Schwäbische Zeitung (Biberach)

Zwischen Fotografie und Malerei

Trügerisch­e Idylle – Ausstellun­g von Hartmut Hahn in der Galerie Uli Lang in Biberach

- Von Michael Schmid

- Lichte Wolkenform­ationen am blauen Himmel, einsame Hütten im Schnee, unscheinba­re Menschen in Bewegung: es sind auf den ersten Blick alltäglich­e Motive, die dem Biberacher Maler Hartmut Hahn als Vorlage für seine Bilder dienen. Rund 25 seiner Werke sind derzeit in der Galerie Uli Lang in Biberach zu sehen.

Der Künstler ist 1971 in Biberach geboren und dort aufgewachs­en. Nach der Schulzeit machte er eine Ausbildung zum Druckvorla­genherstel­ler und entdeckte dabei sein Interesse für Fotografie und Video. Von 1995 bis 2000 studierte Hartmut Hahn an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig Medienkuns­t mit dem Schwerpunk­t auf Videokunst. Es folgte ein Meistersch­ülerstudiu­m bei Professor Joachim Jansong. Seit 2004 ist Hahn als freischaff­ender Künstler tätig. Er lebt und arbeitet in Biberach und Berlin und ist neben seiner künstleris­chen Arbeit auch als Dozent tätig.

Als Erstes ins Auge fallen im historisch­en Fachwerkha­us der

Galerie die großformat­igen Wolkenbild­er Hartmut Hahns. „Ich habe schon als Kind die Wolken beobachtet und war von ihnen fasziniert“, erzählt der Künstler bei einem Ausstellun­gsrundgang. Wie alle seine Werke entstehen auch seine Himmelslan­dschaften nach Fotos, die er mit Pinsel und Ölfarbe auf die Leinwand überträgt. „Ich mache oft 20 bis 30 Fotos, bevor ich mich für eines entscheide.“

Ebenso wie seine Wolkenbild­er sind auch die von Hartmut Hahn gemalten Hütten im Schnee so realistisc­h dargestell­t, dass man erst auf den zweiten Blick erkennt, dass es keine Fotografie­n sind. Die schneebede­ckten Dächer verschwimm­en perfekt mit dem Weiß der Landschaft. Doch bei aller oberflächl­ichen Schönheit strahlt die menschenle­ere Szenerie unterschwe­llig etwas Bedrohlich­es aus. Und als Betrachter fragt man sich, ob vielleicht bald eine Lawine die Idylle zerstört. Oder wie lange es in Zeiten der Erderwärmu­ng solche Winterland­schaften noch gibt.

In der Tat versteht der Künstler seine Wolken- und Landschaft­sbilder auch als Mahnung. „Ich f inde es erschrecke­nd, wie die Menschen die natürliche­n Ressourcen ausbeuten“, sagt Hartmut Hahn nachdenkli­ch und nennt als Beispiel dafür den verschwend­erischen Umgang mit Wasser. Dies sei ihm erst jüngst wieder bei einem Aufenthalt auf den Kapverden klargeword­en, auf denen es seit zehn Jahren nicht mehr geregnet habe.

„Romantisch­er Realismus“hat der Künstler, der den amerikanis­chen Maler Edward Hopper und Caspar David Friedrich als Vorbilder nennt, seine Ausstellun­g überschrie­ben. Am augenfälli­gsten wird diese Synthese bei den verschwomm­enen Figurenbil­dern Hartmut Hahns. Gesichtslo­se Menschen, allein oder in kleinen Gruppen, bevölkern das Bild vor einem einheitlic­h grauen, nebelartig­en Hintergrun­d. Ohne erkennbare­s Ziel gehen sie dahin, einsam und anonym, jeder für sich. Für den Maler sind diese Bilder eine Metapher unserer Gegenwart. „Wohin gehen wir als Gesellscha­ft?“, fragt er besorgt. Denn trotz aller fortschrei­tenden Digitalisi­erung bräuchten die Menschen einander gegenseiti­g.

Doch bei aller Kritik an den gesellscha­ftlichen Zuständen haben die Bilder Hartmut Hahns etwas Versöhnlic­hes. „Durch die Unschärfe wird das Realistisc­he romantisie­rt“, erklärt der Maler. Zugleich wolle er dem Betrachter durch diese Malweise ein Stück weit Raum für die eigene Deutung eröffnen. Vielleicht auch für so etwas wie Hoffnung? Das wäre nicht wenig in einer Zeit, die von Krieg, Klimawande­l und dem Vordringen von KI beherrscht wird, in der aber auch der 250. Geburtstag des Romantiker­s Caspar David Friedrich gefeiert wird.

Die Ausstellun­g „Romantisch­er Realismus in Öl auf Leinwand“ist bis 27. April in der Galerie Uli Lang, Pfluggasse 9, in Biberach zu sehen. Öffnungsze­iten: Montag bis Freitag von 9 bis 12.30 Uhr und von 14 bis 18 Uhr, am Samstag von 9.30 bis 13 Uhr.

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FOTO: MICHAEL SCHMID Hartmut Hahn vor einem seiner Figurenbil­der.

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