Schwäbische Zeitung (Biberach)
Alte Klinik ebnet Weg für Nordwesttangente
Biberacher Abbruchmaterial hilft durch den Klimacheck für die Landesmittel
- Im vergangenen Jahr stand der Bau der Laupheimer Nordwesttangente kurz auf der Kippe. Nun nahm das Regierungspräsidium Tübingen das Projekt wieder ins Förderprogramm auf. Dabei profitiert der Landkreis auch von seiner Großbaustelle auf dem alten Biberacher Klinikareal.
Bei der Fortschreibung des Förderprogramms nach dem Landesgemeindefinanzierungsgesetz machte dem Landkreis ein neu hinzugekommener Klimacheck einen Strich durch die Rechnung. Plötzlich erfüllte die Nordwesttangente die Förderbedingungen nicht mehr. Zu den neuen Auflagen gehörte, dass beim Bau der Straße zu 80 Prozent RecyclingBaustoffgemische aus dem näheren Umfeld für die Herstellung der Frostschutz- und Schottertragschicht sowie für die Dammschüttung verwendet werden müssen.
Der Antrag musste also nachgebessert werden. Da trifft es sich gut, dass dem Landkreis auf dem alten Klinikareal in Biberach jede Menge Abbruchmaterial zur Verfügung steht. „Das passt gut zusammen“, stellte Landrat Mario Glaser in der Sitzung des Umwelt- und Technikausschusses fest. Bereits kurz vor Weihnachten teilte das
Regierungspräsidium Tübingen mit, dass die Nordwesttangente nun doch ins Förderprogramm aufgenommen wurde.
Daraufhin machte sich der Landkreis an die Planung, wie die gut 36.000 Kubikmeter an Ziegelbetonbruch und Betonrecyclingmaterial nach Laupheim transportiert werden können. Straßenamtsleiter Gunnar Volz erläuterte, dass man sich aufgrund der großen logistischen Herausforderung gegen eine öffentliche Ausschreibung entschieden habe. „Wir müssen froh sein, dass es überhaupt gelungen ist, eine Firma zu finden, die es bewerkstelligen kann, derartige Massen wirtschaftlich abzutransportieren.“Fünf Baufirmen wurden angefragt, zwei Angebote gingen ein.
Das wirtschaftlichste Angebot gab die Firma Max Wild mit rund 450.000 Euro. Voraussichtlich im Juni wird das Berkheimer Bauunternehmen mit dem Abtransport beginnen und soll ihn bis zum Jahresende abschließen, damit das ehemalige Klinikgelände wie geplant geräumt werden kann. Das Landratsamt hat kalkuliert, dass dafür bei 15 Kubikmetern Ladevolumen pro Lastwagen rund 2400 Fahrten nötig sein werden.
In Laupheim kann das Material auf einem städtischen Grundstück in direkter Nachbarschaft zur zukünftigen Trasse gelagert und dann beim geplanten Baustart 2026 ohne weiteren Transport vornehmlich für die Frost- und Kiestragschicht verwendet werden.
„Grundsätzlich begrüßen wir die Verwendung von Abbruchmaterial“, sagte Silvia Sonntag (Grüne) und schob gleich eine Frage hinterher: „Wäre es nicht ökologisch sinnvoller, das Material vor Ort für das Baugebiet Hirschberg zu verwenden?“Finanzdezernent Holger Adler versicherte, dass das Vorgehen mit der Stadt Biberach abgestimmt sei „Der Großteil des Abbruchmaterials bleibt vor Ort.“Die 36.000 Kubikmeter würden aber vor Ort nicht gebraucht. „Sonst würden wir es nicht machen.“
Adler sprach von einer Win-winSituation, weil das Material ortsnah sinnvoll verwendet werden könne und damit die Voraussetzung für die Landesmittel erfüllt sei. „Wir hätten das Material ansonsten weit weg transportieren müssen“, ergänzte Landrat Glaser, so habe man ökonomisch und ökologisch eine gute Lösung gefunden. Dem pflichtete Manfred Lämmle (Freie Wählervereinigung) bei und gab zu bedenken, dass allein rund 720.000 Euro Materialkosten entstanden wären, wenn man eine entsprechende Menge an Kies hätte beschaffen müssen.
Amtsleiter Volz erläuterte auf Nachfrage zudem, dass das Material gründlich geprüft worden sei und sehr hohen Anforderungen genüge. Selbst wenn es zu Kontakt mit Grundwasser kommen würde, was hier allerdings nicht der Fall sein werde. Insgesamt wird für den Bau der Nordwesttangente 74.350 Kubikmeter für Dammschüttungen benötigt. Dafür können lediglich 4350 Kubikmeter aus dem Erdabtrag vor Ort verwendet werden, der Großteil muss also geliefert werden. Zudem müssen 3200 Kubikmeter Frostschutzschicht sowie 10.100 Kubikmeter Kies- und Schottertragschicht hergestellt werden.
Bei einer Gegenstimme sowie zwei Enthaltungen aus Reihen der Grünen-Fraktion stimmte der Ausschuss zu, den Transportauftrag an die Firma Max Wild zu vergeben. Insgesamt sind für die Nordwesttangente für 2024 und die Folgejahre 7,54 Millionen Euro an Haushaltsmitteln des Landkreises eingeplant.