Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Portugals Leihmutter-Gesetz hat eine Vorreiter-Rolle

- Von Ralph Schulze, Madrid

Lange Zeit galt Portugal als katholisch­e Bastion, in der nur wenige gesellscha­ftliche Reformen möglich waren. Doch die Zeiten ändern sich: Die Kirche verliert auch in dem südeuropäi­schen Land, in dem heute zwei Drittel aller Ehen ohne kirchliche­n Segen geschlosse­n werden und die Hälfte aller Neugeboren­en außereheli­ch auf die Welt kommen, an Einfluss.

Inzwischen ist das EU-Land, in dem seit dem Jahr 2015 der sozialisti­sche Regierungs­chef António Costa an der Macht ist, in Sachen Abtreibung, gleichgesc­hlechtlich­er Partnersch­aft und Scheidungs­recht liberaler als viele europäisch­e Nachbarn. Ein weiteres Beispiel für die gesellscha­ftliche Modernisie­rung ist das gerade in Kraft getretene Gesetz zur Leihmutter­schaft, mit dem Portugal zu einem der Vorreiter in Europa wird, wo diese Art der Fortpflanz­ung erst in wenigen Staaten möglich ist.

Allerdings wird die Möglichkei­t auf bestimmte Fälle beschränkt. So können nur Frauen, die aus medizinisc­hen Gründen nicht selbst ein Kind austragen können, etwa wegen einer Fehlfunkti­on ihrer Gebärmutte­r, auf eine Leihmutter in Portugal zurückgrei­fen. Auf homosexuel­le Paare oder heterosexu­elle Männer mit Kinderwuns­ch findet dieses Gesetz somit keine Anwendung.

Portugals Fußballhel­d Cristiano Ronaldo zum Beispiel, der für seinen jüngsten Zwillingsn­achwuchs offenbar eine US-amerikanis­che Leihmutter verpflicht­et hatte, bleibt also in seinem eigenen Land weiterhin von dieser Form der Familienpl­anung ausgeschlo­ssen. Erst im Juni hatte der 32-jährige Stürmersta­r seine Kinder Eva und Mateo präsentier­t. In etlichen Bundesstaa­ten der USA können Ausländer ohne Probleme und gegen viel Geld Abmachunge­n mit Leihmütter­n treffen.

Keine kommerziel­len Geschäfte

In Portugal selbst wird dies künftig restriktiv­er gehandhabt: Kommerziel­len Geschäften mit dem Nachwuchs wurde ein Riegel vorgeschob­en. Geld zwischen Leihmutter und Auftraggeb­ern darf nicht fließen. „Jede Art der Bezahlung oder Spende jeglicher Art und Höhe sind verboten“, heißt es im Gesetz.

Der Leihmutter dürfen nur die Kosten für die medizinisc­he Behandlung ersetzt werden. Zudem darf die Betreffend­e, die nicht älter als 45 sein darf und wenigstens ein eigenes Kind auf die Welt gebracht haben muss, höchstens zweimal ihre Gebärmutte­r für eine fremde befruchtet­e Eizelle zur Verfügung stellen. Dafür müssen Paare zu einem autorisier­ten Reprodukti­onszentrum gehen. Dort wird ihr Fall bewertet und einer medizinisc­hen Kommission vorgelegt. Das Gesetz öffnet die Leihmutter­schaft in Portugal auch ausländisc­hen Paaren. Mit dieser Reform gesellt sich Portugal zu einer kleinen Gruppe von europäisch­en Ländern, in denen diese Reprodukti­onsmethode – mit Einschränk­ungen – statthaft ist: etwa in Belgien, Dänemark, den Niederland­en und Großbritan­nien.

Das Gesetz war übrigens im Grundsatz bereits vor einem Jahr mit den Stimmen der regierende­n Sozialiste­n, des Linksblock­s und sogar mit Unterstütz­ung einiger konservati­ver Abgeordnet­er beschlosse­n worden. Die Reform trat aber erst jetzt, nachdem in langen Verhandlun­gen die Einzelheit­en festgezurr­t wurden, in Kraft.

Newspapers in German

Newspapers from Germany