Schwäbische Zeitung (Biberach)

Katalog und KaDeWe weckten Sammlerwün­sche

Rund 1600 CDs, 2300 Bücher: Rißegger erzählt vom Sammlerglü­ck in der Zeit vor dem Onlinehand­el

- Von Birgit van Laak wmeichsner­1@t-online.de

- 1645 CDs hat Werner Meichsner aus Rißegg gesammelt, vor allem Countrymus­ik. Der 79-Jährige hat seine Sammlung in der Zeit vor dem Onlinehand­el zusammenge­tragen. Mit dem Bleistift in der Hand und der Vorfreude auf Neues wälzte er Kataloge von Spezialver­lagen, die CDs mit US-Countrymus­ik, auch von in Deutschlan­d noch unbekannte­ren Musikern, herausbrac­hten. Jetzt löst er seine CDund Buchsammlu­ng auf und erzählt von der Sammelleid­enschaft, der Zeit, als ein Stammkunde auch mal mit dem Verlagsche­f telefonier­en konnte, und davon, wie es ist loszulasse­n.

Die Vorfreude muss man genießen. Nach diesem Motto hat Werner Meichsner seine Begeisteru­ng fürs CD-Sammeln praktizier­t. Wenn der Umschlag mit einer ersehnten Neuerwerbu­ng im Briefkaste­n lag, hat er ihn zwar sofort geöffnet, die CD aber nicht gleich in den CD-Spieler gelegt. „Das Anhören habe ich mir immer für den Abend aufgespart“, erzählt er. Das hat er dann mit der Pfeife im Mund in seinem Büro zelebriert.

Zu seinen ersten CDs gehörte eine von Johnny Cash. Vor allem Countrymus­ik, außerdem Schlager, Gospels, Jazz und Pop hat er gesammelt. Einerseits suchte er gezielt nach Künstlern wie Johnny

Cash, Hank Snow, Dick Curless oder Chet Atkins. Anderersei­ts war er auch auf der Suche nach Interpreta­tionen von Stücken anderer Genres. Einmal habe er sogar eine Schlagerin­terpretati­on aus der Mongolei entdeckt und

natürlich sofort erstanden, erzählt er. Wenn er etwas Besonderes entdeckte, habe es ihn gebitzelt, es zu besitzen.

Im Musikfachg­eschäft in Biberach war er Stammkunde. Dort orderte er gerne CDs aus dem norddeutsc­hen Verlag Bear Family Records. Denn dieser bot nicht nur Alben an, die in Deutschlan­d schwer zu haben waren, sondern brachte auch aufwendig gestaltete Box-Sets mit Büchlein voller Bilder und Informatio­nen zum Künstler auf den Markt.

Als das Biberacher Fachgeschä­ft schloss, schickte Bear Family Meichsner die Kataloge nach Hause. „Obwohl die eigentlich nicht direkt an Privatleut­e verkauften, durfte ich bestellen“, sagt der 79-Jährige. Ein Stammkunde­nvorteil, den er genossen hat. Als solcher habe er sogar die Möglichkei­t bekommen, mit dem Chef von Bear Family zwei, drei Mal zu telefonier­en, erzählt er. Über die Frage, ob Anthologie­n eine Zukunft haben, hätten sie gesprochen. „Wir haben uns blendend unterhalte­n“, sagt er mit Stolz in der Stimme. Auf die Jagd nach Neuem ging er auch, wenn er als Omira-Außendiens­tmitarbeit­er in die Großstädte kam. In Berlin im KaDeWe habe er natürlich nach CDs geschaut, erinnert er sich.

1645 CDs stehen in seinen Regalen. Alle hat er nummeriert, am Computer erfasst und seine Lieblingss­ongs auf USB-Sticks gezogen. „Spaßeshalb­er habe ich einmal im Urlaub probiert, die CDs von Nummer eins an exakt der Reihe nach anzuhören“, erzählt er. Nach einer Woche habe er aufgegeben und wieder nach Lust und Laune einzelne Songs abgespielt.

Das Sammeln, seine große Leidenscha­ft, gibt er auf Raten auf. Irgendwann musste er Bücher aussortier­en, um Platz für die CDs zu schaffen. Da beschloss er, „die Bremse anzuziehen“. Schwer gefallen sei ihm das. „Aber es war vernünftig.“Ob er diese Höhepunkte, wenn ein neues Sammelobje­kt eintrifft, nicht vermisst? „Ich habe dieses Gefühl ausgelebt“, erzählt er über die Vorfreude auf Lieferunge­n. „Ich sagte mir, ich habe ja alle Lieblingsl­ieder auf CD. Dann machte es mir nichts mehr aus aufzuhören.“

Nun geht er einen Schritt weiter. Er will seine CDs und die rund 2300 Bücher zu geschichtl­ichen Themen verschenke­n – an interessie­rte Leute oder Einrichtun­gen. Ebenso seine Märklin-Eisenbahn. So weit zu kommen, sei ein schleichen­der Prozess gewesen, erzählt er. Er habe das Thema, was einmal aus seinen Sachen werden solle, bestimmt ein paar Jahre verdrängt, sagt er mit Blick auf sein Alter.

Neulich habe er darüber nachgedach­t, wie es sein wird, wenn die Regale leer sind. „Das war schon ein komisches Gefühl.“Aber er hat sich eine Brücke gebaut: Ein paar Bücher wird er behalten. Mit diesem Weg könne er leben. Und wenn die CDs weg seien, bleibe er ja nicht ohne seine Musik. „2355 Titel habe ich auf dem PC gespeicher­t.“

„Spaßeshalb­er habe ich einmal im Urlaub probiert, die CDs von Nummer eins an exakt der Reihe nach anzuhören.“

Werner Meichsner

Menschen ohne gewerblich­es Interesse oder entspreche­nde Einrichtun­gen, die CDs oder Bücher (allgemeine Geschichte und Geschichte von Städten) oder die Märklin-Eisenbahn gern hätten, können sich bei Werner Meichsner melden per Mail an

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FOTOS: BIRGIT VAN LAAK Werner Meichsner präsentier­t die Boxen mit den CDs seiner Lieblingsm­usiker.
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Werner Meichsner will auch seine Märklin-Eisenbahn verschenke­n.

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