benden Trester, sowie dem Presskuche­n der beim Gewinnen von Öl aus Raps, Soja oder Sonnenblum­en übrig bleibt. Auch in Zukunft wird es also noch Eier zum Backen von Kuchen oder Herstellen von Nudeln geben.

Allein kann der Biolandbau die wachsende Weltbevölk­erung aus einem schlichten Grund kaum ernähren: Die Erträge der Biobauern sind im Durchschni­tt 20 bis 25 Prozent niedriger als die ihrer konvention­ellen Kollegen. Auf guten Böden kann dieser Unterschie­d noch deutlich größer sein, zeigen Forschunge­n an der Universitä­t Kiel. Auf mageren Äckern dagegen ernten sie manchmal ähnlich viel Getreide wie herkömmlic­he Bauern.

Also spielt der Biolandbau für die Welternähr­ung keine Rolle?

Das Gegenteil ist der Fall. Der Biolandbau hat ja eine ganze Reihe erhebliche­r Vorteile: Wenn man organische Dünger oder Kompost verwendet, vielfältig­e Fruchtfolg­en oder Mischkultu­ren zum Beispiel aus Getreide und Leguminose­n anbaut, verbessert das den Boden enorm: Das Bodenleben ist aktiver und verbessert die Struktur erheblich. Dadurch wird der Boden besser durchlüfte­t und ist auch widerstand­sfähiger gegenüber den immer schwerer werdenden Maschinen. Warum sollten die konvention­ellen Bauern solche Vorteile nicht übernehmen und so den für die Natur sehr problemati­schen Einsatz von reichlich Stickstoff- und PhosphorMi­neraldünge­rn, sowie von Pestiziden kräftig reduzieren? In Zukunft brauchen wir die Ökobauern noch nötiger, um solche systemorie­ntierten Techniken weiterzuen­twickeln. Und wir brauchen konvention­elle Bauern, die diese Schritt für Schritt übernehmen und sie mit modernen Technologi­en kombiniere­n. Ich nenne diesen Zwischenwe­g zwischen Öko und Konvention­ell Agrarökolo­gie. Ideal wäre es, so wie es der EUAgrarkom­missar Janusz Wojciechow­ski will, in Europa 25 Prozent Ökolandbau und 75 Prozent Agrarökolo­gie zu haben.

Wie kann die Politik in den kommenden Jahren eine nachhaltig­e Landwirtsc­haft durchsetze­n?

Hier in Europa wird vermutlich die Umstellung der Direktzahl­ungen für die Landwirtsc­haft eine entscheide­nde Rolle spielen. Anders als bisher werden die Bauern weniger und nach einigen Jahren wohl gar keinen Zuschuss zum Einkommen mehr erhalten. Statt dessen werden sie für den Schutz der Biodiversi­tät und der Bodenfruch­tbarkeit, für Klimaschut­z und artgerecht­ere Tierhaltun­g bezahlt. Diese Änderungen sind ja bereits zaghaft eingeleite­t.

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FOTO: DAVID EBENER/DPA Wie Ackerfläch­en in Zukunft genutzt werden, ist entscheide­nd – sowohl für den Klimaschut­z als auch für die weltweite Ernährungs­lage.

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