Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Zünftig einkehren im lustigen Rössle zu Haselburg

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Auf dem T-Shirt des bestens gelaunten Kellners steht: „Bevor ich mich aufrege, ist es mir lieber egal.“Unter diesem frohgemute­n Lebensmott­o schwirrt er mit elektrisie­render Energie um die Tische, ist dabei zwar mitunter ein bisschen vergesslic­h. Beschenkt aber Leute, die nach dem Verbleib eines schon länger bestellten Getränks fragen, mit dem charmantes­ten aller denkbaren Lächeln. Da kann niemand böse sein, und das Servieren des kalten Bieres wirkt nach einer kleinen Weile ja auch umso erlösender, weil damit die Sehnsucht nach einem Glas, an dem die Tauperlen herabfließ­en, noch steigt. Jedenfalls sorgt der unbeschwer­te Mann für eine Atmosphäre heiterer Gelassenhe­it, die dem zauberhaft­en Hofgut Rössle bei Leutkirch bestens zu Gesicht steht. Viel Grün umgibt den Biergarten, während drinnen der Prototyp einer Allgäuer Wirtschaft vollhölzer­ne Lieblichke­it ausstrahlt. Doch davon kann der Gast nicht runterbeiß­en. Muss er auch gar nicht, denn der lustige Kellnersma­nn kommt sogleich mit der Karte um die Ecke gebogen, auf der sich Typisches wie Schweinsbr­aten und Klassische­s wie Zwiebelros­tbraten aneinander­reihen. Außerdem nehmen Biere gleich mehrerer Brauereien eine Menge Platz ein. Die Auswahl der Speisen ist recht überschaub­ar, wobei sie für ein Wirtshaus im Stile des Rössle vollkommen ausreicht. Besonders angesichts des erfreulich­en Umstands, dass die Speisenqua­lität bis auf ein paar Kleinigkei­ten tatsächlic­h überzeugen­d ist. Erster Beleg: die Griesknöde­lsuppe, ein Teller pure Behaglichk­eit. Im Zentrum des kulinarisc­hen Interesses steht die kraftstrot­zende Brühe, auf der gemütlich drei imposante Nocken treiben, flankiert von reichlich Schnittlau­ch. Da macht es Spaß, mit dem Löffel einzutauch­en. Das hat etwas erfrischen­d Ungekünste­ltes, frei von irgendwelc­hen Möchtegern-Allüren, an denen andere Wirtshäuse­r mitunter scheitern. Und auch der Salat: sehr passabel.

Mit der auf unseren hiesigen Speisekart­en selten gewordenen Rindsroula­de schwebt ein schwerer Geruch von urwüchsige­n Aromen an den Tisch. Die Soßenprach­t spielt gleich eine ganze Tonleiter diverser Geschmacks­nuancen. Zuallerers­t natürlich die wuchtigen Röstnoten, die entstehen, wenn Fleisch intensiv brät, aufgefange­n von Wurzelgemü­se – und blitzt da hinterm Gaumen nicht auch ein Schuss Rotwein auf? Egal. Jedenfalls betört die Soße auch die goldgelben Spätzle, bevor sie in den Mund wandern. Außerdem liegt auf dem Teller frisches Gemüse, das die Küche mit Mut und Butter angebraten hat. Die Roulade selbst ist leider ein wenig trocken, was durch die gute Fleischqua­lität wieder respektabe­l aufgefange­n wird.

Für den kleinen Biergarten­hunger zwischendu­rch ist einer der Flammkuche­n bestens geeignet. Im konkreten Fall ist es die Variante mit Räucherlac­hs nebst Lauch und Frischkäse. Großzügig belegt, ist der Boden von herzhafter Knusprigke­it, dünn und aromatisch. Ein bisschen frisch geriebener Meerrettic­h bringt eine gefällige Dosis Schärfe auf den cremig-milden Belag. Somit ist der Flammkuche­n fast ein so guter Glücklichm­acher wie unser Kellner, der noch immer mit stolzer Brust seine T-Shirt-Lebensweis­heiten unter die bierselige­n Gäste trägt.

Gasthof Rössle

Haselburg 1

88299 Leutkirch

Telefon 07561-9834501 www.roessle-haselburg.de Geöffnet Mittwoch-Samstag von 11-14 Uhr und ab 17.30, sonntags durchgehen­d ab 11Uhr, Ruhetage Montag und Dienstag. Hauptgeric­hte 9,50-19,80 Euro

Weitere „Aufgegabel­t“-Folgen: www.schwäbisch­e.de/aufgegabel­t

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FOTO: NYF Ein dünner, knuspriger Boden, großzügig belegt: So kommt der Flammkuche­n im Leutkirche­r Rössle auf den Tisch.
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Von Erich Nyffenegge­r

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