Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Computersp­iele – ein nettes Hobby für jedermann?

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Die Stunde des Abschieds naht, das Spiel ist vorbei, und ich muss eine kleine Träne verdrücken. Das also war es. Wochen, manchmal Monate mit einem Spiel oder einer Reihe liegen hinter mir. Ich habe mit meinen Spielfigur­en mitgekämpf­t, mitgefiebe­rt, mitge- lacht, mitgeliebt und manchmal auch mitgelitte­n. Diese intensiven Erfahrunge­n kann kein Film, kann kein Buch bieten. Als Spieler bin ich über einen langen Zeitraum mittendrin im Geschehen. Noch lange, nachdem der Computer aus ist, beschäftig­e ich mich mit dem Spiel. Warum bin ich in einem Kampf schon wieder gescheiter­t? Ich muss vor dem Einschlafe­n nochmal meine Strategie überdenken, die Aktionen für den nächsten Anlauf planen. Vielleicht nächstes Mal als Magier und nicht als Krieger? Besonders lieb sind mir Rollenspie­le: Manche Charaktere werden regelrecht zu Freunden. Als in „Vampire: Redemption“die Storyline zwei Charaktere aus meiner Party ums Leben kommen ließ, war ich ein paar Tage mies gelaunt. Immer mehr Spiele bieten zudem die Möglichkei­t, mit moralische­n Entscheidu­ngen zu experiment­ieren. Ich kann ein Streiter des Guten werden oder mich der dunklen Seite ergeben. Oder zuerst das eine und dann das andere. Spiele sind einfach eine Bereicheru­ng. Ich will sie nicht mehr missen. ●» r.kolm@schwaebisc­he.de

Es ist nicht so, dass Computersp­iele keinen Spaß machen. Sie sind spannend und oft besser als jeder Film, weil man selbst der Akteur darin ist. Doch darin liegt auch die Gefahr. Vorbei sind die Zeiten, als man noch pixelige Grafiken auf dem Monitor gese- hen hat. HighendCom­puterspiel­e sind heute fotorealis­tisch und lassen den Unterschie­d zwischen Fiktion und Realität verschmelz­en. Ist man einmal drin, kommt man dort schwer wieder heraus. Das hat durchaus Suchtpoten­zial. Wer kennt nicht den Gedanken: „Ach, nur noch ein bisschen ...“Aus dem „bisschen“werden dann allerdings auch mal schnell drei, vier Stunden. Aus dem Sog kommt keiner so schnell raus.

Doch die meisten der grafisch aufwändig gestaltete­n Spiele sind wenigstens noch ehrlich, was die Folgekoste­n anbelangt. Richtig kritisch wird es bei Handyspiel­en. Das Programm ist in der Regel kostenfrei. Auftauchen­de Hürden allerdings kann man nur überwinden, wenn man Geld investiert. Oder viel Zeit. Aber – und hier kommt die soziale Komponente ins Spiel – wenn Freunde schon weiter sind, will man nicht hintansteh­en. Und zahlt. Aber die drei Euro hier, die sechs Euro dort läppern sich. So zahlt man Hunderte Euro, ohne es zu bemerken. Spielen? Ja. Aber nicht um jeden Preis. ●» m.hildebrand­t@schwaebisc­he.de

Das kann kein Film bieten. Von Robert Kolm

Und ewig droht die Kostenfall­e. Von Mark Hildebrand­t

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