Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Risiko Türkei-Urlaub

- Von Rasmus Buchsteine­r ●» politik@schwaebisc­he.de

Sigmar Gabriel ist zwar Deutschlan­ds Chefdiplom­at. Aber manchmal ist es gut, dass er eine Sprache beherrscht, die jeder versteht. „Man kann das nicht mit gutem Gewissen machen zurzeit“, sagt er mit Blick auf Türkei-Reisen deutscher Urlauber. Das ist Klartext. In der Wirkung sind seine Äußerungen nicht zu unterschät­zen, auch wenn dies noch keine förmliche Reisewarnu­ng ist.

Der Außenminis­ter tut gut daran, Risiken klar zu benennen und sie nicht zu beschönige­n. Auf seinem Schreibtis­ch stapeln sich bereits die Akten über Deutsche, die in Erdogans Republik wegen fadenschei­niger Vorwürfe in Haft sitzen. Und es wäre fatal, wenn es noch mehr würden. In der Türkei herrscht Willkür. Wenn Deutsche an Flughäfen ohne Angaben von Gründen festgehalt­en werden, man ihnen die Einreise verweigert, hat das nichts mehr mit Rechtsstaa­tlichkeit zu tun. Es geht der türkischen Seite vor allem um eine Machtdemon­stration. Längst sind Fälle bekannt, in denen es ganz normale Menschen getroffen hat.

Ins Visier der türkischen Sicherheit­sbehörden zu geraten, dazu gehört offenbar nicht viel. Der Geheimdien­st scheint systematis­ch Dossiers anzulegen, gezielt auch Deutsche zu bespitzeln. Vor einiger Zeit gab es in Deutschlan­d noch eine Debatte darüber, ob es nicht richtig sei, gerade jetzt in der Türkei Ferien zu machen. Wenn Touristen nun massenhaft auf den Urlaub in Bodrum oder Antalya verzichten und anderswohi­n reisen, könnten schließlic­h die Falschen darunter leiden. Und zwar jene, die in den Ferienpara­diesen entlang der Küsten leben, sich an Europa orientiere­n und beim Verfassung­sreferendu­m nicht unbedingt pro Erdogan gestimmt haben. Doch diese Debatte hat sich inzwischen erledigt. Der Aspekt der Sicherheit wiegt schwerer als alle anderen Erwägungen.

Auch wenn letztlich jeder selbst entscheide­t, wo er Urlaub macht: Wer kein Risiko eingehen will, sollte auf die Reise in die Türkei verzichten. Wenn noch mehr Touristen seinem Land fernbleibe­n, hätte Erdogan es sich selbst und seiner Politik fortgesetz­ter Provokatio­nen und Verstöße gegen rechtsstaa­tliche Prinzipien zuzuschrei­ben.

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