Mehr Büro als Trainingshalle
Basketball: Steeples-Cheftrainer Domenik Reinboth über die zeitaufwendige Kaderplanung
EHINGEN - Fast fünf Monate liegen zwischen der vergangenen und der kommenden Saison der Zweiten Basketball-Bundesliga ProA. Viel Zeit zur Erholung bleibt den Verantwortlichen des Teams Ehingen Urspring aber nicht. Cheftrainer Domenik Reinboth ist in den Sommermonaten jedoch seltener in der Halle zu finden, sondern verbringt viele Stunden in seinem Büro in Urspring. Wichtige Stunden sind das, die auch über den künftigen sportlichen Erfolg entscheiden – Reinboth bastelt am Kader für die Saison 2017/18.
Im Sommer 2017 sitzt Reinboth viel am Schreibtisch. Es zeichnet sich ab, dass die bisherige Mannschaft auseinanderfällt. „Stand jetzt wird nur Moritz Noeres bleiben“, sagt der Steeples-Trainer. Der 17-jährige Noeres spielt noch für das Nachwuchsteam in Urspring und sammelte in den vergangenen beiden Jahren erste Erfahrungen bei den Steeples. Er wird herangeführt an den Profibasketball – wie zuvor Joel Aminu, Zaire Thompson oder Finn Eckhardt, die erst in Urpring und dann im Team der Steeples reiften, sich nun aber verabschiedeten. Was im Sinne von Reinboth ist, der Ehingen Urspring als Ausbildungsstätte sieht. Deshalb unterstützt der Steeples-Cheftrainer, wenn Talente wechseln, um sich in anderen Vereinen oder – wie im Fall Eckhardt – im College-Basketball in den USA weiterzuentwickeln. Eines Tages sei es an der Zeit, den nächsten Schritt zu gehen, so Reinboth.
Bisher sechs neue Spieler
Der Verlust der Spieler reißt aber Löcher in den Kader der Steeples, zumal sich auch die erfahreneren Kräfte der vergangenen Saison eine neue Herausforderung suchen, kürzer treten oder aufhören. Der Abschied von Radivoj Tomasevic und Alasdair Fraser stand schon am Ende der vergangenen Saison fest, Christopher Wolf zieht es zurück in die fränkische Heimat und Kameron Taylor wurde jetzt vom ProB-Ligisten Dragons Rhöndorf als Zugang präsentiert (siehe eigenen Bericht). Der US-Amerikaner wird nicht der letzte Abgang sein – was auch daran zu sehen ist, dass das Team Ehingen Urspring schon jetzt ein halbes Dutzend neue Spieler vermeldet hat, darunter die US-Amerikaner DaVonte Lacy und Seger Bonifant. Die bisher sechs Neuen werden nicht die letzten sein.
Blickt man sich um bei den ProAKlubs, sind die Steeples keine Ausnahme: Bei den meisten Vereinen übersteigt die Zahl der Zugänge die Zahl der Spieler, die bleiben. Das stellt wiederum die Trainer vor die Herausforderung, sich eine neue, schlagkräftige Mannschaft zu formen. Für Reinboth keine ungewohnte, sondern eher eine „gewünschte Situation“und etwas, „das ich sehr positiv sehe“. Für ihn sei es „spannend, die Puzzleteile zu suchen und zu finden und zu sehen, wie es am Ende wird“.
Ein Puzzleteil zu bekommen, ist aufwendig. „Ich verbringe viel, sehr Zeit vor dem Bildschirm“, sagt Reinboth. Zwar „kriegen wir viele Angebote, denn es gibt unendlich viele Agenten, die einen anschreiben, doch das alles zu filtern ist schwierig“. Der Steeples-Trainer macht sich lieber selbst auf die Suche. Er recherchiert im Internet auf speziellen Seiten mit Informationen zu Basketballern. Auf einem Portal sei „jeder Spieler weltweit mit statistischen Werten drin, auch junge Spieler wie Moritz Noeres“. Nicht immer seien die Angaben „zu 100 Prozent richtig“, doch sie dienen der Orientierung. Unverzichtbar sind auch die „Highlight-Tapes“, Videos, die einen Spieler in Aktion zeigen. „Ich will sehen, wie sich der Spieler bewegt, wie er wirft“, sagt Reinboth, der einen guten Überblick auch über das Geschehen in den USA hat. „70 bis 80 Prozent der Spieler, die vom College kommen, kenne ich.“Reinboth pflegt eine eigene Datei mit Spielern, die stetig wächst. „Pro Saison kommen 500 bis 1000 Namen dazu.“
Auf diese Art und Weise stieß Reinboth auch auf die US-Amerikaner Daniel Berger und Kameron Taylor, die sich als Volltreffer erwiesen und im Trikot der Steeples überzeugten. Etwas einfacher ist die Suche nach deutschen Spielern, die Reinboth zum Teil live in Aktion sah oder über die er sich mit anderen ausgetauscht hat. „Die deutschen Spieler kennt man schon und lädt sie zwei Tage zum Training ein, um einen Eindruck vom Spielertyp zu kriegen und ein Gefühl dafür, ob er reinpassen könnte bei uns.“
„Es ist spannend, die Puzzleteile zu suchen und zu finden.“Domenik Reinboth über die Zusammenstellung der Mannschaft
Nachbessern nicht ausgeschlossen
Unabhängig davon, wie langwierig und aufwendig das Scouting vor der Verpflichtung eines Spielers ist: Eine Garantie, dass der Neue wirklich zum Verein passt und die erhoffte Leistung bringt, gibt es nicht. Das zeigt sich dann, wenn kurz vor Saisonbeginn oder in der laufenden Runde Spieler ausgetauscht werden – wie es bei den Steeples im vergangenen Jahr der Fall war, als Julian Scott und Fred Miller die Erwartungen nicht erfüllt hatten und durch Alasdair Fraser und Rückkehrer Devon Moore ersetzt wurden. Ähnliches könnte sich auch in diesem Jahr wiederholen.