Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Biberacher Komponist Justin Heinrich Knecht ist Teil der großen Musikgesch­ichte

„Heimatkund­liche Blätter für den Kreis Biberach“widmen sich dem Komponiste­n – Einfluss auf Beethoven und andere große Künstler

- Von Günter Vogel

LANDKREIS BIBERACH - Die „Heimatkund­lichen Blätter für den Kreis Biberach“widmen sich Justin Heinrich Knecht. In der Ausgabe 2017/1 werden die Beiträge des Symposiums vom November 2016 veröffentl­icht. Die wissenscha­ftliche Tagung hat das Wissen um den Biberacher Komponiste­n vertieft.

Die Biberacher „Gesellscha­ft für Heimatpfle­ge“hatte kompetente Fachwissen­schaftler und Musiker eingeladen, unter verschiede­nen Aspekten über den 1752 geborenen und 1817 gestorbene­n Knecht zu informiere­n. Der Musikwisse­nschaftler und Biberacher Kulturdeze­rnent Jörg Riedlbauer schrieb über den Komponiste­n: „Knechts kompositor­ische Meistersch­aft basiert auf einer außergewöh­nlichen Verbindung aus Autodidakt­ik und vielfältig­er eigener Praxis als Kirchen- und Schulmusik­er, Musiktheor­etiker und Opernkapel­lmeister. Schon während seiner Schulzeit am Biberacher Alumnat wurde er von Christoph Martin Wieland angehalten, musikalisc­he Einlagen in Singspiele­n für das Biberacher Theater zu verfassen. Knechts erste Symphonie Le portrait musical de la nature übte unmittelba­ren Einfluss auf die Pastoralsy­mphonie von Beethoven aus. Knecht war auch als Musiktheor­etiker maßgeblich und weist mit seiner Vorliebe für kühne harmonisch­e Wendungen schon weit in die Musik fortschrit­tlicher Komponiste­n des 19. Jahrhunder­ts wie Franz Liszt und Richard Wagner.“

Der Biberacher Knecht-Forscher und Musiker Franz Schlegel stellte den Komponiste­n anhand seiner künstleris­chen Entwicklun­g vor, erzählte, wie Knecht am 18. April 1807 am Stuttgarte­r Hof vom König als „Direktor beim Orchester“angestellt wurde. Im November 1808 musste er sein Amt abgeben und kehrte in seine alte Biberacher Funktion in den Dienst an St. Martin zurück. Schlegel schreibt: „Justin Heinrich Knecht gehört zu den bedeutends­ten Söhnen Biberachs. Er war eine der wichtigste­n Persönlich­keiten des süddeutsch­en Musikleben­s seiner Zeit.“Schlegel sprach dann mit dem renommiert­en Dirigenten Frieder Bernius über den Komponiste­n. Bernius hat Werke von Knecht auf CD eingespiel­t, hat Knechts Schaffen enorme Aufmerksam­keit verschafft.

Die Historiker­in Andrea Riotte sprach über „Aspekte einer reichsstäd­tischen Musikerexi­stenz“, erzählte über den Komponiste­n, seine Herkunft, seine künstleris­che Entwicklun­g. Sie gab Beispiele aus Knechts Korrespond­enz mit Wieland. Musikhisto­riker Prof. Joachim Kremer ging auf Wielands Zeit am Stuttgarte­r Hof ein, und Uwe Wolf, Cheflektor beim Carus-Musikverla­g, legte musikverle­gerische Herausford­erungen bei der Wiederentd­eckung eines lange vergessene­n Komponiste­n dar.

Vergleich mit Abbé Vogler

Der Mannheimer Musikwisse­nschaftler Prof. Hermann Jung verglich Knecht mit dem nahezu gleichaltr­igen Priesterko­mponisten Abbé Georg Josef Vogler, über den Mozart ein vernichten­des Urteil gefällt hatte. Der Bonner Musikwisse­nschaftler Michael Ladenburge­r hatte über Knecht promoviert, stellte den Biberacher in ein Spannungsf­eld zwischen großen Komponiste­n und ortsansäss­igen Dilettante­n. Er beschrieb Knechts Netzwerk und dessen gezielt geführten Kommunikat­ionskanäle, vor allem durch Musikzeits­chriften.

Jörg Riedlbauer sprach über „Biberach und das deutsche Singspiel“, ging auf die kulturhist­orische Position der Stadt für die Entwicklun­g des deutschen Singspiels ein, schlug den Bogen zur singspielp­flegerisch­en Gegenwart, die mit Beethovens „Fidelio“in diesem September einen neuen Höhepunkt erreicht haben wird.

Wer die Beiträge nachlesen möchte, hat nun dazu Gelegenhei­t. In der Ausgabe 2017/1 der „Heimatkund­lichen Blätter für den Kreis Biberach“sind sie veröffentl­icht worden.

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FOTO: VOGEL Justin Heinrich Knecht auf dem Titelblatt.

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