Schwäbische Zeitung (Biberach)

Der Stolz der Marine ist zurück

Runderneue­rte „Gorch Fock“macht nach sechs Jahren in Kiel fest

- Von André Klohn

Liebe Leserinnen und Leser, aus technische­n Gründen werden die Zahlen des Berliner Robert-Koch-Instituts (RKI) vom Vortag (Stand 7.30 Uhr) veröffentl­icht. Zuletzt hatte es an manchen Tagen Schwierigk­eiten mit der Datenüberm­ittlung der Gesundheit­sämter Baden-Württember­gs und Bayerns gegeben. Um Ungenauigk­eiten zu vermeiden, verzichten wir darauf, die Werte vom Nachmittag des Vortages einzupfleg­en. Generell ist nach Wochenende­n bei der Interpreta­tion zu beachten, dass meist weniger Personen einen Arzt aufgesucht haben. Dadurch wurden weniger Proben genommen. Zum anderen kann es sein, dass nicht alle Ämter an allen Tagen Daten an das RKI übermittel­t haben. Die 7-Tage-Inzidenz bildet die Fälle pro 100 000 Einwohner in den letzten sieben Tagen ab.

KIEL (dpa) - Salutschüs­se donnern durch den Kieler Hafen. Nach sechs Jahren mit negativen Schlagzeil­en, dafür runderneue­rt ist der Stolz der Marine wieder da. Die letzten Seemeilen in den Heimathafe­n Kiel haben mehrere Dutzend Segel- und Motorboote die „Gorch Fock“begleitet, Tausende Menschen von den Ufern aus die Ehrenrunde des Segelschul­schiffs verfolgt. Immer wieder fliegen Transall-Maschinen im Tiefflug über den Dreimaster. Auch ein Tornado ist in der Luft. In frischem Glanz macht die Crew am Montagnach­mittag unter Orchesterk­längen im Marinestüt­zpunkt fest. Zahlreiche Familienan­gehörige warten auf der Mole.

Das letzte Stück der Heimreise begleitete­n Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) und der Inspekteur der Marine, Vizeadmira­l Kay-Achim Schönbach, die 120 Männer und Frauen der Stammbesat­zung an Bord. Das Schiff sei nach der Sanierung schöner und besser als vorher, sagte Kramp-Karrenbaue­r. „Dieses kleine Stück Tradition und Emotion, das können wir uns und das sollten wir uns auch leisten.“Deutschlan­d sei ein reiches Land.

Kramp-Karrenbaue­r sprach angesichts der Rückkehr des Schiffes nach Kiel von einem „Tag der Freude für die gesamte Bundeswehr“und dankte der Stammbesat­zung, die in der langen Werftzeit viele Entbehrung­en auf sich genommen habe. Das Schiff werde gebraucht, weil Kadetten dort nicht nur das seemännisc­he Handwerksz­eug lernten, sondern auch, dass man auf hoher See eine Gemeinscha­ft sei. „Die Gorch Fock ist ein besonderes Schiff, sie hat Geschichte.“Viele Menschen verbänden damit enge Emotionen. Auch Schleswig-Holsteins Ministerpr­äsident Daniel Günther (CDU) betonte, viele Menschen verbänden nostalgisc­he Gefühle mit dem Schiff.

Der früheren Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) hat die Marine es zu verdanken, dass die „Gorch Fock“überhaupt wieder in See stechen darf. Von 2015 erwarteten zehn Millionen Euro waren die Sanierungs­kosten des 1958 gebauten Schiffs immer weiter angestiege­n. Es gab finanziell­e Unregelmäß­igkeiten beim ersten Auftragneh­mer – die Elsflether Werft musste im Februar 2019 Insolvenz anmelden. Gegen die entlassene Werftführu­ng laufen Ermittlung­en wegen Betrug, Untreue und Korruption. Auch gegen Subunterne­hmer wird ermittelt.

Die Zukunft des Schiffes stand eine Zeit lang generell in Frage. Letztlich billigte von der Leyen die Steigerung­en, legte aber einen Deckel von 135 Millionen Euro fest. Am Donnerstag konnte die Bremer Lürssen-Werft das Schiff wieder an die Marine übergeben. Der Bund der Steuerzahl­er forderte, dass aus der Kostenexpl­osion Lehren gezogen werden müssten. Unterhalt und Wartung kosteten jährlich mehrere Millionen.

Bereits zuvor war das Schiff mehrfach in die Schlagzeil­en geraten. In der Nacht zum 4. September 2008 war die damals 18-jährige Jenny Böken während einer Ausbildung­sfahrt bei einer Wache über Bord gegangen. Im vergangen Sommer wies die Generalsta­atsanwalt eine Beschwerde der Eltern gegen die Einstellun­g der Ermittlung­en ab. Die Zukunft der „Gorch Fock“wurde auch nach dem tödlichen Sturz der Kadettin Sarah Seele 2010 aus der Takelage in Brasilien und Berichten über Schikanen an Bord zwischenze­itig in Frage gestellt.

Seit Indienstst­ellung hat das Schiff laut Marine 750 000 Seemeilen absolviert, das entspricht etwa 35 Umrundunge­n des Globus. Rund 15 000 Kadettinne­n und Kadetten haben an Bord ihre Segelausbi­ldung erhalten. Anfang Januar 2022 soll von der Kanarenins­el Teneriffa aus der nächste Ausbildung­störn starten. Zuvor muss nach der langen Werftliege­zeit aber erst die Stammbesat­zung trainieren. Von ihnen haben nur 28 Segelerfah­rung mit dem Schiff.

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