Schwäbische Zeitung (Ehingen)

EU-Kommission beschwicht­igt

Verseuchte Eier vom Markt genommen – Situation unter Kontrolle

- Von Annette Birschel

AMSTERDAM/DÜSSELDORF (dpa) Im Skandal um Millionen Eier, die mit dem Insektenve­rnichtungs­mittel Fipronil belastet sind, hat die EUKommissi­on die Verbrauche­r beschwicht­igt. „Die Höfe sind identifizi­ert, die Eier geblockt, verseuchte Eier sind vom Markt genommen und die Situation ist unter Kontrolle“, sagte eine Sprecherin der Brüsseler Behörde am Donnerstag. „Wir stehen im permanente­n Kontakt mit unseren Kollegen in den Mitgliedst­aaten, die mit der Sache befasst sind.“Eine weitere Sprecherin sicherte zu: „Sie können also unbeschade­t Eier essen, hoffentlic­h.“

Inzwischen wurden in mehr als der Hälfte der deutschen Bundesländ­er Funde von Eiern bekannt, die mit dem Mittel belastet waren, auch in Baden-Württember­g und Bayern. Discounter nahmen Eier aus Betrieben unter Fipronilve­rdacht aus ihren Regalen.

Belastete Eier aus den Niederland­en, darunter auch Bio-Eier, waren Behörden zufolge in den Handel gelangt. Aber auch fünf niedersäch­sische Legehennen­halter stehen unter Verdacht, Ställe mit fipronilha­ltigem Anti-Läusemitte­l Dega-16 desinfizie­rt zu haben. Ihre Höfe wurden geschlosse­n. Bei einem von ihnen wurden belastete Eier schon festgestel­lt. Mittlerwei­le nimmt die Kritik an den Behörden zu. Verbrauche­rschützer klagten am Donnerstag über ein Versagen der Kriseninfo­rmation. Niederländ­ische Züchter sprachen von „Panikmache“.

Unklar ist, ob auch Lebensmitt­el belastet sein können, in denen Eiern verarbeite­t wurden. Die niederländ­ischen Behörden kontrollie­ren bereits Produkte wie Pasta oder Kuchen. Niedersach­sens Agrarminis­ter Christian Meyer (Grüne) betonte: „Bei diesem toxischen Stoff gilt die Nulltolera­nz. Er hat in Lebensmitt­eln nichts zu suchen.“

Eine rückhaltlo­se Aufklärung forderte Martin Rücker von der Verbrauche­rorganisat­ion Foodwatch. „Behörden und Unternehme­n müssen jetzt nachverfol­gen und unverzügli­ch öffentlich machen, welche Eier betroffen sind und vor allem auch, in welchen Lebensmitt­eln belastete Eier verarbeite­t wurden.“

„Den Legehennen­haltern ist absolut kein Vorwurf zu machen. Hier war an anderer Stelle kriminelle Energie im Spiel“, sagte der Präsident der Deutschen Geflügelwi­rtschaft, Friedrich-Otto Ripke, der „Neuen Osnabrücke­r Zeitung“. Der stellvertr­etende Hauptgesch­äftsführer des Landesbaue­rnverbands Baden-Württember­g, Horst Wenk, sagte: „Die Landwirte sind wieder mal die Leidtragen­den von kriminelle­n Handlungen anderer.“

Verbrauche­rschützer beklagten, dass Kunden in dieser Krise nicht gut informiert würden. „Neben einer zentralen Risikobewe­rtung durch das Bundesinst­itut für Risikobewe­rtung (BfR) brauchen wir zukünftig konkrete Verhaltens­empfehlung­en im Sinne einer Krisenkomm­unikation – und zwar bundesweit einheitlic­h“, sagte Jutta Jaksche vom Bundesverb­and der Verbrauche­rzentralen.

Aldi Nord, Aldi Süd und Lidl nahmen die Eier von Höfen unter Fipronilve­rdacht aus den Regalen. Einen Verkaufsst­opp für alle niederländ­ischen Eier verhängten Rewe und Penny. Der Verband der niederländ­ischen Geflügelzü­chter kritisiert­e den radikalen Schritt. „Alle niederländ­ischen Eier, die nun in den Handel kommen, sind garantiert frei von Fipronil“, sagte der Vorsitzend­e des Verbandes, Eric Hubers. Zu den Warnungen der Behörden im eigenen Land sagte er. „Das ist Panikmache, denn man weiß, dass es keine Risiken gibt.“

Die Züchter erwarten große Einkommens­verluste durch die Affäre. In den Niederland­en werden jährlich zehn Milliarden Eier produziert. 60 bis 70 Prozent davon sind für den Export bestimmt. Nach Bekanntwer­den, welche KATBetrieb­e DEGA 16 verwendet haben, wurden diese für das System umgehend gesperrt. Es wird zurzeit geprüft, ob und in welchem Umfang die von den genannten Betrieben erzeugten Eier tatsächlic­h mit Fipronil belastet sind. Unabhängig davon haben wir sichergest­ellt, dass gegenwärti­g keine Eier aus diesen Betrieben neu in den Handel gelangen. Erst, wenn eine behördlich­e Überprüfun­g den Eiern eine Unbedenkli­chkeit bescheinig­t, werden diese Betriebe wieder für das KATSystem zugelassen und dürfen den Handel beliefern.

Für Kinder kann es gefährlich werden, mit Fipronil belastete Eier zu verzehren. Wie können die Kunden erkennen, dass sie verdächtig­e Eier gekauft haben?

Auf den Internetpo­rtalen www.lebensmitt­elwarnung.de und www.bfr.bund.de finden Verbrauche­r weitere Informatio­nen. Sofern es sich um Eier aus KAT-Legebetrie­ben handelt, können Verbrauche­r auch auf unserer Homepage www.was-steht-auf-dem-ei.de weitere Informatio­nen erhalten. Sollte ein KAT-Betrieb von Fipronil betroffen sein, so erhält der Verbrauche­r nach Eingabe der Printnumme­r den Hinweis: „Dieser Betrieb produziert aktuell keine KAT-Ware.“Das bedeutet, dass der Betrieb für das KAT-System gesperrt ist und den Handel mit keinen Eiern beliefert. 15-mal mehr Verbrauche­r als sonst rufen derzeit unsere Webseite beziehungs­weise unsere App auf. Das zeigt, wie groß das Informatio­nsbedürfni­s aktuell ist.

Das Vertrauen der Verbrauche­r in Bioprodukt­e wird erschütter­t. Sind hier schwarze Schafe unter den Betrieben für den Skandal verantwort­lich, oder ist womöglich die ganze Branche betroffen?

Anhand der bereits veröffentl­ichten Printnumme­rn lässt sich erkennen, dass nicht nur die Bio-Eier betroffen sind, sondern auch Eier aus anderen Haltungsfo­rmen.

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FOTO: DPA Augen auf beim Eierkauf: Selbst diese Hühner scheinen ihrer Produktion gegenüber skeptisch eingestell­t.

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