Mademoiselle singt wieder
Patricia Kaas umgarnt ihr Publikum mit rauchigem Timbre und französischen Akzent - Doch der Auftritt hat ein großes Manko
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ULM - Lange hatte sich Patricia Kaas zurückgezogen. Doch der künstlerische Burnout liegt jetzt hinter ihr: Mit neuem Showprogramm, voll Kraft und Elan präsentierte sich die französische Sängerin vor etwa 1300 begeisterten Zuhörern im Wiblinger Klosterhof, die der 50-Jährigen Kuscheltiere und Rosen zu Füßen legten. Ein bisschen kurz allerdings geriet dieser dritte Abend des Klosterhof-Open-Airs: Nach weniger als 90 Minuten – inklusive Zugaben und Vorstellung der fünfköpfigen Band – klang das Konzert mit „Mademoiselle Chante le Blues“aus, jenem 1987 erschienenen Lied, mit dem Kaas den internationalen Durchbruch schaffte.
Das dunkle, rauchige Timbre in der Stimme ist seit 30 Jahren ihr Markenzeichen; wirklich dem Typus des französischen Chansons entsprechen ihre Lieder aber nicht. Patricia Kaas’ Titel sind melancholisch, jazzig, nahezu alle in Molltonarten gehalten, wenn auch die Vorspiele der Band manchmal fast infernalisch daherkommen.
Es bereite ihr Freude, neben einigen neuen Liedern auch alte im neuen Gewand zu präsentieren, sagt Patricia Kaas – in perfektem Deutsch mit sympathischem französischen Akzent, denn in ihren ersten Lebensjahren wuchs die Tochter eines lothringischen Bergmanns mit Saarländisch auf; geboren wurde sie 1966 auf der französischen Seite der Grenze zwischen Deutschland und Frankreich. 15 Jahre mag es her sein, dass sie zuletzt in Ulm auftrat, erzählt sie ihrem Publikum.
Die Bühnenshow setzt viel auf tolle Lichteffekte und inszeniert Patricia Kaas, die im hauchdünnem fledermausärmeligen Mieder-Mantel über einem hautengen schwarzen Outfit auf der Bühne steht – oder eigentlich eher tanzt und mit großen Bewegungen temperamentvoll agiert. Die optisch-atmosphärische Wirkung schwebt zwischen laszivverführerischem Dunkel und sportlicher Choreografie.
Texte fragen nach dem Terror
Wer den französischen Texten folgen kann, entdeckt vor allem die fragenden Hintergründe der Lieder. „Kennedy Rose“zum Beispiel: In diesem Song stellt Kaas die Frage nach dem politischen Ehrgeiz der Mutter der Kennedy-Söhne. Den intensivsten Moment des Konzerts schafft „Le Jour et L’heure“, ein im vergangenen Jahr aufgenommenes Lied. Im Text bezieht sich Kaas explizit auf die terroristischen Anschläge der jüngsten Vergangenheit. „Der Tag und die Stunde, als sich alles änderte“, heißt es übersetzt ins Deutsche im Lied. Die Menschen umstehen die Bühne stumm und dicht.
Doch vor dem Ende des Konzerts will Patricia Kaas ihr Wiblinger Publikum nicht entlassen, ohne Mut und Hoffnung zum Leben gemacht zu haben – mit „Mademoiselle Chante le Blues“.
Weniger als 90 Minuten dauerte das Konzert. Die Karten im vorderen Bereich kosteten 95 Euro – das ist für ein Konzert im Wiblinger Klosterhof reichlich teuer. Über ein etwas längeres Programm hätten sich die Fans von Patricia Kaas sicherlich gefreut.