Schwäbische Zeitung (Biberach)
Zwischen Fotografie und Malerei
Trügerische Idylle – Ausstellung von Hartmut Hahn in der Galerie Uli Lang in Biberach
- Lichte Wolkenformationen am blauen Himmel, einsame Hütten im Schnee, unscheinbare Menschen in Bewegung: es sind auf den ersten Blick alltägliche Motive, die dem Biberacher Maler Hartmut Hahn als Vorlage für seine Bilder dienen. Rund 25 seiner Werke sind derzeit in der Galerie Uli Lang in Biberach zu sehen.
Der Künstler ist 1971 in Biberach geboren und dort aufgewachsen. Nach der Schulzeit machte er eine Ausbildung zum Druckvorlagenhersteller und entdeckte dabei sein Interesse für Fotografie und Video. Von 1995 bis 2000 studierte Hartmut Hahn an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig Medienkunst mit dem Schwerpunkt auf Videokunst. Es folgte ein Meisterschülerstudium bei Professor Joachim Jansong. Seit 2004 ist Hahn als freischaffender Künstler tätig. Er lebt und arbeitet in Biberach und Berlin und ist neben seiner künstlerischen Arbeit auch als Dozent tätig.
Als Erstes ins Auge fallen im historischen Fachwerkhaus der
Galerie die großformatigen Wolkenbilder Hartmut Hahns. „Ich habe schon als Kind die Wolken beobachtet und war von ihnen fasziniert“, erzählt der Künstler bei einem Ausstellungsrundgang. Wie alle seine Werke entstehen auch seine Himmelslandschaften nach Fotos, die er mit Pinsel und Ölfarbe auf die Leinwand überträgt. „Ich mache oft 20 bis 30 Fotos, bevor ich mich für eines entscheide.“
Ebenso wie seine Wolkenbilder sind auch die von Hartmut Hahn gemalten Hütten im Schnee so realistisch dargestellt, dass man erst auf den zweiten Blick erkennt, dass es keine Fotografien sind. Die schneebedeckten Dächer verschwimmen perfekt mit dem Weiß der Landschaft. Doch bei aller oberflächlichen Schönheit strahlt die menschenleere Szenerie unterschwellig etwas Bedrohliches aus. Und als Betrachter fragt man sich, ob vielleicht bald eine Lawine die Idylle zerstört. Oder wie lange es in Zeiten der Erderwärmung solche Winterlandschaften noch gibt.
In der Tat versteht der Künstler seine Wolken- und Landschaftsbilder auch als Mahnung. „Ich f inde es erschreckend, wie die Menschen die natürlichen Ressourcen ausbeuten“, sagt Hartmut Hahn nachdenklich und nennt als Beispiel dafür den verschwenderischen Umgang mit Wasser. Dies sei ihm erst jüngst wieder bei einem Aufenthalt auf den Kapverden klargeworden, auf denen es seit zehn Jahren nicht mehr geregnet habe.
„Romantischer Realismus“hat der Künstler, der den amerikanischen Maler Edward Hopper und Caspar David Friedrich als Vorbilder nennt, seine Ausstellung überschrieben. Am augenfälligsten wird diese Synthese bei den verschwommenen Figurenbildern Hartmut Hahns. Gesichtslose Menschen, allein oder in kleinen Gruppen, bevölkern das Bild vor einem einheitlich grauen, nebelartigen Hintergrund. Ohne erkennbares Ziel gehen sie dahin, einsam und anonym, jeder für sich. Für den Maler sind diese Bilder eine Metapher unserer Gegenwart. „Wohin gehen wir als Gesellschaft?“, fragt er besorgt. Denn trotz aller fortschreitenden Digitalisierung bräuchten die Menschen einander gegenseitig.
Doch bei aller Kritik an den gesellschaftlichen Zuständen haben die Bilder Hartmut Hahns etwas Versöhnliches. „Durch die Unschärfe wird das Realistische romantisiert“, erklärt der Maler. Zugleich wolle er dem Betrachter durch diese Malweise ein Stück weit Raum für die eigene Deutung eröffnen. Vielleicht auch für so etwas wie Hoffnung? Das wäre nicht wenig in einer Zeit, die von Krieg, Klimawandel und dem Vordringen von KI beherrscht wird, in der aber auch der 250. Geburtstag des Romantikers Caspar David Friedrich gefeiert wird.
Die Ausstellung „Romantischer Realismus in Öl auf Leinwand“ist bis 27. April in der Galerie Uli Lang, Pfluggasse 9, in Biberach zu sehen. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag von 9 bis 12.30 Uhr und von 14 bis 18 Uhr, am Samstag von 9.30 bis 13 Uhr.