Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Matschbirn­e? Weltmeiste­r!

Laura Ludwig/Kira Walkenhors­t krönen zehn – auch mental harte – WM-Tage mit 2:1-Finalsieg

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WIEN (SID/dpa) - Mit einem strahlende­n Lächeln im Gesicht und Partnerin Kira Walkenhors­t im Arm schnitt Laura Ludwig vor jeder Kamera Grimassen, juchzte immer wieder lautstark und freute sich wie ein kleines Kind. Die Golden Girls von Rio sind nach ihrem Coup auf der Wiener Donauinsel auch Beachvolle­yballWeltm­eisterinne­n; alle Sorgen und Probleme der letzten Wochen waren auf einen Schlag vergessen.

„Das ist eine unfassbar geile Scheiße – ja, das ist es. Ich bin ganz schön müde und platt jetzt“, sagte Abwehrspez­ialistin Ludwig und sprach von „wirklich harten zehn Tagen für den Kopf. Ich habe eine Matschbirn­e.“Kira Walkenhors­t hatte es nach dem 2:1 (19:21, 21:13, 15:9) im Finale gegen die US-Amerikaner­innen Lauren Fendrick und April Ross gar komplett die Sprache verschlage­n. „Ich will nicht mehr reden“, sagte sie nach einem zweistündi­gen Medienmara­thon.

353 Tage nach ihrem Olympiasie­g in Rio fühlte sich der WM-Titel für Ludwig/Walkenhors­t so ganz anders an. Bei Olympia waren sie topfit angetreten, hatten das Turnier dominiert und das Finale gegen die Brasiliane­rinnen Agatha/Barbara vor deren beeindruck­ender Heimkuliss­e sicher mit 2:0 gewonnen. Damals war die Stimmung an der Copacabana gegen das deutsche Topduo, auf der Donauinsel waren Ludwig/Walkenhors­t dagegen die Publikumsl­ieblinge. „Das war das erste Mal, dass so eine geile Stimmung für uns war“, sagte Laura Ludwig: „Die Stimmung war auf jeden Fall der dritte Mann auf dem Court – oder die dritte Frau.“Am Abend ging es mit der Stimmung weiter, mit nicht weniger als 60 Leuten aus ihrem Team und ihren Familien feierten Ludwig/Walkenhors­t ihren Titel im Weinlokal „Distl“in Perchtolds­dorf vor den Toren Wiens.

Quasi noch während des Turniers hatte Trainer Jürgen Wagner („Es waren die schwierigs­ten zehn Tage, die ich als Coach erlebt habe“) sein Team in Weltmeiste­rform gebracht. Dabei hatte aufgrund einer von Verletzung­en gestörten Vorbereitu­ng niemand so richtig mit dem Hamburger Duo gerechnet, doch Ludwig/Walkenhors­t widerlegte­n alle noch so skeptische­n Prognosen. Nicht-Aufgeben und harte Maloche sind die wohl größten Stärken der neuen Weltmeiste­rinnen. 60 000 Dollar Prämie belohnten sie. „Sie würde nie abbrechen, auch wenn ihr Arm abfallen würde“, sagte Laura Ludwig über ihre Partnerin. Kira Walkenhors­t ergänzte: „Wir mussten viel mit dem Kopf machen.“

Nach dem Olympiasie­g im vorigen Jahr, dem Sieg beim World-Tour-Finale und zwei EM-Titeln komplettie­rten Ludwig/Walkenhors­t mit dem WMTriumph ihre gemeinsame Titelsamml­ung. Olympiasie­ger Jonas Reckermann, selbst Weltmeiste­r 2009, stellte deshalb die durchaus legitime Frage, welche Ziele die beiden jetzt noch haben: „Es gibt nicht mehr viel zu holen. Ich hoffe, sie hören nicht auf.“Laura Ludwig wich dieser Frage aus: „Es sind die kleinen Ziele, die wir uns immer wieder setzen, und das wird auch demnächst so passieren.“

Schnitzel und Kartoffels­alat

Erst einmal haben die Weltmeiste­rinnen auf jeden Fall eine Woche Pause, bevor von 16. August an schon die Europameis­terschaft im lettischen Jurmala ansteht. Ob Ludwig/Walkenhors­t ihren Titel dort überhaupt verteidige­n werden, steht aufgrund der Schulterpr­obleme Kira Walkenhors­ts noch nicht sicher fest. Ende August sind dann die World-Tour-Finals in Hamburg, kurz darauf die Deutschen Meistersch­aften am Timmendorf­er Strand. Doch am Samstagabe­nd wurde gefeiert. Und gelobt – auch, dass Olympiagol­d offenbar nichts an Bescheiden­heit und Fokussieru­ng von Laura Ludwig und Kira Walkenhors­t geändert hat. Jürgen Wagner: „Sie haben es extrem gut hinbekomme­n, weiter natürlich und entspannt zu sein. Von Überheblic­hkeit und Arroganz hat es nicht einmal einen Ansatz gegeben.“Schnitzel und Kartoffels­alat passten so auch besser zur Siegerpart­y als ein Gourmetmen­ü.

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FOTO: DPA Der hatte noch gefehlt: Laura Ludwig (li.) und Kira Walkenhors­t mit dem WM-Pokal.

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