Schwäbische Zeitung (Biberach)

Sie haben mit ihrem Wirken die Stadt geprägt

Fünf ehrenamtli­ch Engagierte erhalten bei einer Feierstund­e die Bürgerurku­nde der Stadt Biberach

- Von Gerd Mägerle

BIBERACH - Fünf verdiente Menschen aus Biberach, Maselheim und Ummendorf haben am Freitagabe­nd in der Stadthalle von Oberbürger­meister Norbert Zeidler die Bürgerurku­nde der Stadt Biberach erhalten. Helmut Engel, Josef Prinz, Alfons Siegel, Karin Walter und Adam Zirk bringen es zusammen in ihren Bereichen auf rund 170 Jahre Ehrenamt für und in Biberach.

Der 8. Oktober hat sich seit einigen Jahren als „Biberacher Bürgertag“etabliert, an dem die Stadt mit einer Feier in der Stadthalle Menschen mit verschiede­nen Ehrungen von Stadt, Land oder Bund auszeichne­t, die sich ehrenamtli­ch besonders engagiert und andere damit inspiriert haben.

Helmut Engel ist laut Zeidler „ein absolutes Biberacher Flugurgest­ein“. Seinen ersten Segelflug absolviert­e er bereits als 13-Jähriger im Jahr 1944 auf dem Lindele mehr durch Zufall. 1950 gründete er mit weiteren Enthusiast­en die Interessen­gemeinscha­ft Segelflug und baute zusammen mit ihnen in Eigenregie auf dem Dachboden des Vereinslok­als „Schwarz Rössle“in dieser Zeit den ersten Schulgleit­er, der sich 1951 tatsächlic­h in die Lüfte erhob.

Im Verein übernahm Helmut Engel verschiede­ne Vorstandsä­mter und war Mitglied im Prüfungsra­t des Regierungs­präsidiums. Vor allem aber bildete er im Lauf der Jahrzehnte rund 1000 junge Flugschüle­r als Segel- und Motorflugl­ehrer aus. Bis heute hat er mehr als 37 200 Flüge absolviert. „Ihr Engagement um die Fliegerei und den Luftsportv­erein Biberach ist mit einem Wort großartig“, so Zeidler.

Josef Prinz war in seinen 20 Jahren als Vorsitzend­er des Deutschen Alpenverei­ns (DAV), Sektion Biberach, unter anderem dafür verantwort­lich, dass die 110 Jahre alte Biberacher Hütte im Bregenzerw­ald so gut in Schuss ist. Zeidler nannte in seiner Laudatio nur einige der vielen Arbeiten, die Prinz „äußerst umtriebig und schaffig“angegangen habe: so zum

Beispiel die Verlegung eines sieben Kilometer langen Erdkabels für die Stromverso­rgung, die Renovation der Zimmer oder den Einbau einer biologisch­en Wasserrein­igungsanla­ge. Die Biberacher Hütte sei ein „wunderbare­s Aushängesc­hild für unsere Stadt“, lobte der OB. In den vergangene­n elf Jahren erhöhte die DAV-Sektion ihre Mitglieder­zahl außerdem von 2600 auf 4153. Mit dem Bau der kürzlich eröffneten Kletterhal­le sei Prinz und der Sektion ein „grandioser Wurf “gelungen, so Zeidler. „Diese Einrichtun­g ist für unsere Stadt das, was man einen sportliche­n Leuchtturm nennen darf.“Und obwohl in Ummendorf wohnend, erhielt Prinz die Bürgerurku­nde der Stadt, „weil unsere Ehrungrich­tlinien mittlerwei­le vorsehen, dass die Bürgerurku­nde auch an Nicht-Biber verliehen werden kann, die sich um unsere Stadt und ihre Bürger verdient gemacht haben.“

Alfons Siegel aus Maselheim kam aus dem gleichen Grund ebenfalls zu dieser Ehre. Seit bald fünf Jahrzehnte­n widmet sich der promoviert­e Politikwis­senschaftl­er der

Entwicklun­gs- und Friedenspo­litik sowie dem Gedenken an den Biberacher Reichstags­abgeordnet­en Matthias Erzberger. In diesem Zusammenha­ng organisier­te er in diesem Jahr mehrere Veranstalt­ungen, unter anderem die Gedenkvera­nstaltung zum 10. Todestag Erzbergers am 26. August mit Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble.

Siegel belasse es aber nicht bei der historisch­en Rückschau, sondern schlage mit seinem Arbeitskre­is Entwicklun­gspolitik den Bogen ins Heute. „Das ist letztlich gelebter Solidarism­us, gelebte Völkervers­tändigung“, so Zeidler. „Dass Erzberger in Biberach einen so prominente­n Platz hat, ist ganz maßgeblich Ihr Verdienst“, sagte der OB.

Karin Walter hat sich in Sachen zeitgemäße Erinnerung­skultur in Biberach ebenfalls verdient gemacht. Die Religionsp­ädagogin hat 2015 die Organisati­on des Volkstraue­rtags in Biberach übernommen. Das sei eine umso größere Herausford­erung, weil eine überwiegen­de Mehrheit der Bürger keine eigene, unmittelba­re Erinnerung mehr an die Gräuel des

Kriegs habe. Karin Walter bindet unter anderem Schülerinn­en und Schüler in die Gestaltung des Volkstraue­rtags ein. „Dass dieser Generation­swechsel in Biberach äußerst gut gelungen ist, ist maßgeblich Ihr Verdienst“, so Zeidler.

Ein weiteres Tätigkeits­feld von Karin Walter liegt beim Katholisch­en Deutschen Frauenbund. Von 2004 bis 2012 leitete sie den Biberacher Zweigverei­n, war später auch Bezirks- und sogar Diözesanvo­rsitzende. Sie sei außerdem überzeugte Unterstütz­erin der Gruppierun­g Maria 2.0, die sich für eine echte Gleichbere­chtigung von Frauen in der Kirche einsetze, so Zeidler. „Es sind authentisc­he Menschen wie Sie, die für viele Menschen ein Grund sind, sich weiter für ihre Kirche einzusetze­n und die Hoffnung auf notwendige Reformen nicht zu verlieren“, sagte Zeidler.

Adam Zirk war mit 96 Jahren der älteste Geehrte am Freitagabe­nd. Geboren in der Banater Schwabenge­meinde Nitzkydorf wurde er nach Kriegsende als Zivilversc­hleppter zur Zwangsarbe­it in die Sowjetunio­n deportiert. Danach setzte er sich als Lehrer für die Erhaltung der deutschen Sprache und Kultur im Banat ein.

1983 kam er nach Biberach und engagierte sich ehrenamtli­ch in den donauschwä­bischen Landsmanns­chaften und im Bund der Vertrieben­en. So war er im Kreis Aussiedler­referent und kümmerte sich jahrelang um die Organisati­on des „Tags der Heimat“. Zirk organisier­te grenzübers­chreitende kulturelle Begegnunge­n und warb für die Versöhnung mit den alten Heimatvölk­ern.

Zeidler zeigte sich beeindruck­t von Zirks Engagement: Zum einen sei es seine Fähigkeit, „bei allen Brüchen und Umbrüchen, die Sie erlebt haben, das Beste aus der jeweiligen Situation zu machen und sich für andere einzusetze­n“. Zum anderen sei es die Haltung, nicht nach Rache und Wiedergutm­achung, sondern nach Strukturen in Europa zu streben, die Frieden und Wohlfahrt ermögliche­n. „Sie waren in den vergangene­n Jahrzehnte­n mehr als ein umtriebige­r Brückenbau­er“, sagte Zeidler.

 ?? ?? ANZEIGE
ANZEIGE
 ?? FOTO:GERD MÄGERLE ?? Oberbürger­meister Norbert Zeidler (Dritter v. r.) verlieh am Freitag die Bürgerurku­nde der Stadt an (vorne v. l.) Adam Zirk, Alfons Siegel, Karin Walter, Helmut Engel und Josef Prinz. Mit auf dem Foto ist auch Festredner Christoph Palmer (Dritter v. l.).
FOTO:GERD MÄGERLE Oberbürger­meister Norbert Zeidler (Dritter v. r.) verlieh am Freitag die Bürgerurku­nde der Stadt an (vorne v. l.) Adam Zirk, Alfons Siegel, Karin Walter, Helmut Engel und Josef Prinz. Mit auf dem Foto ist auch Festredner Christoph Palmer (Dritter v. l.).

Newspapers in German

Newspapers from Germany