Auf der Spur des „Kabinenspechts“
Begleitausstellung im Erwin-Hymer-Museum zeigt Badekultur im Wandel der Zeit
BAD WALDSEE (sz) - Wie Menschen vor rund hundert Jahren Schwimmen gelernt haben und wie sich die Bademode im Laufe der Zeit verändert hat, können Besucher derzeit im Erwin-Hymer-Museum nachvollziehen. Dort findet noch bis zum 10. September eine Sonderausstellung zum Thema Reisen und Badekultur statt.
Gute Kontakte der Museumsleiterin Susanne Hinzen zum Museum „Römerthermen Zülpich – Museum der Badekultur“haben dies möglich gemacht. „Was liegt näher, als Badekultur und Urlaub zusammenzubringen“, sagt sie. In sehr gelungener Weise wird der Besucher bereits im Eingangsbereich auf das Thema aufmerksam. Dort steht das sogenannte „Schwalbennest“der Firma Knaus aus dem Jahre 1961. Der Kult-Caravan wurde zur Vitrine umfunktioniert, Bademode ziert sein Inneres.
Weiße Tafeln informieren an den einzelnen Stationen über die Hintergründe. Passend zu den jeweiligen Jahrzehnten findet sich die Bademode bei den entsprechenden CaravanFahrzeugen. Beginnend in den 20erJahren entdecken die Besucher zunächst einen sogenannten Schwimmbarren. Damit erlernten die Menschen früher mit Trockenübungen die ersten Schwimmbewegungen.
Badekarren schützt vor Blicken
Im Badekarren findet man die Mode aus den 20er-Jahren. Hier konnten sich die Damen und Herren geschützt vor Blicken umziehen. An der Hinterseite des Karrens gelangten sie über eine Treppe ins Wasser. Für Nichtschwimmer gab es ein Haltetau, das Sicherheit bot. Die Mode befindet sich gut geschützt hinter Glas, da das Material in die Jahre gekommen ist und bei Berührungen zerfallen würde. Damals bestand es meist noch aus schweren Wollstoffen. Ein weiterer Höhepunkt folgt mit dem sogenannten „Kabinenspecht“. Das Uhlandbad in Tübingen hatte in den 50er-Jahren einen minderjährigen Lehrling auf frischer Tat ertappt, als er Löcher in die Umkleidewände bohrte, um sich den Blick der Nacktheit zu erhaschen. Immer wieder bietet sich dem Besucher die Möglichkeit, auch kreativ zu werden. Sei es an einem Bastelpunkt, wo die Gäste einen Indiacaball (Spielgerät) fertigen können, oder an einer Fotowand, wo sie verschiedene Bademoden an die Tafel heften und sich zum Fotografieren dahinterstellen können.
Eine „Vitrine“zeigt die Bademode zur Flower-Power-Zeit. Dieser Caravan wurde 2015 von der Bühne Ulm so gestaltet, dass die Musikband während des Sommernachtstraums von Shakespeare darin untergebracht war. Nach dem Theatersommer wurde dieser Caravan dem Hymer-Museum für die Ausstellung gegeben.
Auch die Eroberung der Ostseebäder durch die damaligen DDRBürger findet einen Platz in der Ausstellung. Angefangen vom Strandkorb bis hin zu klassischen Bademoden und dem Weferlinger, einem klassischen Wohnwagen, der zum Trabant passt. Den Abschluss der Ausstellung bietet ein Einblick in die Bademode von heute, wie sie nicht nur am Strand getragen wird. Interessant ist hierbei zu sehen, dass die Mode aus den 70er- und 80er-Jahren gerade wieder ein Comeback hat.
Es ist eine überaus gelungene Ausstellung, die Lust auf Sonne, Sommer, Urlaub, Meer und Freiheit macht und sicher die eine oder andere Kindheitserinnerung wach werden lässt. Das Erwin-Hymer-Museum öffnet täglich von von 10 bis 18 Uhr – am Donnerstag bis 21 Uhr.