2012 war das Jahr ...,
Handball: Mit der Schlecker-Insolvenz stand das Turnier auf der Kippe – doch es ging weiter
... in dem das Ehinger Handballturnier auf der Kippe stand und in dem das damals neu zusammengestellte Starensemble aus Paris als Nachrücker hinzukam.
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EHINGEN - In den vergangenen zehn Jahren hat das internationale Handballturnier in der Ehinger Längenfeldhalle einen großen Einschnitt erlebt. Mehr als 20 Jahre war die Firma Schlecker Sponsor und Namensgeber des Turniers, doch im Januar 2012 meldete das Unternehmen Insolvenz an und fiel als Geldgeber aus. Der Veranstalter des Schlecker-Cups, der Ehinger Verein zur Förderung des Handballsports (EVFH), hielt das Turnier trotz vieler Unkenrufe am Leben. 2013 stieg die Sparkasse Ulm als Hauptsponsor ein, die den Organisatoren Sicherheit und der Veranstaltung einen neuen Namen gab.
Andreas Wax hatte die Aufgaben des Sportlichen Leiters, der für die Zusammenstellung des Teilnehmerfelds zuständig war, 2006 von Heinz Fiesel übernommen, der ihm im ersten Jahr aber noch kräftig unter die Arme griff. „Ich hatte richtig Lust darauf und Zeit“, sagt Wax und ergänzt: „Ich wollte es zwei, drei Jahre machen.“Aus der geplanten kurzen ist eine lange Zeitspanne geworden, 2017 ist sein zwölftes Turnier als Sportlicher Leiter. „Es ist inzwischen viel Routine, aber es macht immer noch den gleichen Spaß und ich brenne jedes Jahr aufs Neue.“
Alles andere als Routine war die Vorbereitung auf das Turnier 2012. Nach der Schlecker-Insolvenz stand die Veranstaltung auf der Kippe. „Nicht viele haben noch einen Pfifferling auf uns gegeben“, sagt Wax, für den 2012 das „mit Abstand schwierigste Jahr“war. Doch der EVFH versuchte es, auch wenn es „permanent eine gewisse Unsicherheit“gab.
Überwältigende Solidarität
Deutlich wurde damals aber, welchen Stellenwert das Turnier besitzt. 2012 war nicht nur das Jahr der Insolvenz, sondern auch das Jahr der überwältigenden Solidarität. Viele kleine Unternehmen aus der Region unterstützten den EVFH, außerdem kamen Vereine dem Veranstalter entgegen. „Es gab Mannschaften, die haben gesagt: Zahlt uns die Anreise und es ist gut“, so Wax. Neben Veszprém und Zagreb hielten allen voran die Füchse Berlin den Ehingern die Stange. „Sie haben keine Sekunde gezögert und gesagt: Wir gehören dazu – trotz der schwierigen Situation“, erinnert sich Wax. „Ich weiß nicht, ob es das Turnier ohne die Füchse noch geben würde.“
Das Turnier 2012 war ein Kraftakt und ein Wagnis für den EVFH. „Wir sind damals ins Risiko gegangen“, sagt Wax. Aber im Förderverein war man sich im Klaren darüber, dass eine Fortsetzung ohne größere Sponsoren schwierig werden würde. „Und wenn das Turnier einmal weg ist, kriegt man es nicht mehr hochgezogen“, so der Sportliche Leiter.
Ein neuer Hauptsponsor wurde gefunden: die Sparkasse Ulm, nach der das Turnier seit 2013 benannt wird. „Unendlich dankbar“sei man dafür, so Wax. Der Cup hatte wieder eine Zukunft, zumal später auch die EnBW einstieg. Für die Organisatoren und speziell für Wax, der die Mannschaften verpflichtet, änderte sich dennoch einiges. Geldgeber ist nicht mehr eine einzelne Firma wie Schlecker, die auch den Absatz der Eintrittskarten übernahm, sondern mehrere Unternehmen, mit denen immer wieder aufs Neue über ein Engagement gesprochen wird. Das Budget war keine Selbstverständlichkeit mehr.
Hinzu kamen mit den Jahren immer mehr Konkurrenzveranstaltungen – vergleichbare Turniere und andere Events, die für die SpitzenKlubs, für die Ehingen über Jahre die erste und einzige Wahl war, finanziell lukrativer sind. „Die Vereine haben heute ganz andere Angebote“, sagt Wax, der als aktuelles Beispiel das Freundschaftsspiel des THW Kiel am Sonntag, 13. August, gegen den FC Barcelona in der Kölner Arena nennt. „Ich will nicht wissen, was das dem THW einbringt.“
„Nicht viele haben 2012 noch einen Pfifferling auf uns gegeben.“Andreas Wax
Früher war der THW Stammgast in Ehingen, doch das ist bei gefragten Klubs wie Kiel nicht mehr drin. Solche Vereine hätten inzwischen einen vollen Terminkalender, aber „punktuell ist deren Teilnahme nach wie vor möglich“, so Wax. Wie 2015, als der THW zum 16. Mal in der Längenfeldhalle spielte. Ähnlich sieht es beim französischen Meister Paris Saint-Germain aus, der bisher zweimal in Ehingen war – das erste Mal 2012, womit dem Veranstalter ein Coup gelang.
Ursprünglich sollte 2012 der dänische Meister AG Kopenhagen mit dem Welthandballer Mikkel Hansen teilnehmen. Doch Anfang Juli, rund sechs Wochen vor dem Turnier, gab der Hauptsponsor von Kopenhagen seinen Rückzug bekannt – Rettungsversuche scheiterten, der Verein war Ende Juli insolvent. Auch die Cup-Organisatoren wurden überrumpelt – ausgerechnet im Jahr der Schlecker-Insolvenz brach kurz vor dem Turnier ein Team weg.
Der Ersatz kam aus Frankreich: Eine Investorengruppe aus Katar investierte im Sommer 2012 kräftig in die Handballer von Paris Saint-Germain, Stars wie Mikkel Hansen aus Kopenhagen oder wie die französischen Nationalspieler Didier Dinart und Luc Abalo wurden verpflichtet. Die neue Mannschaft bestritt ihre ersten Spiele in Ehingen – was international für Aufmerksamkeit sorgte. „PSG war ein Glücksfall für uns“, sagt Andreas Wax. Turniersieger wurden damals aber die Füchse, nicht das Starensemble aus Paris, das Dritter wurde und sich 2013 mit Rang zwei hinter Veszprém begnügen musste. Mit PSG stehe er nach wie vor in Kontakt, so Wax, der hofft, dass die Franzosen vielleicht noch ein drittes Mal in Ehingen spielen.
Vielleicht ist auch mal wieder eine Nationalmannschaft dabei – letztmals war dies 2005 Tunesien. Aber es sei sehr schwierig geworden, Nationalteams einzuladen, sagt Wax. Die Zeiträume, in denen Vereine ihre Nationalspieler abstellen, haben sich verändert. Betroffen ist der August und damit der Termin des Ehinger Turniers. „Daher macht es keinen Sinn mehr, Nationalmannschaften zu holen.“Zumindest europäische.
Kontakte nach Fernost
Bei den Asiaten sieht es anders aus, nach Südkorea bestand vor einigen Jahren ein Kontakt. Genauso wie derzeit zum japanischen Nationalteam, das vom früheren Füchse-Trainer Dagur Sigurdsson trainiert wird. Sigurdsson war mit Berlin von 2010 bis 2014 in Ehingen, man kennt sich. Sigurdssons Mission in Japan ist die Vorbereitung des Teams auf die Olympischen Spiele 2020 in Tokio. Geht es nach Wax, kommen die Japaner davor, 2018 oder 2019, nach Ehingen. Momentan ist das aber nicht mehr als ein Wunsch.