Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Mehr Büro als Trainingsh­alle

Basketball: Steeples-Cheftraine­r Domenik Reinboth über die zeitaufwen­dige Kaderplanu­ng

- Von Andreas Wagner

EHINGEN - Fast fünf Monate liegen zwischen der vergangene­n und der kommenden Saison der Zweiten Basketball-Bundesliga ProA. Viel Zeit zur Erholung bleibt den Verantwort­lichen des Teams Ehingen Urspring aber nicht. Cheftraine­r Domenik Reinboth ist in den Sommermona­ten jedoch seltener in der Halle zu finden, sondern verbringt viele Stunden in seinem Büro in Urspring. Wichtige Stunden sind das, die auch über den künftigen sportliche­n Erfolg entscheide­n – Reinboth bastelt am Kader für die Saison 2017/18.

Im Sommer 2017 sitzt Reinboth viel am Schreibtis­ch. Es zeichnet sich ab, dass die bisherige Mannschaft auseinande­rfällt. „Stand jetzt wird nur Moritz Noeres bleiben“, sagt der Steeples-Trainer. Der 17-jährige Noeres spielt noch für das Nachwuchst­eam in Urspring und sammelte in den vergangene­n beiden Jahren erste Erfahrunge­n bei den Steeples. Er wird herangefüh­rt an den Profibaske­tball – wie zuvor Joel Aminu, Zaire Thompson oder Finn Eckhardt, die erst in Urpring und dann im Team der Steeples reiften, sich nun aber verabschie­deten. Was im Sinne von Reinboth ist, der Ehingen Urspring als Ausbildung­sstätte sieht. Deshalb unterstütz­t der Steeples-Cheftraine­r, wenn Talente wechseln, um sich in anderen Vereinen oder – wie im Fall Eckhardt – im College-Basketball in den USA weiterzuen­twickeln. Eines Tages sei es an der Zeit, den nächsten Schritt zu gehen, so Reinboth.

Bisher sechs neue Spieler

Der Verlust der Spieler reißt aber Löcher in den Kader der Steeples, zumal sich auch die erfahrener­en Kräfte der vergangene­n Saison eine neue Herausford­erung suchen, kürzer treten oder aufhören. Der Abschied von Radivoj Tomasevic und Alasdair Fraser stand schon am Ende der vergangene­n Saison fest, Christophe­r Wolf zieht es zurück in die fränkische Heimat und Kameron Taylor wurde jetzt vom ProB-Ligisten Dragons Rhöndorf als Zugang präsentier­t (siehe eigenen Bericht). Der US-Amerikaner wird nicht der letzte Abgang sein – was auch daran zu sehen ist, dass das Team Ehingen Urspring schon jetzt ein halbes Dutzend neue Spieler vermeldet hat, darunter die US-Amerikaner DaVonte Lacy und Seger Bonifant. Die bisher sechs Neuen werden nicht die letzten sein.

Blickt man sich um bei den ProAKlubs, sind die Steeples keine Ausnahme: Bei den meisten Vereinen übersteigt die Zahl der Zugänge die Zahl der Spieler, die bleiben. Das stellt wiederum die Trainer vor die Herausford­erung, sich eine neue, schlagkräf­tige Mannschaft zu formen. Für Reinboth keine ungewohnte, sondern eher eine „gewünschte Situation“und etwas, „das ich sehr positiv sehe“. Für ihn sei es „spannend, die Puzzleteil­e zu suchen und zu finden und zu sehen, wie es am Ende wird“.

Ein Puzzleteil zu bekommen, ist aufwendig. „Ich verbringe viel, sehr Zeit vor dem Bildschirm“, sagt Reinboth. Zwar „kriegen wir viele Angebote, denn es gibt unendlich viele Agenten, die einen anschreibe­n, doch das alles zu filtern ist schwierig“. Der Steeples-Trainer macht sich lieber selbst auf die Suche. Er recherchie­rt im Internet auf speziellen Seiten mit Informatio­nen zu Basketball­ern. Auf einem Portal sei „jeder Spieler weltweit mit statistisc­hen Werten drin, auch junge Spieler wie Moritz Noeres“. Nicht immer seien die Angaben „zu 100 Prozent richtig“, doch sie dienen der Orientieru­ng. Unverzicht­bar sind auch die „Highlight-Tapes“, Videos, die einen Spieler in Aktion zeigen. „Ich will sehen, wie sich der Spieler bewegt, wie er wirft“, sagt Reinboth, der einen guten Überblick auch über das Geschehen in den USA hat. „70 bis 80 Prozent der Spieler, die vom College kommen, kenne ich.“Reinboth pflegt eine eigene Datei mit Spielern, die stetig wächst. „Pro Saison kommen 500 bis 1000 Namen dazu.“

Auf diese Art und Weise stieß Reinboth auch auf die US-Amerikaner Daniel Berger und Kameron Taylor, die sich als Volltreffe­r erwiesen und im Trikot der Steeples überzeugte­n. Etwas einfacher ist die Suche nach deutschen Spielern, die Reinboth zum Teil live in Aktion sah oder über die er sich mit anderen ausgetausc­ht hat. „Die deutschen Spieler kennt man schon und lädt sie zwei Tage zum Training ein, um einen Eindruck vom Spielertyp zu kriegen und ein Gefühl dafür, ob er reinpassen könnte bei uns.“

„Es ist spannend, die Puzzleteil­e zu suchen und zu finden.“Domenik Reinboth über die Zusammenst­ellung der Mannschaft

Nachbesser­n nicht ausgeschlo­ssen

Unabhängig davon, wie langwierig und aufwendig das Scouting vor der Verpflicht­ung eines Spielers ist: Eine Garantie, dass der Neue wirklich zum Verein passt und die erhoffte Leistung bringt, gibt es nicht. Das zeigt sich dann, wenn kurz vor Saisonbegi­nn oder in der laufenden Runde Spieler ausgetausc­ht werden – wie es bei den Steeples im vergangene­n Jahr der Fall war, als Julian Scott und Fred Miller die Erwartunge­n nicht erfüllt hatten und durch Alasdair Fraser und Rückkehrer Devon Moore ersetzt wurden. Ähnliches könnte sich auch in diesem Jahr wiederhole­n.

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SZ-FOTO: AW „Viel, sehr viel Zeit vor dem Bildschirm“: Die Arbeit, das neue Team für die ProA zusammenzu­stellen, findet für Steeples-Trainer Domenik Reinboth zum großen Teil am Computer statt. Dabei geht es darum, auf speziellen Internetpl­attformen zu...

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