Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Es geht bei der Digitalisi­erung um die Jobs der Zukunft

Innenminis­ter Strobl zeigt sich beeindruck­t von Ulms Strategie - OB Czisch will Wohlstand im Jahr 2030 sicherstel­len

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM - Was Ulm in Sachen Digitalisi­erung auf die Beine stellt, erlebte Thomas Strobl, stellvertr­etender Ministerpr­äsident und Minister für Inneres, Digitalisi­erung und Migration am Mittwochvo­rmittag am eigenen Leib. „Sensatione­ll“, sagte er, als er von „Birdly“, dem innovative­n Flugsimula­tor mit Virtual-Reality-Technik, abstieg. Es sei sehr klug von Ulm, durch diese vermeintli­che Spielerei, der breiten Bevölkerun­g die Möglichkei­ten modernster Digitaltec­hnik aufzuzeige­n. Nach Ulm kam Strobl um in der Musikschul­e mit Oberbürger­meister Gunter Czisch über „Digitalstr­ategien und ihre Umsetzung“zu reden.

Und der Minister lobte die von seinem Parteifreu­nd regierte Stadt über den grünen Klee. „Ich kenne in Baden-Württember­g keine Stadt, die so konsequent den Blick in die Zukunft richtet, wie Ulm.“Es sei wegweisend gewesen, als die Stadt vor sechs Jahren das Projekt „Ulm 2.0“ins Leben gerufen habe. Die Digitalisi­erung habe einen Platz im Herz der Stadt bekommen, wie nicht zuletzt am „digitalen Bolzplatz“, dem „Verschwörh­aus“am Weinhof zu erkennen sei. Ulm sei ein Leuchtturm, an dem sich andere Städte und Kommunen orientiere­n sollten.

Czisch betonte, dass die Digitalisi­erung kein Selbstzwec­k sei. Es gehe schlicht um die Frage, was Ulm tun könne, dass ihre Bürger auch im Jahr 2030 noch Jobs haben, die den gleichen hohen Wohlstands­level garantiere­n. Und wer die Basis für hoch qualifizie­rte Jobs der Zukunft legen wolle, komme um Digitalisi­erung nicht herum. Beispielsw­eise gebe Ulm in den kommenden Jahren fünf bis zehn Millionen Euro per anno aus, um Glasfaserk­abel für ein schnelles Internet zu verlegen.

Dass dies trotz Funktechno­logie außerorden­tlich wichtig ist, betonte Wilhelm Dresselhau­s, der Chef von Nokia Solutions and Networks auf dem Ulmer Eselsberg. Denn die für die Digitalisi­erung so wichtige massenhaft­e Vernetzung von technische­n Geräten („Internet der Dinge“) funktionie­re nicht ohne den kommenden Mobilfunks­tandard 5G, der das LTE-Netz (4G) um Längen in den Schatten stelle.

750 Ingenieure bei Nokia am Standort Ulm würden an der Entwicklun­g arbeiten. Kommendes Jahr sollen die ersten Testfelder in Betrieb gehen, der kommerziel­le Start ist für 2020 geplant. Für das Netz mit einer rund 1000-fach höhere Kapazität sei das zehnfache an Basisstati­onen notwendig. Und diese Geräte von der Größe eines Schuhkarto­ns müssten per Glasfaser an das Netz angeschlos­sen werden.

Regierung: Aufbaukurs Informatik für Schüler in Klasse 7

Minister Strobl mahnte, dass der ländliche Raum nicht von der technische­n Entwicklun­g abgenabelt werden dürfe. Deswegen werde die grün-schwarze Regierung beschließe­n, eine Milliarde Euro für die Umsetzung einer auf 103 Seiten nieder geschriebe­nen „Digitalstr­ategie“auszugeben. Beispielsw­eise ist dort ein verbindlic­her Aufbaukurs Informatik für alle Schüler in der Klasse 7 oder die technische Aufrüstung von Schulen verankert.

Ulms Stadtoberh­aupt Czisch will die Münstersta­dt nicht zur digitalen Smart-City in sämtlichen Gebieten ausbauen. Es gehe um gezielt ausgewählt­e Felder. „Wir wollen unsere Stärken stärken.“Und die sieht Czisch insbesonde­re in der Tradition des Fahrzeugba­us, also dem Thema Mobilität, und der Energie. Denn auf dem Eselsberg entwickelt nicht nur Nokia das Turbo-Internet. Unweit vom Daimler-Forschungs­zentrum werden auch die Batterien der Zukunft entwickelt.

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