Der Jimi Hendrix vom Illertal
Rainer Tausch hat sich als Gitarrenbauer weltweit einen Namen gemacht
- Dieses Jahr war Rainer Tausch schon auf Tournee durch die Vereinigten Staaten: New York, Chicago, Memphis, Dallas, Nashville, nur die guten Adressen eben. Allerdings hat er dort nicht selbst gespielt, sondern spielen lassen, auf seinen Instrumenten made in Jedesheim.
Sie waren Teil einer Produktpräsentation der besonderen Art. Als Gitarrenbauer ist Tausch – wegen seiner Fingerfertigkeit auf der Sechssaitigen auch der „Jimi Hendrix vom Illertal“genannt – schon seit mehr als 20 Jahren im Geschäft, doch auf einen Schlag hat er wohl den Durchbruch in Übersee geschafft. Das verdankt er einem Trend, der vor allem bei gesetzteren Herrschaften um sich greift: das „Ich habe was, was du nicht hast“-Syndrom.
Die meisten Gitarristen aus der Region dürften den Namen Rainer Tausch kennen und hatten schon eine seiner Gitarren in der Hand. Sie sind nicht gerade billig, denn vernünftige Handarbeit hat ihren Preis, 3000 bis 5000 Euro. Deshalb kommen zu ihm nicht die Anfänger, die mit dem Gedanken spielen, vielleicht noch einen vierten Akkord zu lernen. Zu ihm kommen die Musiker, die etwas haben wollen, was nur wenige besitzen. Lediglich 15 Gitarren verließen bisher pro Jahr seine Werkstatt. Heuer werden es wohl doppelt so viele sein, womit Tausch an seiner Kapazitätsgrenze angekommen ist. Allein 15 Exemplare sind seit Jahresanfang schon nach Übersee gegangen, was unter anderem an seiner Tournee lag: Tauschs US-Vertriebspartner hatte in ausgewählten Musikgeschäften großer Städte ausgefallene Modelle von amerikanischen und europäischen Gitarrenbauern präsentiert. Mit dabei: einige Exemplare aus der Jedesheimer Werkstatt. Die rollende Verkaufsschau war ein voller Erfolg.
Dass es ein gutes Jahr werden würde, hatte sich schon im Winter abgezeichnet, denn da war Tausch zum ersten Mal nach Los Angeles gereist, um dort auf der „Namm Show“, der wichtigsten Musikmesse der Welt, seine Werke zu präsentieren. „Die haben mir den Stand leergekauft“, erzählt er. Sechs Gitarren haben den Besitzer gewechselt. Der Erfolg sprach sich auch in der heimischen Szene herum: „Plötzlich waren meine Gitarren interessant und meine drei Händler spüren die Nachfrage.“
Kunstvoll gesetzte Dellen
Woran liegt’s? Einfach daran, dass die Instrumente edler aussehen als die E-Klampfen aus dem Schaufenster. Die Formen lehnen sich zwar an die Klassiker der amerikanischen Traditionsmarken Fender und Gibson an, doch Tausch verleimt darauf Decken aus edel gemaserten, gerne auch heimischen Hölzern und verpasst ihnen eine Lackierung, die sie noch besser zur Geltung kommen lässt. Solche sogenannten Boutique-Gitarren, die dem Zeitgeschmack entsprechend auch mal mit ein paar kunstvoll gesetzten Dellen und Schrammen vorsätzlich gealtert werden, „treffen den Geschmack von Leuten, die das Besondere wollen. Das kann die Industrie so nicht liefern“, erklärt Tausch. Auch nicht den Neid-Faktor, der bei einer exklusiven Gitarre gleich mit eingebaut ist. Mit diesem Konzept arbeitet übrigens auch der Holzschwanger Gitarrenbauer Uli Teuffel. Seine Instrumente sind spielbare Designkunstwerke, die allerdings in einer noch deutlich höheren Preisliga spielen als die Stücke aus Jedesheim.
Wer sich solch ein Instrument anschafft, der besitzt schon eine oder mehrere der gängigen Stratocasters, Telecasters und Les Pauls. Tausch: „Das sind keine Erstkäufer. Die haben das Übliche bereits und suchen nun nach Alternativen.“Da spielt natürlich der Geldbeutel eine Rolle. Der ist deutlich besser gefüllt, wenn der Kredit für das Eigenheim abbezahlt ist. Dann schaffen sich Männer als Zeichen ihrer inneren Jugendlichkeit gerne eine Harley Davidson an, liebäugeln mit einem Cabrio aus den 60er-Jahren – oder einer Gitarre, wie sie im weiten Umkreis sonst keiner besitzt. Tausch: „Sie sind keine Revoluzzer mehr, sie sind jetzt gesetzt und wollen nun die entsprechende Gitarre – und natürlich damit gesehen werden.“Wer die Sechssaitige unter Strom setzt, wirkt eben immer noch cooler als der Querflötist in der Trachtenkapelle.
Obwohl sich in der öffentlichen Wahrnehmung einiges geändert hat. „Als ich angefangen habe, waren Gitarren noch wild und gefährlich, da hat meine Oma noch geschimpft“, erinnert sich Tausch, „jetzt ist die E-Gitarre schon ein klassisches Instrument.“Das jedoch immer weniger Junge zur Hand nehmen. Die großen Hersteller schreiben rote Zahlen, es fehlen neue Gitarrenhelden – die Teenies himmeln lieber Star-DJs oder Rapper an. Doch Tausch glaubt an die ewige Wellenbewegung der Popmusik. E-Gitarren werde es immer geben, denn sie „sind das Coolste überhaupt“. Der Markt werde nicht größer, aber exklusiver: „Und dafür bin ich da.“