Schwäbische Zeitung (Biberach)
Spürnase und Vollstrecker
Warum die Bayern-Profis Thomas Müller und Serge Gnabry für Hansi Flick und die Nationalelf so wichtig sind
HAMBURG - Der Nationalelf winkt das Frühbucher-Ticket für die WM 2022 in Katar. Ein eigener Sieg am Montag im WM-Qualifikationsspiel gegen Nordmazedonien in Skopje (20.45 Uhr/RTL) und kein Dreier der Armenier im Parallelspiel in Rumänien würde die beiden abschließenden Partien im November für die DFB-Auswahl punktetechnisch bedeutungslos werden lassen. „Wir wollen unsere Philosophie durchziehen, den nächsten Schritt machen und uns so schnell wie möglich für die WM qualifizieren“, sagte Bundestrainer Hansi Flick entschlossen. „Umso früher, desto besser“, meinte Serge Gnabry, „wir wollen es am Montag klarmachen.“
Gegen Nordmazedonien hatte man noch im März unter Flicks Vorgänger Joachim Löw mit dem 1:2 die einzige Niederlage in dieser WMQualifikation einstecken müssen – fühlt sich fast schon nach grauer Vorzeit an, ist aber erst sieben Monate her. Für Flick war das 1:2 von Duisburg kein Thema („Ich schaue nicht so gerne in die Vergangenheit“), für Bayern-Angreifer Gnabry dagegen Ansporn: „Uns alle wurmt das verlorene Hinspiel immer noch.“
Auch der mögliche Bundestrainer-Startrekord, aufgestellt von Löw 2006, den Flick mit dem fünften Erfolg im fünften Spiel, einstellen könnte, bedeutet dem 56-Jährigen rein persönlich nichts. Seine Spieler müssten „noch mehr füreinander da sein“, forderte Flick vor dem Abflug in Hamburg, er wolle eine Mannschaft auf dem Platz sehen, „die begeistert“und „jeden mitzieht“. Im Grunde die perfekte Stellenbeschreibung für das Wirken von Chef-Mitreißer und Antreiber Thomas Müller. Doch darf der 32-Jährige in Skopje von Anfang an mitwirken? Oder vertraut Flick auf der Zehner-Position erneut Marco Reus vom BVB? Flick ließ dies am Sonntag offen, betonte lediglich, er sei „froh, dass wir auf dieser Position so viel Qualität haben“. Tendenz: Müller, der Retter des 2:1 vom Freitag gegen Rumänien, beginnt.
Gnabry sowieso. Flick braucht beide: Die Spürnase Müller und Vollstrecker Gnabry, der am Freitag den 1:1-Ausgleich erzielt hatte. Und Timo Werner, dem unglücklichen Mittelstürmer, schenkt Flick weiter das Vertrauen, stärkte ihm den Rücken. Am Sonntagvormittag beim Abschlusstraining legte der Bundestrainer dem Chelsea-Angreifer ganz demonstrativ und ganz väterlich seinen Arm um die Schulter und suchte das persönliche Gespräch. „Ich habe Timo explizit vor der Mannschaft gelobt für sein Engagement und seinen
Die Lacher sind weniger geworden – und sie sind leiser. Dennoch: Wenn es um Lothar Matthäus geht, löst das bei den meisten Fußballfans in Deutschland nach wie vor zumindest ein kleines Schmunzeln aus. Zu amüsant sind dessen Eskapaden und Fettnäpfchen im Privatleben (nach Silvia, Lolita, Marijana und Liliana steht nun offenbar auch die Scheidung von Ehefrau Nummer 5, Anastasia, bevor), als dass der Rekordnationalspieler trotz aller sportlichen Erfolge wahre Anerkennung erfahren würde. Dabei hätte er diese durchaus verdient. Matthäus ein absoluter Fußballfachmann. Kaum ein anderer kennt sich im aktuellen Fußball so gut aus wie der einstige Weltklassespieler und heutige TV-Experte. Das beweist er regelmäßig mit seinen treffenden Analysen bei Bundesligaund Länderspielen.
Und dennoch brauchte auch Matthäus die Hilfe eines einfachen Fans für seine neueste These – eine gewagte aber nicht uninteressante. Beim mühsamen 2:1-Sieg der Nationalmannschaft gegen Rumänien, bei dem sich die DFB-Auswahl gegen einen tiefstehenden Gegner im Angriff einmal mehr extrem schwertat, entdeckte der TV-Experte ein Plakat auf der Tribüne im Hamburger Volksparkstadion: „Hey, Hansi! Wo ist Terodde?“, stand da auf der braunen Pappe. Ernsthaft? Simon Terodde – ein Zweitliga-Stürmer – als Retter der Nationalmannschaft? „Der Idee sollte man eine Chance geben“, meint Topexperte Matthäus. Und hat damit absolut recht. Ein Versuch wäre es auf alle Fälle wert.
In der zweiten Liga ist Terodde der beste Angreifer aller Zeiten, hat zuletzt mit seinem 153. Treffer den Rekord
von Dieter Schatzschneider eingestellt. Der Schalke-Stürmer ist körperlich und im Kopfballspiel extrem stark – etwas was den aktuellen DFBAngreifern um Timo Werner trotz aller Klasse abgeht. „Wenn er gefüttert wird, macht er genauso seine Tore wie Lewandowski-Backup Choupo-Moting bei Bayern“, sagte Matthäus der „Bild“. „Terodde ist für mich daher eine ernsthafte Option. Einen Spielertypen wie ihn braucht man einfach.“