Schwäbische Zeitung (Biberach)
Abteilung Attacke für den Kaiser
Uli Hoeneß sagt im Sommermärchen-Prozess aus – Kaum neue Erkenntnisse
(SID) - „Abteilung Attacke“für das Vermächtnis des „Kaisers“: Die Hoffnung auf bahnbrechende neue Erkenntnisse im Sommermärchen-Prozess durch die Aussage von Uli Hoeneß hat sich nicht erfüllt. Der Ehrenpräsident von Rekordmeister Bayern München verteidigte vor allem den verstorbenen Franz Beckenbauer – konnte im Verfahren um die Fußball-WM 2006 aber nur wenig Licht ins Dunkel bringen.
Der mit Spannung erwartete Auftritt des prominenten Zeugen vor dem Landgericht Frankfurt/ Main förderte in rund 90 Minuten lediglich die altbekannte These zu Tage, wonach die dubiosen Geldflüsse nicht zum Stimmenkauf für die Vergabe verwendet wurden. Eine Einstellung des Verfahrens wird es dennoch nicht geben. Der entsprechende Antrag vom Prozessbeginn wurde zurückgewiesen.
Laut Hoeneß sei die Vermutung eines vereinbarten Kredits, mit dem der Deutsche FußballBund (DFB) Stimmen für die WM kaufen konnte, „absurd“und „undenkbar“. Der 72-Jährige nahm am vierten Verhandlungstag vor allem seinen Weggefährten Beckenbauer in Schutz:
„Franz hat das nie gemacht.“Richterin Eva-Marie Distler hatte sich von Hoeneß neue Erkenntnisse über die ominösen Geldströme erhofft. Grund für die Annahme der Vorsitzenden waren Aussagen von Hoeneß aus den Jahren 2020 und 2021. Damals deutete Hoeneß in einem TV-Interview und einem Podcast an, dass er wisse, warum es die Millionenzahlungen rund um die Endrunde in Deutschland gegeben habe.
Am Montag ruderte Hoeneß mit Blick auf Beckenbauer zurück: „Wir haben das nie besprochen, das war ein Tabuthema. Die letzten Jahre waren ein Martyrium für ihn“, sagte der langjährige Bayern-Boss: „In der Doppelpass-Sendung
hielt ich es für meine Pf licht, mit meiner Meinung nicht hinter dem Berg zu halten, zu sagen, was ich weiß und meinem Ärger Ausdruck zu verleihen.“Distler ordnete die Einlassungen von Hoeneß leicht desillusioniert ein: „Dann wissen Sie es doch nicht ziemlich genau – sondern nur ungefähr bis gar nicht.“
Zuvor hatte schon die Verlesung von zwei Vernehmungen des im Januar gestorbenen Beckenbauer aus den Jahren 2016 und 2017 keine neuen Erkenntnisse gebracht. Beckenbauer hatte bei seinen Aussagen in Deutschland und in der Schweiz zumeist seine Unwissenheit über die nachgefragten Abläufe zu Protokoll gegeben.
In Frankfurt stehen drei frühere DFB-Spitzenfunktionäre vor Gericht. Den ehemaligen Präsidenten Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach sowie dem langjährigen Generalsekretär Horst R. Schmidt werden „Hinterziehung bzw. Beihilfe zur Hinterziehung von Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer für das Jahr 2006 in Höhe von über 13,7 Millionen Euro zugunsten des DFB“zur Last gelegt.