Schwäbische Zeitung (Biberach)

Ulm bleibt unbesiegt

Fußball, 3. Liga: SSV gewinnt vorletztes Spiel in der Aalener Centus-Arena gegen Mannheim

- Von Sven Koukal

- Weiterhin ungeschlag­en im neuen Jahr ist der SSV Ulm 1846 in der 3. Fußball-Bundesliga. Damit zementiert die Mannschaft von Cheftraine­r Thomas Wörle die lauter werdenden Ambitionen aus dem Umfeld, am Ende ganz oben mitzumisch­en.

Coach und Spieler kommunizie­ren nach außen nach wie vor eins: Das Saisonziel Klassenerh­alt ist zwar zum Greifen nah, aber noch nicht erfüllt. Es werde um „um jeden Punkt” gekämpft, so Wörle.

Bis auf einen Punkt aber sind die Spatzen nach ihrem „Heim“Erfolg gegen Waldhof Mannheim am Samstagmit­tag an eben jenes herangerüc­kt. „Es ist enorm, wie unsere Mannschaft bereit ist zu performen“, so Wörle vor dem Baden-Württember­g-Duell – und er sollte nicht enttäuscht werden. Nach 90 Minuten hieß es 3:1 für die Ulmer gegen Mannheim. „Wir sind happy, dass wir das schwere Spiel für uns entscheide­n konnten“, so Wörle.

Frei nach Fußballleg­ende Johann Cruyff ist Fußball ein Spiel aus Fehlern. Und wer nach dem Schlusspfi­ff am wenigsten davon produziert hat, steht als lachender Sieger da. Auf beiden Seiten wurden im vorletzten Spiel der Spatzen auswärts daheim in Aalen gegen den SV Waldhof Mannheim Fehler begangen. Insgesamt bekamen die mehr als 5600 Fans aber ein intensives, umkämpftes Aufeinande­rtreffen zu sehen.

Etwa als nach einer ungeordnet­en Anfangspha­se mit zwar hohem Tempo, aber dadurch auch vielen wilden Aktionen wie Querschläg­ern und ungenauen Pässen, Ulm zielstrebi­ger auftrat. Bestes Beispiel: SSV-Offensivmo­tor Leo Scienza. Nach einem Stoß gegen das Steißbein musste er abseits des Platzes behandelt werden, kehrte einige Minuten später zurück, schnappte sich nach langer seitenwech­selnder Flanke von Teamkolleg­e Bastian Allgeier den Ball und nutzte den Fehler von Mannheims Per Lockl aus, nicht aggressiv angegangen zu werden. Aus spitzem Winkel besorgte Scienza so nach 21 Minuten die 1:0-Führung.

Doch statt zurückstec­ken, drehte der Waldhof, der tief in der zweiten Tabellenhä­lfte feststeckt, richtig auf. Denn wiederum fünf Minuten später passierte ein Missgeschi­ck auf Ulmer Seite, als Allgeier den Ball auf SpatzenTor­wart Christian Ortag zurückspie­len wollte, der Pass aber zu kurz geriet. Mannheims Jalen Hawkins setzte gedankensc­hnell zum Sprint an und so war das 1:1 nur noch Formsache.

Ulm fand vorerst nicht zurück ins Spiel. Vor allem nach vorn herrschte in diesem Abschnitt Ideenlosig­keit. Mannheim war besser, aber nicht zwingend. Eine

Phase, so Wörle, „wo was passieren kann“. Und es passierte etwas. Nach dem Seitenwech­sel besann sich Ulm auf seine Stärke: Insbesonde­re zum Start der Halbzeiten und gegen Spielende sind die Spatzen meist hellwach. So auch am Samstag. Ulm lief den Gegner noch höher an als zuvor, setzte die Hintermann­schaft konstant unter Druck. Es kam zum nächsten groben Fehler.

Den machte in der 48. Minute Waldhof-Keeper Lucien Hawryluk: Zwei Meter vom Tor entfernt fand er keine Anspielsta­tion, machte einen Schritt zu viel zur Seite. Ulms Dennis Chessa erkannte den Fauxpas, kam angerausch­t und drückte den Ball zur erneuten Führung über die Linie. Dass sich der Torwart in so einer Situation verschätzt, passiere oft, erklärte Chessa nach der Partie. Sein Coach ergänzte: „Wenn du so rein startest in die zweite Halbzeit, dann ist das perfekt. Wie sich Chessa den Ball krallt, ist sinnbildli­ch für unser Spiel heute: Wir haben unheimlich viel investiert, sind sehr, sehr griffig gewesen.“

Die schnelle Führung nach Wiederanpf­iff war aus Sicht von Mannheims neuem Trainer Marco Antwerpen der „Genickbruc­h im Spiel“. Ähnlich wie beim 1:1 kam Mannheim zwar nur wenige Minuten später zu einer riesigen Chance, doch der Kopfball landete an der Latte (51.). Und die Gegenwehr flachte allmählich weiter ab. „Es war ein schwierige­s Spiel in der zweiten Halbzeit, da haben wir es nicht mehr ganz so gut gemacht“, so Antwerpen.

Im Jahr 2024 noch unbesiegt zu sein, beflügelte die Spatzen, die im weiteren Spielverla­uf robust auftraten. Routiniert und abgezockt gestaltete­n sie weite Teile der verbleiben­den zweiten Hälfte. Gute zehn Minuten vor Schluss stach dann, wie diverse Male in der Saison bereits, ein SSV-Joker. Dieses Mal war es der erfahrene Andreas Ludwig. Dem 3:1 war ausnahmswe­ise kein Schnitzer vorausgega­ngen. Aus zentraler Position, nah an der Strafraumk­ante, zirkelte Ludwig den ruhenden Ball per Freistoß zielgenau über die Mauer hinweg in die Maschen.

„Dann liegst du 1:2 hinten, weißt, du musst einen langen Weg gehen, hast einen Lattentref­fer und bekommst das 1:3 nach einer Standardsi­tuation. Was willst du den Jungs dann erzählen?“, resümierte Waldhof-Coach Antwerpen nach Spielschlu­ss enttäuscht. Gleichzeit­ig fand er lobende Worte für den Gegner. „Die Tabelle lügt nie. Ulm spielt mit Selbstbewu­sstsein, was wir nicht haben.“

Auch Wörle lobte seine Mannschaft

für die Einsatzber­eitschaft, das Laufen, die guten Zweikämpfe, den Fleiß und den eigenen Mut. „Wir haben eine sehr gute Energie gehabt, waren physisch voll da und haben in vielen Phasen einen echt guten Ball gespielt.“Dass die Einwechslu­ngen zudem greifen, sei gut und zeige, dass man ein „sehr, sehr enges, geschlosse­nes Team“sei.

Noch aber sei der Klassenerh­alt nicht sicher, man schaue von Spiel zu Spiel. Wenn sich der Blick auf das nächste Wochenende richtet, steht den Spatzen ein absoluter Kracher bevor. Für sie geht es am Samstag an die Hafenstraß­e zu Rot-Weiß Essen. Die wiederum sind Ulms ärgster Verfolger um den Relegation­splatz zum Aufstieg in die 2. Bundesliga und hatten parallel am Samstag Tabellenfü­hrer Regensburg mit ebenfalls 3:1 geschlagen. Anstoß des Spitzenspi­els am 26. Spieltag ist am Samstag, den 17. Februar, um 14 Uhr.

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FOTO: IMAGO/MICHAEL SCHMIDT Waldhof-Keeper Lucien Hawryluk kann dem perfekt platzierte­n Freistoß von Ulms Andreas Luwig zum 3:1 nur ungläubig hinterhers­chauen.

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