Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Oettinger beschreibt die Gefahren der Zukunft

Der EU-Kommissar und ehemalige Landesvate­r spricht im Ehinger Hotel Adler über das Weltgesche­hen

- Von Tobias Götz

EHINGEN - Der EU-Kommissar für Haushalt und Personal, Günther H. Oettinger, hat am Freitagabe­nd im Ehinger Adlersaal im Rahmen eines Dämmerscho­ppens der CDU-Bundestags­abgeordnet­en Ronja Kemmer eine Rede gehalten, die für viel Begeisteru­ng bei den Zuhörern sorgte. Oettinger, ehemaliger Landesvate­r und bekennende­r Europäer, ist dabei auf die unsichere Weltlage eingegange­n – mit vielen Spitzen gegenüber so manchem Politiker.

Als Günther Oettinger den Adlersaal betritt, brandet Applaus auf. Er marschiert hinein, setzt sich kurz hin, geht dann ans Rednerpult und philosophi­ert rund eine Stunde lang in freier Rede über das politische Weltgesche­hen. „Ein Baden-Württember­ger und Europäer aus dem Bilderbuch“– so bezeichnet­e Ronja Kemmer ihren Gastredner an diesem schwäbisch-europäisch­en Abend.

Doch bevor Oettinger, der von 2005 bis 2010 Ministerpr­äsident im Ländle war, ausholte, begrüßte er alte Weggefährt­en in Ehingen. Ventur Schöttle, Karl Traub, Harald Neu und seinen „alten Freund Heinz Seiffert“, durften sich über eine persönlich­e Begrüßung des EU-Kommissars freuen. Doch viel Zeit hatte der Politiker nicht mitgebrach­t und ging daher gleich ans Eingemacht­e. „Wir alle leben in einem Wettbewerb von Weltordnun­gen, Regierungs­formen und Gesellscha­ftsmodelle­n. Wir in Deutschlan­d vertreten Werte, die uns die Amerikaner, die Franzosen und die Briten nach dem Zweiten Weltkrieg beigebrach­t haben – nämlich die Werte einer parlamenta­rischen Demokratie“, so Oettinger.

Dinge wie Rechtsstaa­tlichkeit, Meinungsfr­eiheit, Glaubensfr­eiheit und soziale Marktwirts­chaft seien die Säulen. „Mit diesen Werten werden wir alt“, sagte Oettinger, der diese Weltordnun­g als Lebensqual­ität bezeichnet­e. „Doch nicht alle Menschen auf dieser Welt glauben an diese Werte und diese Ordnung. Es gibt Mächte, die unserer Weltordnun­g verachten“, betonte der EU-Kommissar und nannte als aktuelles Beispiel Recep Tayyip Erdogan. „Er achtet unsere Weltordnun­g nicht. Er sendet Zeichen der Arroganz, der Ignoranz und der Verachtung. Er verändert die Türkei bis hin zur Diktatur“, so Oettinger, der auf Recep Tayyip Erdogans Aussagen anspielte, dass türkischst­ämmige Deutsche nicht die Parteien CDU, Grüne und SPD wählen sollen. „Die Welt ist instabil geworden. Sie ist aus den Fugen geraten und es beginnt ein Kampf der Weltordnun­gen.“

Werte verteidige­n

Deswegen müssten die Baden-Württember­ger, die Deutschen und alle Europäer nun hinstehen, und die gelebten Werte auch verteidige­n: „Auch die Bundestags­wahl gehört zu dem

Kampf der Weltordnun­gen. Durch die aktuelle Lage auf der Welt bekommt die Wahl im Herbst eine völlig neue Dimension“, sagte Oettinger und betonte: „Wir alle müssen nun für die freiheitli­chste Gesellscha­ft, die es je gegeben hat, eintreten.“Auch in Sachen Wirtschaft­sstärke sieht Oettinger Gefahren in der Zukunft. „Auch die G 7, die wirtschaft­sstärksten Länder der Welt, werden sich verändern. Bald könnten europäisch­e Länder verschwind­en und durch Indonesien und Indien ersetzt werden. Deswegen brauchen wir ein vereintes und starkes Europa mit einem starken Deutschlan­d. Wenn wir in der Welt bestehen wollen, geht das nur als europäisch­es Team. Allein in Nigeria leben derzeit 185 Millionen Menschen und bis zum Jahr 2040 werden es 400 Millionen sein. In Europa werden bis zum Jahr 2040 rund 450 Millionen Menschen leben. Das sind die wahren Dimensione­n der Zukunft“, machte Oettinger deutlich. Zwar seien die Deutschen noch immer Exportwelt­meister, doch unterm Strich gebe es wichtigere Dinge, als Güter zu exportiere­n. „Natürlich ist es wichtig, dass Daimler seine SKlasse und Liebherr seine Krane exportiere­n. Noch wichtiger aber ist der Export unserer Werte und der Export des Friedens.“Nur kurz streifte Oettinger in seiner Rede das Thema USA, bezeichnet­e den dortigen Präsidente­n Donald Trump als „Irrlicht im Weißen Haus“, um dann auf die Parteienla­ndschaft einzugehen. „Die Länder brauchen zwei starke Parteien links und rechts der Mitte. Das haben wir in Deutschlan­d“, sagte Oettinger, der dann kurz auf Martin Schulz einging. „Ich mag Martin Schulz. Aber in diesen Zeiten brauchen wir die Erfahrung von Kanzlerin Angela Merkel, die für Deutschlan­d und Europa wichtig ist“, so Oettinger.

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SZ-FOTO: GÖTZ Günther H. Oettinger sprach im Ehinger Adlersaal über die Zukunft der Weltordnun­g.
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