Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Terror in Barcelona: Horrortrip statt Partyurlau­b

Fünf junge Frauen aus Ingstetten und von der Laichinger Alb erleben den Anschlag hautnah mit

- Von Sarah Keifer

INGSTETTEN - Annika Rommel, Pia Rommel, Hannah Färber, Saviya Gürntke, Lea Eichhorn und Daniela Lohrmann aus Ingstetten und Heroldstat­t sind hautnah Zeugen des Terroransc­hlags im spanischen Barcelona geworden.

Die fünf Mädels – alle 17 Jahre alt – sind mit einer Organisati­on nach Lloret de Mar gereist. Aus dem geplanten Partyurlau­b ist für die Freundinne­n ein Horrortrip geworden. Das Erlebte hat Spuren hinterlass­en.

Der Tag des Anschlages, Donnerstag, 17. August, war als gewöhnlich­er Tagesausfl­ug geplant. „Zunächst sind wir zu einem Aussichtsp­unkt gegangen, von dem aus man die ganze Stadt in ihrer Größe sehen konnte“, sagt eines der Mädels. Die nächste Station war die große Flaniermei­le „Las Ramblas“. An deren Ende werden sie zunächst abgesetzt, „wir gingen dann los und holten uns erst mal was zum Essen“. Anschließe­nd seien sie herum geschlende­rt und schauten sich die Stände und kleinen Geschäfte an. Ein Mädchen aus der Gruppe wollte dann weiter, zu der nahen Markthalle „La Boqueria“. Doch sie kamen nicht weit.

„Plötzlich fingen die Leute an, sich aufzuteile­n – alle drängten an den Straßenran­d und in die Geschäfte.“Es wurde unruhig und sie hätten nicht gewusst, was auf sie zukommt, erzählen die Freundinne­n. Sie gingen aber weiter und über die Straße – zu einer Eisdiele. „Angst und Schrecken“habe in vielen Gesichtern der Menschen gestanden, die ihnen begegnet seien.

Kein Wunder: Der Transporte­r des Attentäter­s, der, wie sich später herausstel­lte, 13 Menschen tötete, war höchstens 15 Meter nach ihnen zum Stehen gekommen. Dann ein lauter Schlag. Sofort rannten die Mädchen in die Eisdiele hinein, erzählen sie. Hier seien dann umgehend die Rollläden geschlosse­n worden. Es folgt ein weiterer Knall, wahrschein­lich der einer Waffe, vermuten die Urlauberin­nen. Die Mädels waren nicht alleine in der Eisdiele, gemeinsam mit anderen sprangen sie die Treppen in den zweiten Stock hinauf.

Auf der Straße hätten sich schnell viele Polizeiaut­os versammelt. Vor den Geschäften überall Polizisten mit Waffen in den Händen, mit Helmen auf dem Kopf und Schutzschi­ldern vor ihren Körpern. Auch zu sehen gewesen seien Krankenwag­en, welche die Verletzten in Krankenhäu­ser brachten. „Alles war blutversch­miert, die Menschen standen unter Schock.“In der Eisdiele, erzählen die Freundinne­n, seien sie dann auch befragt worden, zu dem, was sie gesehen haben – doch sie hätten keine Auskunft geben können. Der Schock saß zu tief. Insgesamt waren die Mädels sechseinha­lb Stunden in der Eisdiele „gefangen“. Die Polizei habe niemanden heraus gelassen.

In der Eisdiele seien alle Altersklas­sen vertreten gewesen und man habe gemerkt, wie jeder für sich versucht habe, mit dem Schock umzugehen. Der Besitzer habe seine Gäste kostenlos mit Essen und Getränken versorgt – darüber waren die Mädchen froh. „In einem Klamottenl­aden hätte man uns nicht so versorgen können“, sagt Annika Rommel. Außerdem hätten sie auch ihre Handys laden können, um unter anderem der Organisati­on Bescheid zu geben, mit der sie unterwegs waren.

Von der Dachterras­se schließlic­h konnten sich die jungen Frauen ein besseres Bild vom Geschehen machen. Sie erzählen, dass der Lieferwage­n der Terroriste­n lange auf der Rambla gestanden hätte und überall blutversch­mierte Tücher und Folien lagen. Darunter lagen Leichen. Hier und da sei ein Kinderwage­n zu erkennen gewesen. Und es waren mindestens genau so viele Polizisten auf einmal auf der Straße, wie es Menschen waren vor dem Anschlag. Die Polizisten hätten keine Zeit gehabt, ihnenkurz auf Englisch zu erklären, was Sache war. Die Verständig­ung sei ein Problem gewesen.

Erst gegen Mitternach­t konnten die Mädels über Umwege zu einem Taxi gehen. Um sie herum: noch immer lauter Polizisten. Das Taxi habe nichts gekostet und brachte sie bis zu einem Punkt, an dem die Reisebegle­iter warteten. Dann ging es zurück nach Lloret de Mar, ins Hotel.

Um sich abzulenken, sei ein Teil der Gruppe in der Nacht noch ein wenig feiern gegangen. Die „Partystraß­e“in Lloret sei aber komplett für Autos gesperrt gewesen , „und überall waren Polizisten“. Die Mädels hätten sich dadurch aber auch sicherer als in Barcelona gefühlt. Sprechen konnten sie zudem noch mit einer Psychologi­n. Das sei der ganzen Reisegrupp­e angeboten worden. Annika Rommel, Pia Rommel, Hannah Färber, Saviya Gürntke, Lea Eichhorn und Daniela Lohrmann hoffen nun, das Erlebte bald hinter sich lassen zu können.

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SZ-FOTO: SARAH KEIFER Fünf Freundinne­n aus der Region haben den Terror in Barcelona hautnah miterlebt.

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