Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Die freundlich­en Reisehelfe­r bei der Ulmer Bahnhofsmi­ssion

Einen neuen Leiter und renovierte Räume hat die Einrichtun­g schon, nun baut sie ihr Angebot aus

- Von Dorina Pascher

ULM - Sebastian Lindner, Leiter der Bahnhofsmi­ssion in Ulm, erinnert sich besonders gern an eine Begegnung: „Erst kürzlich habe ich eine 85jährigen Frau vom Zug zum Taxi begleitet. Als sie gerade eingestieg­en war, sagte sie mir, dass sie schon einmal die Hilfe der Bahnhofsmi­ssion in Anspruch genommen hat: Damals sei sie aber noch ein Kind gewesen.“

Seit mehr 100 Jahren bietet die Ulmer Bahnhofsmi­ssion kostenlose Hilfe für Zugreisend­e an: Die elf Ehrenamtli­chen und zwei fest Angestellt­en assistiere­n Menschen mit Behinderun­g beim Ein- und Aussteigen, offerieren Wartenden einen Ruheplatz in der Wärme und haben für alle ein offenes Ohr. Nach der Renovierun­g der Räume im Herbst vergangene­n Jahres gibt es bei der Bahnhofsmi­ssion nun zwei neue Betreuungs­angebote. Die richten sich vor allem an den Bahnreise-Nachwuchs.

Seit 1. März nimmt die Bahnhofsmi­ssion am Projekt „Kids on Tour“der Deutschen Bahn teil. Dabei fahren ausgebilde­te Begleiter mit alleinreis­enden Kindern zwischen sechs und 14 Jahren mit. Die Eltern bringen die Buben und Mädchen lediglich zur Bahnhofsmi­ssion. „Vor allem für berufstäti­ge Eltern, die getrennt leben, ist dieses Angebot praktisch“, sagt Lindner, der seit September vergangene­n Jahres die Bahnhofsmi­ssion Ulm leitet. Immer freitags und sonntags sind die pädagogisc­h geschulten, ehrenamtli­chen Mitarbeite­r auf neun festgelegt­en Zugstrecke­n innerhalb Deutschlan­ds unterwegs. Vom Bahnhof Ulm ist ein Zustieg nur bei ICE- und IC-Zügen in Richtung Köln möglich. Der Service kostet 35 Euro. Der Preis für die Fahrkarte des Kindes kommt noch hinzu.

Aufenthalt­sraum für Kinder

Zusätzlich zur renovierte­n Bahnhofsmi­ssion, die sich am Gleis 1 befindet, gibt es seit Ende vergangene­n Jahres auch einen Aufenthalt­sraum für Kinder. Mit Malzeug, Spielen und Büchern soll die Wartezeit angenehm gestaltet werden. Außerdem wird so verhindert, dass die Buben und Mädchen allein am Bahnhof stehen, wenn die Eltern noch nicht da sind.

Auch für Reisende in Regionalba­hnen gibt es ein neues Betreuungs­angebot: Unter dem Namen „Bahnhofsmi­ssion Mobil“können neben Kindern auch ältere oder Menschen, die nicht mehr so beweglich sind, einen Begleitser­vice nutzen.

Überdies stehen die ausgebilde­ten Reisebegle­iter auch beim Fahrkarten­kauf zur Seite oder helfen beim Umsteigen. „Menschen, die gerade eine schwere Zeit durchmache­n, können sich an uns wenden“, sagt Lindner. „Denn wenn man auf den Weg zu einer Beerdigung oder einem Klinikaufe­nthalt ist, hat man seinen Kopf oft woanders. Die Reisebegle­iter helfen den Menschen, sich zu orientiere­n.“Die Bahnhofsmi­ssion Ulm kümmert sich selbst um die Ausbildung der ehrenamtli­chen Reisebegle­iter. Und Lindner ist ständig auf der Suche nach freiwillig­en Helfer. Er sieht hinter dem zunehmende­n Mobilitäts­drang eine gesellscha­ftliche Entwicklun­g: „Immer mehr ältere Menschen suchen Anschluss zu ihren Familien“, ist sich der Leiter der Bahnhofsmi­ssion sicher. Da diese aber oft in großen Städten wohnten, trauen sich laut Lindner viele nicht, alleine zu reisen. Mit den neuen Angeboten der Bahnhofsmi­ssion soll diese Hemmschwel­le fallen.

 ?? FOTO: ALEXANDER KAYA ?? Sebastian Lindner (2.v.r.) leitet die Bahnhofsmi­ssion Ulm.
FOTO: ALEXANDER KAYA Sebastian Lindner (2.v.r.) leitet die Bahnhofsmi­ssion Ulm.

Newspapers in German

Newspapers from Germany