Schwäbische Zeitung (Biberach)
Impfzentrum schließt – So geht es weiter
Warum das Team in Ummendorf heute frustriert ist und was die Folgen der Schließung sind
UMMENDORF - Rund 95 000 Impfungen wurden im Ummendorfer Impfzentrum seit Januar durchgeführt. Am Donnerstag endet nun eine kleine Ära: Das Zentrum in der Gemeindehalle schließt. Die Euphorie der ersten Monate hat sich bei vielen Mitarbeitern inzwischen in Frust verwandelt. Wie es jetzt weitergeht.
Der ärztliche Leiter des Impfzentrums, Jobst Isbary, erinnert sich noch an die Zeit, als der Impfstoff gegen Covid-19 ein knappes Gut war. Damals seien die Impflinge voller Freude in die Gemeindehalle gekommen. Die Hoffnung auf einen Aufbruch sei bei allen spürbar gewesen. Irgendwann folgten Wochen, in denen sogar fast 1000 Personen an einem Tag geimpft wurden. Heute hingegen sind es an guten Tagen noch rund 300 Personen, die in Ummendorf oder über die mobilen Impfteams ihre Spritze erhalten. „Wir hätten gerne noch sehr viel mehr geimpft“, erklärt Isbary. Das Impfzentrum hält er dennoch für ein Erfolgsprojekt. Inzwischen aber sei es „nicht mehr verantwortbar“die Impfzentrum weiter zu betreiben. „Alle Steuerzahler zahlen dafür, aber es wird kaum mehr in Anspruch genommen.“
Schwierig seien vor allem die Gespräche mit den Impflingen geworden. „Inzwischen hören wir da viel Missmut und Skepsis.“Dem pflichtet auch Johannes Reck aus Ummendorf bei. Reck ist Impfarzt im Impfzentrum. Er erzählt, dass in jüngster Zeit vermehrt Impflinge ins Zentrum kommen, die eigentlich gegen die Impfung seien, aber sich nur aufgrund der gesetzlichen Regelungen impfen ließen.
„Die Argumente, die ich da zu hören bekomme, haben nichts mehr mit sachlichen Nachfragen von vernünftigen Leuten zu tun“, betont er. Eine Frau Mitte Dreißig zum Beispiel sei mit ihrem Ehemann zur Impfung gekommen und wollte den VektorImpfstoff von „Johnson und Johnson“verabreicht bekommen. Vektorimpfstoffe lösen in seltenen, aber signifikant häufigen Fällen Hirnvenenthrombosen bei Frauen unter 60 aus.
„Meine Empfehlung, den Impfstoff von Biontech zu wählen, der dieses Risiko nicht hat, auch wenn er zwei Mal verabreicht werden muss, konterte der Ehemann: Er sei Schichtarbeiter und habe keine Zeit, seine Frau dauernd zum Impfen herumzufahren. Und außerdem sei ja jede Impfung Gift. Deshalb wäre es doch wohl besser, nur ein Mal Gift zu spritzen als zwei Mal“, erzählt Reck.
Diese und weitere solcher Gespräche hätten ihn „sprachlos“zurückgelassen. „Was kann man so jemandem antworten? Wer sich so faktenfern, sinnfrei und konsequent von lästigen Zwängen der logischen Überprüfung seiner Äußerungen befreit hat, den kann man nicht mit sachlichen Argumenten überzeugen, wie sich das manche Politiker wünschen.“
Die einzige Möglichkeit dafür sieht Reck darin, den Druck auf die Impfgegner zu erhöhen. „Auf Überzeugung mit sachlichen Argumenten kann man nicht hoffen.“Er plädiere daher für eine Einführung der 2GRegel in allen Bereichen außer den lebensnotwendigen wie im Lebensmittelhandel und befürworte den Wegfall der Lohnfortzahlung bei Quarantäne von Ungeimpften und die Kostenpflicht von Corona-Tests bei Ungeimpften.
„Dieser Druck wirkt. Das merke ich ja bei meiner Tätigkeit im Impfzentrum ganz deutlich.“Reck fügt hinzu: „Ich kann nicht einsehen, dass die medizinische Sicherheit der Bevölkerung von nicht sachlich Argumentierenden bedroht werden darf und die Gesellschaft insgesamt auch noch für die Kosten dieser irrationalen Verweigerungshaltung eintreten soll.“
In den kommenden Wochen soll das Impfzentrum in der Gemeindehalle schrittweise abgebaut werden. Der verbliebene Impfstoff wird an die mobilen Impfteams und die verbleibenden Zentren weitergeleitet. Jobst Isbary betont, die ärztliche Leitung des Zentrums sei „eine ganz tolle Erfahrung“gewesen. Jetzt aber müsse sich die Gesellschaft auf „ein Leben mit Covid einrichten“. Er hoffe, dass sich im Herbst noch mehr Menschen impfen lassen und dann irgendwann ein Ende der Pandemie in Sicht ist.
Die Impfungen werden nun nach der Schließung des Kreisimpfzentrums noch stärker als bisher durch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sowie die Betriebsärzteschaft durchgeführt. Für eine Übergangszeit von drei Monaten wird es zusätzlich weiterhin Impfteams in Baden-Württemberg geben, um die niedergelassene Ärzteschaft zu unterstützen. Der Landkreis Biberach wird hierbei künftig vom mobilen Impfteam, das im Krankenhaus Ravensburg stationiert ist, versorgt.
Mittlerweile haben rund 60 Prozent der Menschen im Landkreis Biberach mindestens eine erste Impfung erhalten, 57 Prozent sind bereits voll immunisiert. Die Schließung in Ummendorf hat auch zur Folge, dass mögliche Zweittermine dort nicht mehr stattfinden können. Wenn die Zweitimpfung ab Oktober stattfinden soll, sei es wichtig, rechtzeitig Kontakt mit einer Hausarztpraxis aufzunehmen, um einen Termin für die Zweitimpfung zu vereinbaren, heißt es in einer Ankündigung des Biberacher Landratsamts.
Wer keine feste Hausarztpraxis hat, kann auf der Internetseite der Kassenärztlichen Vereinigung BW www.kvbawue.de den Standort der nächstgelegenen Corona-Schwerpunktpraxis finden, um einen Zweitimpfungstermin zu vereinbaren.
Für die Terminvereinbarung sei es wichtig, dass der Mindestabstand zwischen Erst- und Zweitimpfung eingehalten wird und auch, dass der Termin mindestens zwei Wochen vor der fälligen Impfung mit der Arztpraxis vereinbart wird.