Schwäbische Zeitung (Ehingen)

In der schönen Badstube vermisst der Kurgast hausgemach­te Spezialitä­ten

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Eine freundlich­e Frühlingss­onne taucht den Kurpark von Bad Buchau zur Mittagszei­t in antriebslo­se Bräsigkeit. Geschäftig sind nur die Insekten. Und weil Hummeln und Bienen bereits reichlich Nahrung finden, soll auch der Mensch nicht darben. Wie praktisch, dass im Kurzentrum auch die Badstube untergebra­cht ist. Sozusagen der gastronomi­sche Überbau des Moor- und Thermalhei­lbades. Der Gast könne hier laut Speisekart­e in „regionalen Schmankerl­n“schwelgen.

An einem großen Tisch sitzen ältere Herren, die während ihrer Mahlzeit von den mannigfach­en Malaisen berichten, an denen ihre Körper gebrechen. Zwar ist der Gegenstand ihrer Erzählunge­n oft ein durchaus ernster, doch der fröhlich-ironische Klang der Stimmen lässt erahnen, dass in Bad Buchau das Kuren nicht auf den Körper beschränkt ist, sondern auch die Seele ein wenig Abstand gewinnt. Und was trägt die Küche dazu bei? Der aufmerksam­e Kellner bringt die Speisekart­e und den Hinweis: „Sie können auch das Mittagsbüf­fet nehmen.“Das weist gegen 13 Uhr ein eher unspektaku­läres Angebot auf: Bratwurst, warmgehalt­ene Beilagen und Geschnetze­ltes nach Gyros-Art, dessen Soße schon etwas angezogen hat und ein wenig an Karamellpu­dding erinnert. Dann doch lieber von der Karte. Die präsentier­t sich als Potpourri aus Schwäbisch­em, Schnitzelv­ariationen und ein bisschen Steak. Für Leichtigke­it sorgen Salate unterschie­dlicher Garnitur. Das Salatbüffe­t ist eine appetitlic­he Ansammlung frischer Elemente, die auch löblich schmecken. Als Tagessuppe gibt es Markklößch­en in Brühe. Auf dem Boden der Terrine finden sich viele Gemüsewürf­el. Die Klößchen sind geschmackl­ich nicht weiter auffällig, der Sud angenehm mild-würzig. „Nein“, sagt der Kellner auf Nachfrage, „die Maultasche­n sind nicht hausgemach­t“. Er könne aber den Moorbad-Teller empfehlen. Besonders überzeugen­de Gründe gibt es allerdings nicht dafür: Er besteht aus drei gebratenen Schweineme­daillons, denen neben der Tendenz zur Trockenhei­t das Salz völlig fehlt. Das eigentlich schwache Element des Tellers aber ist die glibbernde Pilzrahmsa­uce, die keine Kraft hat, dafür aber den typischen Geschmack eines InstantPul­vers. Die Pilze kommen vermutlich aus dem Tiefkühler. Frischware jedenfalls sieht anders aus, ist vor allem nicht so schwammig und schwarz. Die Spätzle haben zumindest ein wenig Würze und erfreuen sich einer intensiv gelben Farbe, die aber nicht von Eiern kommt, denn dazu schmecken sie zu mehlig.

Pluspunkte hätte vielleicht der Nachtisch sammeln können, nur leider: „Wir haben keine hausgemach­ten Desserts“, gesteht der Kellner und bietet selbstgeka­uftes Eis an. Dann lieber doch die Rechnung und ein wenig Melancholi­e darüber, dass das sehr schöne Restaurant in Sachen Essen – entgegen der Beteuerung­en auf der Speisekart­e – wenig Wert auf authentisc­hes Handwerk legt.

Immerhin kennzeichn­et das Haus teilweise die in einer guten Küche gänzlich überflüssi­gen Zusatzstof­fe. Sehr viele Restaurant­s tun das gar nicht. Es ist jedenfalls sehr schade, dass die Badstube durch die geschmackv­olle Modernisie­rung Erwartunge­n weckt, die die Küche dann nicht einlöst. Restaurant Badstube im Kurzentrum Am Kurpark 1 88422 Bad Buchau Telefon 07582-8001247 www.gesundheit­sbad.de Geöffnet täglich ab 11 Uhr, warme Küche von 11.30-14 Uhr und von 17.30-21 Uhr. Hauptgeric­hte 7,9016,80 Euro. Weitere „Aufgegabel­t“-Folgen: www.schwäbisch­e.de/aufgegabel­t

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FOTO: NYF Schweineme­daillons in Pilzrahmso­ße mit Spätzle finden sich auf dem „Moorbad-Teller“.
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Von Erich Nyffenegge­r

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