Schwäbische Zeitung (Ehingen)

In immer neue Höhen

Die Notenbanke­r der EZB beobachten den steigenden Euro inzwischen mit Skepsis

- Von Tobias Schmidt

FRANKFURT (dpa) - Das Polit-Chaos in den USA, eine starke Euro-Wirtschaft und ein absehbares Ende der Krisen-Geldpoliti­k: Es gibt vieles, was den Euro zurzeit in immer neue Höhen treibt. Für Verbrauche­r hat das zunächst Vorteile. Doch es drohen auch Risiken für die Wirtschaft. Inzwischen sind die Währungshü­ter der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) wachsam geworden. Die Euro-Stärke ist auch Gesprächst­hema bei einem Notenbanke­rtreffen, das bis Samstag im US-amerikanis­chen Jackson Hole stattfinde­t.

Seit Jahresbegi­nn hat die Gemeinscha­ftswährung im Verhältnis zum US-Dollar mehr als 13 Prozent an Wert gewonnen. Erstmals seit Januar 2015 kletterte der Euro kürzlich über 1,19 Dollar. Auch gegenüber anderen wichtigen Währungen geht es seit Monaten kräftig bergauf. Die EuroWirtsc­haft brummt. Im Frühjahr legte das Wachstum noch einen Gang zu, der Außenhande­l hat im ersten Halbjahr an Fahrt aufgenomme­n, die Stimmung der Unternehme­n und Verbrauche­r ist gut. „Der Konjunktur­motor läuft rund“, sagt Christian Lips, Experte bei der Landesbank Nord/LB.

Vorteile für Verbrauche­r

Zudem haben seit der Wahl Emmanuel Macrons zum französisc­hen Präsidente­n Sorgen um die politische Zukunft Europas nachgelass­en. Gleichzeit­ig sorgt das Polit-Chaos rund um US-Präsident Donald Trump für Druck auf den Dollar. Auch das lässt den Euro im Gegenzug steigen. Zwar hat der starke Euro für Verbrauche­r in Deutschlan­d und anderen Euroländer­n durchaus Vorteile. Beispielsw­eise wird Rohöl in Euro gerechnet günstiger, weil das schwarze Gold meist in Dollar gehandelt wird. Tanken und Heizen wird somit tendenziel­l billiger. Das Gleiche gilt für Urlaub in einem Nicht-Euro-Land – insbesonde­re in den USA. Das Problem aber ist: Exportprod­ukte aus den Euroländer­n werden in anderen Währungen gerechnet teurer, wodurch die Wettbewerb­sfähigkeit von Euro-Unternehme­n sinkt.

Deshalb ist inzwischen auch die EZB alarmiert. Bei ihrer jüngsten Zinssitzun­g diskutiert­en die Währungshü­ter über die Gefahr eines zu stark steigenden Euro, der durch die wirtschaft­liche Entwicklun­g nicht mehr gerechtfer­tigt wäre. Dies würde es den Notenbanke­rn schwerer machen, ihr Inflations­ziel von knapp zwei Prozent zu erreichen, weil die Importprei­se sinken würden.

Dabei ist es auch die EZB selbst, die den Euro nach oben treibt. Nachdem sie über Jahre ihre Geldpoliti­k immer weiter gelockert, den Leitzins bis auf null gesenkt und Wertpapier­e im Billionen-Volumen aufgekauft hatte, wird inzwischen erstmals seit der Finanzkris­e eine Abkehr vom Krisenmodu­s diskutiert. Der erste Schritt dürfte das Ende der Wertpapier­käufe sein. Offiziell läuft das Programm noch mindestens bis Ende des Jahres. Bundesbank­präsident Jens Weidmann hält eine Verlängeru­ng nicht für angebracht. Man sei sich allerdings einig, dass die Käufe „nicht von heute auf morgen beendet werden“, sagte Weidmann.

Die Schwierigk­eit für die Währungshü­ter ist, den Exit aus der Krisen-Geldpoliti­k ohne Verwerfung­en an den Finanzmärk­ten hinzubekom­men. Es sei fraglich, ob die Finanzmärk­te und letztlich auch die Weltwirtsc­haft einer Normalisie­rung der Geldpoliti­k ohne größere Verwerfung­en standhalte­n würden, sagt Eugen Keller, Experte beim Bankhaus Metzler. „Eine gesunde Portion Skepsis bleibt, denn unter der Oberfläche sind die Nachwehen der jüngsten Finanzkris­e noch immer spürbar.“Es könnte beim Euro also auch in Zukunft deutliche Kursbewegu­ngen geben. Noch zeigt sich die Wirtschaft vom starken Euro unbeeindru­ckt. Im August haben die Industrieu­nternehmen im Euroraum dem Forschungs­institut Markit zufolge den stärksten Zuwachs an Exportauft­rägen seit sechseinha­lb Jahren verzeichne­t.

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FOTO: DPA Seit Jahresbegi­nn hat der Euro im Verhältnis zum US-Dollar mehr als 13 Prozent an Wert gewonnen.

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