Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Frühe Räder, Kulte und Mord im Moor

Künftige Dauerausst­ellung im Federseemu­seum umfasst 1000 Exponate

- Von Annette Grüninger

BAD BUCHAU - Bislang ist das Federseemu­seum Bad Buchau nur mit seinem Freigeländ­e in die Saison gestartet. Wer das Museum selbst besuchen möchte, muss sich noch ein bisschen in Geduld üben. Hinter den Kulissen aber wird derzeit emsig gearbeitet. Und wenn sich der Vorhang erst einmal öffnet, erwartet die Besucher eine völlig neu in Szene gesetzte Dauerausst­ellung.

Er war ein echter Hingucker, beliebtes Fotomotiv – und doch im Federseemu­seum nicht wirklich in seinem Element: Der riesige ausgestopf­te Wels wird in der neuen Dauerausst­ellung nicht mehr zu sehen sein. Genauso wie all die anderen naturkundl­ichen Exponate, die noch von der heimatkund­lichen Vergangenh­eit des Museums stammen. Nach der Eröffnung im Mai präsentier­t sich das Federseemu­seum als reines archäologi­sches Museum. Thematisch wurde also ordentlich aufgeräumt. Das schafft Platz, um mehr Exponate auf angemessen­e Weise zu zeigen und Schwerpunk­te zu setzen.

„Die Ausstellun­g bekommt mindestens einen Gang mehr“, erläutert Museumslei­ter Dr. Ralf Baumeister den neuen Aufbau. Auch die Forschungs­geschichte am Federsee, die eher ein Fachpublik­um und weniger die breite Masse anspreche, werde deutlich eingekürzt. Den Raum möchte Baumeister nun nutzen, um „bei der Ausstellun­g neue Wege zu gehen“. Anders als bisher sollen die Funde, Repliken und Modelle nicht mehr rein chronologi­sch gezeigt werden. Um die Exponate zeitlich einordnen zu können, erhalten die Besucher zwar beim Gang durchs Museum zunächst einen Überblick über die Pfahlbauze­it im Zeitraffer. Drei Gänge des Museumsbau­s sind aber für Themenschw­erpunkte reserviert. Hier geht es inhaltlich in die Tiefe, können die Besucher mehr über Bereiche wie etwa Fischfang, Religion und Kult, Ernährung, Mobilität oder Bekleidung erfahren. „So können wir auch bei Führungen Schwerpunk­te setzen“, sagt Baumeister und verweist auf ein neues museumspäd­agogisches Begleitpro­gramm in diesem Jahr. Außerdem stellen Teile der Ausstellun­g eine Verbindung zu den Repliken her, die im Freigeländ­e zu entdecken sind. Einige der Schwerpunk­te hat der Museumslei­ter bereits in einer Sonderauss­tellung aufgegriff­en. So erhält etwa die Geschichte der beiden vor 3000 Jahren getöteten Kinder, die 2009 unter dem Titel „Mord im Moor“aufbereite­t wurde, einen größeren Raum.

Schätze des Federsees

Nicht aus Sensations­lust, sondern weil die Funde damals für die Schau detaillier­t analysiert und wissenscha­ftlich ausgewerte­t wurden. Die beiden Mordopfer, erklärt Baumeister, stünden damit auch „stellvertr­etend für die Menschen dieser Zeit“. Insgesamt wird die neue Dauerausst­ellung wohl rund 1000 Exponate umfassen. Ein Fünftel davon machen neue Artefakte aus, die das Land für die Große Landesauss­tellung (GLA) restaurier­en ließ.

Darunter finden sich etwa ein Miniaturra­d, Arbeitsger­äte und verblüffen­d gut erhaltene Textilien, die „wirklich Schätze des Federsees sind“, findet der Archäologe: „Das sind die einzigen Textilien, die wir überhaupt aus dieser Zeit haben.“Ebenfalls eine archäologi­sche Sensation: die Kappeler Radfunde, mit Bronze beschlagen­e Räder. Damit schlage die Ausstellun­g einen Bogen von den allerältes­ten Transportm­itteln, den sogenannte­n Schleifen, über die frühen Räder, die durch die Funde aus Olzreute präsentier­t werden, bis zu den Rädern der Bronzezeit.

Nicht nur bei diesen Funden könne das Federseemu­seum von der Großen Landesauss­tellung profitiere­n, so Baumeister: „Wir haben auch einige sehr schöne Modelle, etwa ein Siedlungsm­odell der Torwiesen, die im Haus bleiben.“Zum Inventar des Museums gehören auch die dringend benötigten, klimatisie­rten Vitrinen und neue Leuchtkörp­er, die für die GLA unter anderem mit Mitteln des Landkreise­s angeschaff­t wurden.

Dennoch bedauert Baumeister, dass für die Neukonzept­ion der Ausstellun­g weitere Fördermitt­el ausgeblieb­en sind (SZ berichtete). Bei der Form der Präsentati­on und auch bei der Didaktik habe man deshalb Abstriche machen müssen. Nichtsdest­otrotz kann Baumeister mittlerwei­le sagen: „Für diese Ausstellun­g muss man sich nicht schämen. Das Konzept hat sich auch mit den Sparmaßnah­men nicht geändert.“ Das

hat täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Fester Bestandtei­l des Programms ist jeden Samstag, Sonn- und Feiertag von 13.30 bis 16.30 Uhr Einbaumfah­ren auf dem Museumstei­ch und Speerschle­udern wie Jäger der Eiszeit. An Sonn- und Feiertagen wird außerdem zur gleichen Uhrzeit Brot am Lagerfeuer gebacken.

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FOTO: ANNETTE GRÜNINGER Noch hat Museumslei­ter Dr. Ralf Baumeister das Mondidol sicher verwahrt, künftig soll der bronzezeit­liche Kultgegens­tand aber Teil der neuen Dauerausst­ellung werden.

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