Schwäbische Zeitung (Biberach)
Oberschwabe wird oberster Terrorermittler
Ravensburger Jens Rommel tritt heute seinen Dienst als neuer Generalbundesanwalt an
- Ab Montag ist Jens Rommel neuer Generalbundesanwalt. Er ist dann oberster Ermittler gegen Terror, Spionage und Kriegsverbrechen. Zuletzt war Rommel Strafrichter am Bundesgerichtshof (BGH).
Justizminister Marco Buschmann (FDP) hatte Jens Rommel Anfang Januar vorgeschlagen. Eine Woche später akzeptierten SPD und Grüne im Kabinett den Vorschlag. Am 5. Februar stimmte auch der Bundesrat zu; Rommel hat also auch das Vertrauen der CDU/CSU-regierten Länder. Am Montag überreicht ihm nun Buschmann die Ernennungsurkunde. Erst dann beginnt seine Amtszeit.
Der 51-jährige Rommel ist nicht nur ein guter Jurist mit zwei Prädikatsexamen, sondern auch ein politisch denkender Kopf, der vielfältig einsetzbar ist. Schon wenige Jahre nach Start seiner Justizkarriere in Oberschwaben wurde Rommel ans Landesjustizministerium nach Stuttgart geholt, wo er als persönlicher Referent des damaligen Ministers Ulrich Goll (FDP) arbeitete. Dass Rommel selbst FDP-Mitglied ist, dürfte damals ebensowenig geschadet haben, wie jetzt bei seiner Auswahl als neuer Generalbundesanwalt durch den FDPBundesjustizminister Buschmann. Besonders aktiv war Rommel aber nicht in der FDP. Zwar hat er einmal auf der FDP-Liste für den Ravensburger Gemeinderat kandidiert, aber wohl nur um die Liste zu füllen.
Jens Rommel ist in Ravensburg aufgewachsen. Sein Vater war ein Ingenieur, der als Informatiker arbeitete. Seine Mutter war Übersetzerin und Fremdsprachen-Korrespondentin. Er kommt also aus keiner Juristenfamilie. Auf den Geschmack brachte ihn vielmehr ein dreitägiges Schnupperpraktikum bei einem Ravensburger Rechtsanwalt während der 10. Klasse seiner Schulzeit am AlbertEinstein-Gymnasium.
Studium und Referendariat verbrachte er zwar überwiegend in Bayern, vor allem in Augsburg, weil man dort so gut Wildwasserkajak fahren konnnte. Anschließend warb aber die baden-württembergische Landesjustiz um den begabten Jungjuristen und versprach ihm eine erste Stelle im heimatlichen Landgerichtsbezirk Ravensburg.
Konkret startete Rommel als Richter am Amtsgericht Biberach. Dort war er für zivilrechtliche Streitigkeiten etwa im Mietrecht zuständig. Außerdem musste er regelmäßig über Unterbringungsanträge der Psychiatrie in Bad Schussenried entscheiden. Nach einigen Monaten war er parallel
auch am Amtsgericht Riedlingen tätig, dort aber für Strafrecht und Jugendstrafrecht. Eine enorme Bandbreite für einen jungen Richter.
Bevor Jens Rommel ans Ministerium nach Stuttgart geholt wurde, war er nur kurz bei der Staatsanwaltschaft Ravensburg tätig, in der Abteilung für jugendliche Straftäter. Doch nach über zehn Jahren kam er zurück, nun als Abteilungsleiter für Wirtschaftsstrafrecht. Und als er einige Monate später stellvertretender Behördenleiter wurde, übernahm er die Abteilung für politisches Strafrecht, was auf dieser Ebene aber eher unspektakuläre Fälle umfasst, etwa HakenkreuzSchmierereien. Für die großen Verfahren ist die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe tätig, sein neuer Arbeitsort.
Für Rommel ist die Bundesanwaltschaft bekanntes Terrain. Ab 2007 arbeitete er dort bereits zweieinhalb Jahre lang in der Terrorismus-Abteilung und ermittelte gegen die kurdische PKK, die auch in Deutschland verboten ist.
In den letzten vier Jahren war Rommel als BGH-Richter zwar überwiegend für Verkehrstraftaten zuständig. Daneben war er am BGH aber auch stellvertretender Ermittlungsrichter und musste dabei über die Überwachung
und Verhaftung von ISTerroristen entscheiden. Die Anträge stellte die Bundesanwaltschaft.
Auch in seiner Zeit als Leiter der Ludwigsburger Zentralstelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen von 2015 bis 2019 hatte Rommel Bezug zur Bundesanwaltschaft. Der KZWachmann Oskar Gröning war nach grundlegenden Ermittlungen der Zentralstelle vom Landgericht Lüneburg wegen Beihilfe zum Massenmord verurteilt worden. Als Gröning in Revision zum BGH ging, verteidigte die Bundesanwaltschaft das Urteil. Am Ende wurde die Verurteilung Grönings vom BGH in einem Grundsatzbeschluss bestätigt, auf dem bis heute die Verfolgung von KZWachleuten und -Schreibkräften beruht.
Wichtig ist für einen Generalbundesanwalt die internationale Zusammenarbeit, etwa bei Ermittlungen zu russischen Kriegsverbrechen in der Ukraine. Gut, dass Rommel neben englisch und französich auch schwedisch sowie etwas spanisch und niederländisch spricht. Schon im Studium hat er sich in Schweden zwei Semester lang mit humanitärem Völkerrecht beschäftigt. Oft wird hervorgehoben, dass Rommel für seine neue Führungsaufgabe in
Karlsruhe gut vorbereitet sei, weil er ja die Zentralstelle in Ludwigsburg geleitet hat. Diese war mit 21 Mitarbeitern allerdings relativ klein im Vergleich zur Karlsruher Bundesanwaltschaft mit rund 300 Beschäftigten. Letztlich war sogar die Ravensburger Staatsanwaltschaft, die Rommel nach der Pensionierung des Chefs ein halbes Jahr lang kommissarisch leitete, größer als die Ludwigsburger Zentralstelle.
Wichtiger dürfte sein, dass mit Rommel ein Mann die Bundesanwaltschaft übernimmt, der genau weiß, zu welchen Gräueltaten der Faschismus geführt hat. Eines seiner wichtigsten kommenden Verfahren betrifft eine rechtsextremistische Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß und die Ex-AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann, die einen bewaffneten Umsturz plante.
Rommels Vorgänger als Generalbundesanwalt war Peter Frank, der ab 2015 acht Jahre lang amtierte. Im Dezember 2023 wurde Frank auf Vorschlag der CSU überraschend zum Richter am Bundesverfassungsgericht gewählt. Dort ist Frank nun unter anderem für das Haushaltsrecht zuständig, also zum Beispiel für die Auslegung der Schuldenbremse.