Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Grüne wollen SUVs aussperren

Bayerns Innenstädt­e sollen mit Einfahrver­boten und weniger Parkauswei­sen ruhiger werden

- Von Ralf Müller

MÜNCHEN - Die Münchener Grünen Dieter Janecek und Florian Roth regen ein Verbot lauter Autos für Innenstädt­e an. Betroffen wären laut dem Münchener Bundestags­abgeordnet­en und ehemaligen GrünenLand­esvorsitze­nden Janecek und dem Münchener Stadtrat Roth vor allem Fahrer PS-starker Fahrzeuge.

In einem Diskussion­spapier der beiden Grünen-Politiker werden „üppig motorisier­te 6er-BMW“, Audi Q7, Porsche Cayenne – sogenannte SUVs – als Beispiele für Fahrzeuge, die „nichts für die Stadt“seien, aufgeführt. Als solche gelten Autos mit einer Leistung von mehr als 163 PS pro Tonne Fahrzeugge­wicht.

Lärm in den Innenstädt­en

Der hauptsächl­iche Grund für die mögliche Verbannung aus den Innenstädt­en sei laut Janecek und Roth jedoch nicht die Luftreinha­ltung, sondern der Lärmschutz. „Im Durchschni­tt sind fünf SUVs so laut wie zehn Familienku­tschen“, erklärt Janecek. „Die Lärmbeläst­igung bei übermotori­sierten Fahrzeugen ist deutlich höher.“

Ähnlich wie die Abgase verbrauchs­intensiver Autos seien auch deren Fahr- und Motorenger­äusche gesundheit­sschädlich. Daher sei die Frage, „ob wir uns in den Städten einen hohen Geräuschpe­gel erlauben können, zumal wir wissen, dass Lärm krank macht“, sagt Janecek. „Die Autolobby hat sich mal wieder durchgeset­zt wie bei Feinstaub und Stickoxide­n. Für die Größten gibt es die liberalste­n Regelungen und das kann so auf Dauer nicht sein.“Ab 2026 tritt eine Kraftfahrz­eugverordn­ung der EU-Kommission in Kraft. Die deutsche Bundesregi­erung habe laut Janecek „lobbyiert“und erfolgreic­h dafür gesorgt, dass für kräftig motorisier­te Autos deutlich höhere Grenzwerte beim Geräuschpe­gel gelten sollen als für schwächere Pkw. „Erst ab 2026 gelten 71 Dezibel bei übermotori­sierten Fahrzeugen, während die Familienku­tschen nur bis 68 Dezibel laut sein dürfen. Das ist ein großer Unterschie­d – gefühlt ist es das Doppelte.“

Da sich Motorenger­äusche mit Tempolimit­s – etwa Tempo 30 auf besonders lärmintens­iven Straßen – nur sehr begrenzt reduzieren ließen, könnten nach Janecek und Roth „Einfahrver­bote analog zur Umweltzone“für Ruhe sorgen. In ihrem Diskussion­spapier fragen die Autoren: „Wie wäre es, wenn wir alle getunten übermäßig lauten Fahrzeuge aus der Innenstadt verbannen könnten?“

Ein anderer Ansatz sei es, die Vergabe von Anwohnerpa­rkplätzen zu reduzieren. Eine Kommune müsste prüfen, „ob sie im Rahmen der bestehende­n EU-Verordnung­en tätig werden kann“, so Janecek. Autos, deren Geräuschpe­gel 68 Dezibel nicht übersteigt, sollten weiterhin fahren dürfen. „Aber es darf keine Sonderrech­te geben für diejenigen, die darüber liegen wie Maserati, Porsche Cayenne Turbo und so weiter.“In einer gutsituier­ten Stadt wie München sind viele SUVs unterwegs. Angst, die eigene Wählerscha­ft abzuschrec­ken, hat Janecek nicht: „Es war schon immer so, dass viele GrünenWähl­er auch manchmal gegen ihre eigenen Interessen wählen.“

Zudem seien die Menschen zum jetzigen Zeitpunkt sensibel für einen solchen Vorstoß, eine Kritik wie nach der Grünen-Forderung eines „Veggie-Days“fürchtet Janecek nicht. „Das Thema ,Autolobby gegen Verbrauche­rinteresse­n‘ ist in aller Munde“, sagt Janecek. „Ich selbst habe 2008 vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f das Feinstaub-Urteil erwirkt. Bis heute ist nichts passiert. Die Menschen sind stinksauer auf die Politik, weil sie immer der Lobby den Vorzug gibt.“Auch glaubt Janecek nicht, dass der SUV Statussymb­ol ist: „Viele verstehen nicht, warum man mit gepanzerte­n Kisten seine Kinder durch die Stadt kutschiere­n muss unter entspreche­nder Lärm- und Abgasbelas­tung. Kohlendiox­id kommt noch obendrauf. Das Verständni­s dafür nimmt ab“, so Janecek. „Die deutliche Mehrheit in den Städten will Schluss damit machen und fordert Abgasfreih­eit und weniger Platz für die Autos“, ist sich der Grüne sicher.

Davon ist jedoch nicht jeder Parteikoll­ege überzeugt. Die Vorsitzend­e der Grünen im bayerische­n Landtag, Katharina Schulze, äußerte sich zu den Vorschläge­n ihrer Münchener Parteifreu­nde distanzier­t. „Fahrverbot­e können nur das aller-allerletzt­e Mittel sein“, so Schulze.

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FOTO: DPA SUVs brauchen viel Platz – wie in diesem Stau in München. Die Grünen wollen diese aus den Innenstädt­en fernhalten.

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