Das neue Opel-Kind hat deutsch-französische Eltern
Der Crossland X erweist sich als praktischer Packesel und SUV für Menschen, die gerne gemütlich unterwegs sind
Mit dem Crossland X setzt Opel seine Familienplanung im SUV-Segment fort. Noch unter den Fittichen der USamerikanischen Mutter GM und damit vor der Einheirat in den PSAKonzern machten die Rüsselsheimer mit den Franzosen gemeinsame Sache, um dem Mocca X einen kleineren Bruder zur Seite zu stellen. Das Kind mit deutsch-französischen Wurzeln ist Anfang Mai im OpelWerk in Saragossa auf die Welt gekommen und kann ab 24. Juni bei den Händlern begutachtet werden. Dort beginnt der Einstieg in die neue, smarte Opelwelt bei 16 850 Euro.
Ein Raumwunder
Diese Welt ist hübsch anzusehen. „Skulpturale Formgebung trifft auf deutsche Präzision“, umschreibt Chef-Designerin Belina Günther bei der Fahrvorstellung in Venetien die Idee, im boomenden Segment der kleinen Kraxler zu reüssieren. Der Neue sollte, wie der Adam, leicht und luftig wirken, aber bitteschön knackig daherkommen wie der Mokka X und mit viel Platz aufwarten wie der Meriva. Die wahre Größe sieht man dem im Vergleich zum Astra um 16 Zentimeter kürzeren Crossland X nicht auf den ersten Blick an. Aber mit seinem Raumangebot und der Flexibilität übertrifft er tatsächlich den höherklassigen Fünftürer. 4,21 Meter lang, 1,8 Meter breit und 1,6 Meter hoch verfügt er über einen Gepäckrauminhalt von 410 bis 1255 Liter (Astra 370-1210 l; Mocca X 356-1372 l). Die Rücksitzbank lässt sich um 15 Zentimeter in Längsrichtung verschieben, im Sitzwinkel verstellen und im Verhältnis von 40:60 teilen und flach legen.
Der Innenraum wirkt aufgeräumt. Instrumententafel und Mittelkonsole sind klar gegliedert. Es gibt keine opulenten Knopfleisten, sondern unter einem bis zu acht Zoll großen Farb-Touchscreen drei Bedienebenen: oben Tasten für Infotainment, in der Mitte Regler fürs Klima und unten vor dem Schalthebel Knöpfe für die Assistenzsysteme. Damit kommt man auf Anhieb zurecht. Die für Opel typischen Ergonomie-Sitze für Fahrer und Beifahrer mit zahlreichen Verstellmöglichkeiten gibt es für 495 Euro Aufpreis. Die HartplastikVerkleidung der Türen fällt gegenüber der weichen Oberfläche der Armaturentafel zwar ziemlich ab, aber irgendwo muss in dieser Klasse ja gespart werden. Und solange nichts scheppert, kann man drüber hinwegsehen.
Bei der Fahrzeugtechnik packt Opel alles rein, was geht. Voll-LEDScheinwerfer, die auch um die Kurve leuchten, sind für zirka 1000 Euro Aufpreis ebenso zu haben wie ein Head-Up-Display (300 Euro), eine Rückfahrkamera, die einen 180Grad-Blick bietet, und ein automatischer Parkassistent. Dazu kommen Spurassistent, Fußgängererkennung und Frontkollisionswarner mit automatischer Gefahrenbremsung. Vermisst haben wir einen Tempomat, der automatisch den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug regelt. Doch dazu bräuchte es ein Radar an Bord, was Opel in dieser Klasse nicht vorsieht. In Sachen Konnektivität lässt sich Opel nicht lumpen. Eine Klimaanlage und elektrische Fensterheber fehlen zwar in der Grundausstattung, aber Opel OnStar ist serienmäßig an Bord und damit eine Hotline, die 365 Tage im Jahr rund um die Uhr ansprechbar ist. Auf den WLAN-Hot-Spot haben bis zu sieben Geräte Zugriff, und wer mag, kann sich sogar E-Mails vorlesen lassen. Die Google-Maps-Navigation vom Smartphone lässt sich problemlos im Borddisplay anzeigen. Selbstverständlich stellt Opel eine App zur Verfügung, um von außen auf Fahrzeugdaten und Funktionen zugreifen zu können.
Und wie fährt sich der Neue? Auf Landstraßen und durch Kurven ist das Auto angenehm zu bewegen, es bietet durch die erhöhte Sitzposition eine gute Rundumsicht, und man kommt mit ihm durch enge Gassen und in schmale Parklücken. Die Lenkung ist elektrisch unterstützt, leichtgängig und präzise. Am Geradeauslauf gibt es nichts auszusetzen. Doch fürs Gelände oder als flotter Flitzer taugt der Crossland X nicht. Allradantrieb gibt’s nicht und auch kein adaptives Fahrwerk. Trotz des feschen Auftritts: Mit SUV-typischen Fahreigenschaften kann das 1,3 Tonnen leichte Auto nicht dienen. Der Antritt ist zu schwach, um sportlich unterwegs zu sein, und das Fahrwerk zu stramm, um mit Komfort zu punkten. Querfugen und Unebenheiten in der Fahrbahn sind deutlich zu spüren und zu hören. Dagegen bleiben Wind- und Abrollgeräusche auch bei 130 km/h erstaunlich leise.
Neben der Plattform, die dem Vernehmen nach dem Peugeot 2008 und dem Citroën C3 entlehnt ist, kommen auch die Motoren aus dem PSA-Stall. Im Angebot sind drei 1,6Liter-Dieselmotoren (99 und 120 PS) mit vier Zylindern und drei 1,2- LiterBenziner (81, 110 und 130 PS), die auf drei Zylindern laufen. Die stärksten Motoren sind mit Sechsgang-Schaltgetriebe zu haben, alle anderen mit Fünf-Gang-Schaltung. Nur der 110 PS starke Benziner (Grundpreis 20 650 Euro) kann mit einer Sechs-StufenAutomatik (für zirka 1500 Euro Aufpreis) kombiniert werden. Wer es gemütlich mag, ist damit gut bedient, denn selbst mit Kick Down kommt man nicht recht vom Fleck.
Sinnvolle Pakete
Wer agiler unterwegs sein will, muss auf die 130-PS-Version (21 100 Euro) oder auf die Dieselmotoren mit Handschaltung (ab 19 300 Euro) zurückgreifen. Für letztere spricht ihre Laufruhe, ihre Effizienz und der Co2Ausstoß. Während der Verbrauch beim Benziner mit Automatikgetriebe kaum unter sieben Liter zu halten sein dürfte und der Co2-Ausstoß bei 123 g/km liegt, bläst der EcotecSelbstzünder gerade mal 93 g/km Co2 in die Luft und dürfte im Alltagsbetrieb mit fünf Litern auskommen.
Wie andere Opelmodelle wird der Crossland X in drei Ausstattungslinien angeboten. Die Grundversion mit mageren 81 PS für 16 850 Euro will gewiss kaum einer haben. Doch mit nützlichen Zugaben, die paketweise zugebucht werden können, bietet Opel am Ende viel Auto fürs Geld. So kann man dem ersten Kind aus der deutsch-französischen Liaison eine gute Zukunft voraussagen.