Schwäbische Zeitung (Biberach)
Rückenwind für Kirchenreformen
Richtungsentscheidungen auf dem Synodalen Weg – Dialog mit Rom nötig
RAVENSBURG (mö/KNA) - Mit der Forderung nach radikalen Änderungen etwa beim Umgang mit Macht in der katholischen Kirche oder in der katholischen Sexuallehre ist am Samstag die zweite Vollversammlung des Reformprozesses Synodaler Weg in Frankfurt am Main zu Ende gegangen. Seit Donnerstag vergangener Woche hatten die 230 Synodalen über die Themen Macht, Zölibat, Sexualmoral und über die Rolle der Frauen in der Kirche gesprochen. Eine breite Mehrheit sprach sich für zentrale Reformen aus, denen aber der Papst oder ein weltweites Konzil zustimmen müssten. Dies gilt als wenig wahrscheinlich.
Der stellvertretende Bischofskonferenz-Vorsitzende, Bischof FranzJosef Bode, drückten die Hoffnung aus, zwei Jahre nach dem Start des Projekts mit dem Vatikan in einen direkten Austausch über den Synodalen Weg zu kommen. Wenige Tage vor dem Beginn des von Papst Franziskus initiierten synodalen Prozesses auf Ebene der Weltkirche fügte Bode hinzu, man habe in Frankfurt Richtungsentscheidungen gefällt, die auch dort einzubringen seien. Allerdings hatte der Vatikan eine Einladung, an den Beratungen in Frankfurt teilzunehmen, ausgeschlagen.
Zu diesen Richtungsentscheidungen gehört der Ruf nach einer neuen Ordnung der Machtstrukturen. Beispiele sind Gewaltenteilung auf allen Ebenen, mehr Mitsprache der Basis bei der Berufung von Amtsträgern und eine Zulassung von Frauen zu Weiheämtern. Besonders groß war die Zustimmung zu Änderungen unter Frauen. Eine Gruppe Konservativer hatte hierzu ein alternatives Papier vorgelegt, das aber nur wenig
Unterstützung fand. Im Grundsatz sprach sich die Synodalversammlung außerdem für eine Laienmitwirkung bei Bischofswahlen aus. Das kirchliche Recht kennt zwei Möglichkeiten der Bischofsbestellung: Der Papst ernennt die Bischöfe frei oder bestätigt die rechtmäßig Gewählten. Einige Verträge mit dem Heiligen Stuhl sehen in Deutschland dabei eine Beteiligung der Domkapitel vor, denen ausschließlich Priester angehören. An dieses Wahlrecht soll die nun vorgeschlagene Laien-Mitwirkung anknüpfen.
Eine Mehrheit der Teilnehmenden sprach sich für neue Akzente der Wahrnehmung von Sexualität und Beziehungen aus. So sollen gleichgeschlechtliche Paare und wiederverheiratete Geschiedene gesegnet werden können. Allerdings schreckten die Synodalen davor zurück, der Forderung einiger Delegierter zuzustimmen, die zusätzlich eine Öffnung des Ehesakraments für homooder bisexuelle Beziehungen vorschlugen.
Ein weiteres Papier, das in Grundzügen eine Mehrheit fand, ruft die Bischöfe auf, in Rom eine Erlaubnis für eine neue Predigtordnung zu erwirken. Dann dürften beauftragte Laien auch in Eucharistiefeiern offiziell predigen. Derzeit ist die Predigt Diakonen, Priestern oder Bischöfen vorbehalten. Nur in Wortgottesdiensten ohne Kommunionfeier erlaubt die Deutsche Bischofskonferenz die Predigt von Laien. In der Praxis gibt es aber heute schon Ausnahmen.
Einen Schönheitsfehler bei der Synodalversammlung gab es zum Schluss: Die Versammlung musste vorzeitig beendet werden, weil zu wenige Mitglieder im Saal anwesend waren und das Gremium dadurch nicht mehr beschlussfähig war. Eine ganze Reihe von Mitgliedern war offenbar schon vorzeitig abgereist.