Schwäbische Zeitung (Biberach)
Die CDU ringt um ihre Zukunft
Merz übt scharfe Kritik an Markus Söder – Junge Union fordert Mitglieder-Parteitag
BERLIN - Vielstimmig und kontrovers wird in der CDU über einen Neuanfang und das Führungspersonal diskutiert. Am Montag will Noch-Parteichef Armin Laschet dem Präsidium einen Vorschlag machen, wie er sich die Regelung seiner Nachfolge vorstellt. Zunächst dürfte es um das Datum und den Ort eines Parteitags gehen und noch nicht um Namen. Aber es wird wild spekuliert.
Der Vorsitzende des einflussreichen Parlamentskreises Mittelstand der Unions-Bundestagsfraktion, Christian von Stetten, forderte in der „Bild am Sonntag“den Rücktritt des gesamten Präsidiums. Der Abgeordnete aus Künzelsau, der Markus Söder als Kanzlerkandidaten unterstützt hatte, beklagte, das Präsidium habe Laschet gegen alle Umfragewerte, gegen die CSU, gegen die Bundestagsfraktion und gegen die Parteibasis durchgesetzt. Da er die Wahl nicht gewonnen habe, habe das gesamte Präsidium ein Akzeptanzproblem „und muss seine Ämter zur Verfügung stellen“.
Von mehreren Seiten kam die Anregung, vorübergehend solle es einen Parteichef geben, der sich als Moderator sieht und nicht als künftigen Kanzler. Die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien brachte in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“einen „Treuhänder“ins Spiel, der keine eigenen Ambitionen hat. Damit können sich auch andere anfreunden. Als Namen werden unter anderem Laschet, Fraktionschef Ralph Brinkhaus und Friedrich Merz genannt.
Eine Gruppe junger CDU-Politiker forderte in der „Welt am Sonntag“
die Beteiligung aller Mitglieder bei der Neubesetzung der Parteispitze. Auf einem Mitglieder-Reformparteitag solle die Parteibasis den inhaltlichen Kompass neu ausrichten, schrieben unter anderem der Chef der Jungen Union, Tilman Kuban, und der Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor.
Zwei prominente CDU-Politiker zumindest setzten am Wochenende überraschend ein persönliches Zeichen: Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer und Wirtschaftsminister Peter Altmaier verzichteten auf ihr Bundestagsmandat. Damit ermöglichen sie zwei jüngeren Parteifreunden die Rückkehr in den Bundestag.
In der Kritik steht auch die Rolle der CSU. „Das Jahr 2021 markiert einen Tiefpunkt unserer Zusammenarbeit und unseres Umgangs miteinander“, schrieb Merz in einem Newsletter. Das Verhalten der Schwesterpartei sei „stillos, respektlos und streckenweise rüpelhaft“gewesen.
Am Samtag hatte Söder bei der Landesversammlung der Jungen Union in Deggendorf Schuldige für die Wahlniederlage ausgemacht: „Am Ende wollten die Deutschen einen anderen Kanzlerkandidaten als den, den CDU und CSU aufgestellt haben“, sagte er. Ihm bläst jedoch leichter Gegenwind in der eigenen Partei entgegen. Die Delegierten stimmten mit großer Mehrheit dafür, Söders Namen aus einer Passage der Erklärung zu streichen, die der JU-Landesvorstand zur Aufarbeitung der Niederlage bei der Bundestagswahl entworfen hatte. Anlass der Abstimmung waren Vorbehalte, dass Söder in seiner Partei zur alles dominierenden Figur geworden ist. „Wir sind keine Ein-Mann-Partei, wir sind die CSU“, sagte unter Beifall der Delegierte Stefan Meitinger, der den Antrag zur Streichung von Söders Namen einbrachte.