Schwäbische Zeitung (Biberach)
Neues Verkehrskonzept ausgebremst
In Kirchdorf stimmt der Gemeinderat für einen breiten Gehweg – Keine Verengungen
- Die Infrastruktur der Talstraße in Kirchdorf ist in die Jahre gekommen, deshalb wird sie saniert. Eine gute Gelegenheit, in einem Aufwasch die gesamte Straße umzugestalten und den Verkehrsfluss zu verlangsamen. So weit der Plan. Der Gemeinderat stimmte jedoch für eine schlichtere Variante. Wie die Sanierung umgesetzt wird und was sich verändert.
Dass die Talstraße sanierungsbedürftig ist, steht außer Frage. Die Kanalisation ist für heutige Bedürfnisse zu klein und zuletzt gab es viele Brüche der Wasserleitung, so die Bilanz von Bauamtsleiterin Alexandra Demmler. Die Kanalisation und Wasserleitungen sollen nun neu verlegt sowie zwei zusätzliche Rohrleitungen für den Aufbau eines Nahwärmenetzes eingebracht werden. Die Eingriffe betreffen die gesamte Verkehrsfläche, weshalb die Verwaltung anregte, im Zuge der Baumaßnahmen die Straße samt begleitenden Gehwegen umzugestalten.
Die rund 450 Meter lange Straße verläuft am Ostrand des Ortes zwischen der Siedlung und dem Liebherr-Gelände. Viele Kinder nutzen die 1,50 Meter breiten Gehwege der Talstraße, um zur Schule oder zum Schwimmbad zu gehen. Eine Breite, die den heutigen Sicherheitsstandards nicht mehr genügt. Aus Sicht der Verwaltung sollten deshalb zumindest die zwei schmalen zu einem, aber dafür 2,50 Meter breiten Gehweg ausgebaut werden. Noch besser wäre eine zusätzliche Verkehrsberuhigung. Obwohl die Straße eine Tempo-30-Zone ist, ignorieren viele Autofahrer die Geschwindigkeitsbegrenzung.
Bernd Benkendorf vom beauftragten Ingenieurbüro Funk stellte in der Gemeinderatssitzung am Dienstag verschiedene Möglichkeiten für eine Umgestaltung vor. Die Straße erfülle mit einer Breite von sechs Metern die Regelbreite für den Begegnungsverkehr von Bussen, für Lkw ist sie ohnehin gesperrt. Das heißt, wenn sich in einer Straße zwei Busse begegnen könnten, muss sie sechs Meter breit sein, bei einer verkehrsberuhigten Straße jedoch nicht auf der gesamten Länge. Benkendorf stellte drei Varianten für eine Umgestaltung vor:
Im ersten Fall wird der Gehweg auf die westliche Straßenseite verlegt, dafür in einer angemessenen Breite von 2,50 Meter. Die Straßenbreite bleibt gleich. Die zweite Variante sieht zusätzlich zur zusammengelegten Gehwegführung mehrere Fahrbahnverengungen auf 4,50 Meter Breite durch Einbauten vor. Bei der dritten und tiefgreifendsten Umgestaltung wird der Verkehr durch noch mehr Verengungen verlangsamt als bei Variante 2.
In der anschließenden Diskussion überwogen die Argumente gegen Maßnahmen zur Verlangsamung des Verkehrs. So lehnte einer der Räte ab, dass man angesichts des knappen Haushalts Geld für Verengungen ausgebe. Wäre eine solche doch nötig, könnte man schließlich auch mobile Betonkästen hinstellen, die einfach wieder entfernt werden könnten. Warum der Gehweg für die gefährlichere Westseite mit verschiedenen Straßeneinfahrten vorgesehen sei, interessierte einen anderen Gemeinderat. Das sei insofern sinnvoll, als sich dort die Wohnbebauung befindet, entgegnete Benkendorf. Aber man könnte Fußgänger zum Beispiel durch Markierungen an den Einmündungen priorisieren.
Ein Befürworter stellte seinen Ratskolleginnen und -kollegen die Frage: „Für wen ist die Straße da, was hat Priorität?“In seinen Augen sind es die Kinder, die hier täglich entlanggehen. Daher sollte die uneingeschränkte Geschwindigkeit kein Thema sein. Auch Bürgermeister Rainer Langenbacher setzte sich für die zweite Variante mit moderaten Verengungen ein.
Am Ende stimmte die Mehrheit für die Variante ohne Verengungen, aber mit breitem Gehweg auf der Westseite. Ein sichtlich enttäuschtes Mitglied des Gemeinderats kommentierte die Entscheidung, man habe für die Vergangenheit und gegen eine zukunftsgerichtete Lösung votiert. Einen positiven Effekt sieht Langenbacher trotzdem: „Wenigstens gibt es mit dem breiteren Gehweg mehr Sicherheit für die Fußgänger.“