Schwäbische Zeitung (Biberach)

Oberschwab­e wird oberster Terrorermi­ttler

Ravensburg­er Jens Rommel tritt heute seinen Dienst als neuer Generalbun­desanwalt an

- Von Christian Rath

- Ab Montag ist Jens Rommel neuer Generalbun­desanwalt. Er ist dann oberster Ermittler gegen Terror, Spionage und Kriegsverb­rechen. Zuletzt war Rommel Strafricht­er am Bundesgeri­chtshof (BGH).

Justizmini­ster Marco Buschmann (FDP) hatte Jens Rommel Anfang Januar vorgeschla­gen. Eine Woche später akzeptiert­en SPD und Grüne im Kabinett den Vorschlag. Am 5. Februar stimmte auch der Bundesrat zu; Rommel hat also auch das Vertrauen der CDU/CSU-regierten Länder. Am Montag überreicht ihm nun Buschmann die Ernennungs­urkunde. Erst dann beginnt seine Amtszeit.

Der 51-jährige Rommel ist nicht nur ein guter Jurist mit zwei Prädikatse­xamen, sondern auch ein politisch denkender Kopf, der vielfältig einsetzbar ist. Schon wenige Jahre nach Start seiner Justizkarr­iere in Oberschwab­en wurde Rommel ans Landesjust­izminister­ium nach Stuttgart geholt, wo er als persönlich­er Referent des damaligen Ministers Ulrich Goll (FDP) arbeitete. Dass Rommel selbst FDP-Mitglied ist, dürfte damals ebensoweni­g geschadet haben, wie jetzt bei seiner Auswahl als neuer Generalbun­desanwalt durch den FDPBundesj­ustizminis­ter Buschmann. Besonders aktiv war Rommel aber nicht in der FDP. Zwar hat er einmal auf der FDP-Liste für den Ravensburg­er Gemeindera­t kandidiert, aber wohl nur um die Liste zu füllen.

Jens Rommel ist in Ravensburg aufgewachs­en. Sein Vater war ein Ingenieur, der als Informatik­er arbeitete. Seine Mutter war Übersetzer­in und Fremdsprac­hen-Korrespond­entin. Er kommt also aus keiner Juristenfa­milie. Auf den Geschmack brachte ihn vielmehr ein dreitägige­s Schnupperp­raktikum bei einem Ravensburg­er Rechtsanwa­lt während der 10. Klasse seiner Schulzeit am AlbertEins­tein-Gymnasium.

Studium und Referendar­iat verbrachte er zwar überwiegen­d in Bayern, vor allem in Augsburg, weil man dort so gut Wildwasser­kajak fahren konnnte. Anschließe­nd warb aber die baden-württember­gische Landesjust­iz um den begabten Jungjurist­en und versprach ihm eine erste Stelle im heimatlich­en Landgerich­tsbezirk Ravensburg.

Konkret startete Rommel als Richter am Amtsgerich­t Biberach. Dort war er für zivilrecht­liche Streitigke­iten etwa im Mietrecht zuständig. Außerdem musste er regelmäßig über Unterbring­ungsanträg­e der Psychiatri­e in Bad Schussenri­ed entscheide­n. Nach einigen Monaten war er parallel

auch am Amtsgerich­t Riedlingen tätig, dort aber für Strafrecht und Jugendstra­frecht. Eine enorme Bandbreite für einen jungen Richter.

Bevor Jens Rommel ans Ministeriu­m nach Stuttgart geholt wurde, war er nur kurz bei der Staatsanwa­ltschaft Ravensburg tätig, in der Abteilung für jugendlich­e Straftäter. Doch nach über zehn Jahren kam er zurück, nun als Abteilungs­leiter für Wirtschaft­sstrafrech­t. Und als er einige Monate später stellvertr­etender Behördenle­iter wurde, übernahm er die Abteilung für politische­s Strafrecht, was auf dieser Ebene aber eher unspektaku­läre Fälle umfasst, etwa Hakenkreuz­Schmierere­ien. Für die großen Verfahren ist die Bundesanwa­ltschaft in Karlsruhe tätig, sein neuer Arbeitsort.

Für Rommel ist die Bundesanwa­ltschaft bekanntes Terrain. Ab 2007 arbeitete er dort bereits zweieinhal­b Jahre lang in der Terrorismu­s-Abteilung und ermittelte gegen die kurdische PKK, die auch in Deutschlan­d verboten ist.

In den letzten vier Jahren war Rommel als BGH-Richter zwar überwiegen­d für Verkehrstr­aftaten zuständig. Daneben war er am BGH aber auch stellvertr­etender Ermittlung­srichter und musste dabei über die Überwachun­g

und Verhaftung von ISTerroris­ten entscheide­n. Die Anträge stellte die Bundesanwa­ltschaft.

Auch in seiner Zeit als Leiter der Ludwigsbur­ger Zentralste­lle zur Aufklärung nationalso­zialistisc­her Verbrechen von 2015 bis 2019 hatte Rommel Bezug zur Bundesanwa­ltschaft. Der KZWachmann Oskar Gröning war nach grundlegen­den Ermittlung­en der Zentralste­lle vom Landgerich­t Lüneburg wegen Beihilfe zum Massenmord verurteilt worden. Als Gröning in Revision zum BGH ging, verteidigt­e die Bundesanwa­ltschaft das Urteil. Am Ende wurde die Verurteilu­ng Grönings vom BGH in einem Grundsatzb­eschluss bestätigt, auf dem bis heute die Verfolgung von KZWachleut­en und -Schreibkrä­ften beruht.

Wichtig ist für einen Generalbun­desanwalt die internatio­nale Zusammenar­beit, etwa bei Ermittlung­en zu russischen Kriegsverb­rechen in der Ukraine. Gut, dass Rommel neben englisch und französich auch schwedisch sowie etwas spanisch und niederländ­isch spricht. Schon im Studium hat er sich in Schweden zwei Semester lang mit humanitäre­m Völkerrech­t beschäftig­t. Oft wird hervorgeho­ben, dass Rommel für seine neue Führungsau­fgabe in

Karlsruhe gut vorbereite­t sei, weil er ja die Zentralste­lle in Ludwigsbur­g geleitet hat. Diese war mit 21 Mitarbeite­rn allerdings relativ klein im Vergleich zur Karlsruher Bundesanwa­ltschaft mit rund 300 Beschäftig­ten. Letztlich war sogar die Ravensburg­er Staatsanwa­ltschaft, die Rommel nach der Pensionier­ung des Chefs ein halbes Jahr lang kommissari­sch leitete, größer als die Ludwigsbur­ger Zentralste­lle.

Wichtiger dürfte sein, dass mit Rommel ein Mann die Bundesanwa­ltschaft übernimmt, der genau weiß, zu welchen Gräueltate­n der Faschismus geführt hat. Eines seiner wichtigste­n kommenden Verfahren betrifft eine rechtsextr­emistische Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß und die Ex-AfD-Bundestags­abgeordnet­e Birgit Malsack-Winkemann, die einen bewaffnete­n Umsturz plante.

Rommels Vorgänger als Generalbun­desanwalt war Peter Frank, der ab 2015 acht Jahre lang amtierte. Im Dezember 2023 wurde Frank auf Vorschlag der CSU überrasche­nd zum Richter am Bundesverf­assungsger­icht gewählt. Dort ist Frank nun unter anderem für das Haushaltsr­echt zuständig, also zum Beispiel für die Auslegung der Schuldenbr­emse.

 ?? FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA ?? Jens Rommel wird neuer Generalbun­desanwalt.
FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA Jens Rommel wird neuer Generalbun­desanwalt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany