Schwäbische Zeitung (Biberach)

Dem Carilloneu­r ist nichts zu schwör

- Glockentur­m, campana Campanolog­e Carillon, Campanolog­e? Glocke. Glockenkun­dler. Quatrillio­n quattuor (vier) Carilloneu­ren. Dem Carilloneu­r ist nichts zu schwör ist nichts zu schwör. Carillons Carilloneu­r Carillon Campanile Campanile Dem Ingenieur Ingeni

Reisen bildet – eine alte Weisheit. Und noch eine alte Weisheit: Bildungslü­cken sind dazu da, geschlosse­n zu werden. Unter Campanolog­en sei das Carillon von Aschaffenb­urg sehr bekannt, stand in einem Reiseführe­r. Dass ein ein Glockenspi­el ist, wusste man ja noch. Aber ein Nie gehört. Könnte es etwas mit dem

zu tun haben, den man von Italienrei­sen her kennt? In der Tat. ist das italienisc­he Wort für den vom spätlatein­ischen

für Und der ist der

Wort

der französisc­he Name für ein Turmglocke­nspiel, hat übrigens auch eine lateinisch­e Wurzel:

– von lateinisch

– nannte man im Mittelalte­r den rhythmisch­en Anschlag von vier Glocken. kamen zuerst in Nordfrankr­eich, Belgien und den Niederland­en auf, und bei vier Glocken blieb es beileibe nicht. Den Rekord hält das Glockenspi­el von Kloster Mafra in Portugal mit 96 Glocken, das größte deutsche Exemplar hängt im Roten Turm von Halle mit 78 Glocken. Es ist zudem anzunehmen, dass das Beherrsche­n eines solchen Instrument­s ganz besondere Fähigkeite­n erfordert. Deshalb spricht man wohl auch nicht einfach von Glockenspi­elern, sondern von

Immer nach dem Motto:

– in Abwandlung jenes berühmten Daniel-Düsentrieb-Zitats aus einem frühen Micky-Maus-Heft:

Damit sind wir bei einem anderen Thema: Wie oder

wurden bei uns sehr viele männliche Substantiv­e gebildet, die wir fast ausschließ­lich dem Französisc­hen verdanken. Nur ein paar Beispiele: Akteur, Amateur, Animateur, Causeur, Charmeur, Dekorateur, Destillate­ur, Dompteur, Exporteur, Flaneur, Gouverneur, Hasardeur, Installate­ur, Kollaborat­eur, Kontrolleu­r, Marodeur, Masseur, Monteur, Profiteur, Provokateu­r,

Und dazu listet der Duden heute brav auch die weiblichen Formen auf – von

bis

Nun kennen wir alle unseren Wilhelm Busch: Es ist ein Brauch von alters her, wer Sorgen hat, hat auch Likör. Und siehe da: In diesem Fall wurde das französisc­he zu eingedeuts­cht – mit der Endung Das hätte man sich bei allen oben genannten Wörtern ebenso vorstellen können. Aber nur beim kennen wir auch die Form – wahrschein­lich, weil dieses Wort für den Haarkräusl­er, so die wörtliche Übersetzun­g,

Unsere Sprache ist immer im Fluss. Wörter kommen, Wörter gehen, Bedeutunge­n und Schreibwei­sen verändern sich. Jeden Freitag greifen wir hier solche Fragen auf.

ebenso wie der schon sehr früh in unsere Sprache kam. Wer allerdings heute in Frankreich nach einem fragt, erntet nur Stirnrunze­ln. Den gibt es dort nicht, auf Französisc­h heißt der Haarkräusl­er Und hierzuland­e wird es mittlerwei­le vor lauter

auch immer schwerer, noch irgendwo einen zu entdecken. In einem oberschwäb­ischen Dorf prangt an einem Haus in großen Lettern Es darf gerätselt werden.

Wenn Sie Anregungen zu Sprachthem­en haben, schreiben Sie! Schwäbisch­e Zeitung, Kulturreda­ktion,

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Rolf Waldvogel

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