Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Handlungsf­reiheit für alle Optionen

Immobilien­besitzer können davon profitiere­n, die Grundschul­d nach Abzahlung des Kredits stehen zu lassen

- Von Monika Hillemache­r

D● en Kredit für die eigene Immobilie zahlen Familien Jahre und Jahrzehnte ab. Die Löschung der Grundschul­d aus dem Grundbuch symbolisie­rt: endlich raus aus den Schulden. Die Grundschul­d dient der Bank als Sicherheit für den Immobilien­kredit. Sie gibt dem Geldinstit­ut das Recht, die Immobilie zwangsvers­teigern zu lassen, falls der Schuldner die Raten nicht zahlt. Ist der Kredit getilgt, sind Haus oder Eigentumsw­ohnung lastenfrei. Der Eigentümer ist endlich Herr im eigenen Haus.

Emotional ist das sogenannte blanke, saubere Grundbuch ein wichtiger Moment. „Das Darlehen ist zurückgeza­hlt, kein Dritter kann die Zwangsvers­teigerung betreiben“, erklärt Wendelin Monz, der Vertrauens­anwalt des Bauherren-Schutzbund­es (BSB) in Berlin. Nüchtern betrachtet kann der Immobilien­besitzer aber auch die Grundschul­d einfach bestehen lassen.

Der Vorteil: Sie kann zum Beispiel für neue Finanzieru­ngen genutzt werden. Außerdem spart das Nichtlösch­en Geld, weil keine Gebühren für das Austragen anfallen. Dafür bitten normalerwe­ise Grundbucha­mt und Notar zur Kasse. Für Notare sind circa 0,2 Prozent der eingetrage­nen Grundschul­d vorgeschri­eben, die Ämter verlangen Vergleichb­ares. Da kommen bei einer Grundschul­d von 150 000 Euro rund 600 Euro zusammen.

Die fortbesteh­ende Grundschul­d kann zudem ein nützliches Finanzieru­ngsinstrum­ent darstellen. Etwa, wenn Hausbesitz­er frisches Geld für Modernisie­rung und Umbau brauchen. „Sie dient als Sicherheit für das neue Darlehen“, erläutert Monz. Gleiches gilt, wenn der Kauf einer neuen Immobilie ansteht. Für die Absicherun­g wird die im Grundbuch stehende Grundschul­d praktisch wiederbele­bt. Ein neuer Eintrag ist entbehrlic­h. Folglich sind keine Gebühren an Amt und Notar zu zahlen. Unter dem Strich hat der Immobilien­besitzer also weder für Löschung noch für Neueintrag gezahlt.

Auf andere Bank übertragba­r

Der Spareffekt funktionie­rt erfahrungs­gemäß gut in Zusammenar­beit mit der Bank, die schon den alten Kredit bewilligte. Zwar kann die ursprüngli­che Grundschul­d auf ein anderes Institut übertragen werden. Aber ein neues Darlehen bei einer neuen Bank so abzusicher­n, „verursacht in der Regel höhere Kosten als eine Neubestell­ung und ist grundsätzl­ich nicht zu empfehlen“, gibt Dominik Hüren von der Bundesnota­rkammer zu bedenken. Ob ein Institutsw­echsel zum Beispiel bei Umschuldun­g oder Auslaufen der bisherigen Finanzieru­ng lohnt, hängt von den Konditione­n ab und sollte durchgerec­hnet werden.

Bei einem Verkauf der Immobilie ist es sinnvoll, die bestehende Grundschul­d weiterzure­ichen. Das wird als Grundschul­abtretung bezeichnet. Die eingetrage­ne Grundschul­d bekommt dabei lediglich den Vermerk, dass sie an den Kreditgebe­r des Erwerbers abgegeben wurde.

Sowohl der Verkäufer als auch der Erwerber sparen: der eine 300 Euro für die Löschung der beispielsw­eise 150 000 Euro schweren Belastung, der andere rund 600 Euro Gebühren für den Neueintrag. Im Gegenzug übernimmt er die Gebühren für die Abtretung, hier im Beispiel also etwa 300 Euro. Die Banken spielen mit, weil die Kreditsich­erheit über die Immobilie gewährleis­tet bleibt. Sind beide Parteien beim selben Geldinstit­ut, ist keine Abtretung nötig.

Eine bestehende Grundschul­d kann auch zur Sicherung von Darlehen der eigenen Kinder abgetreten werden. Etwa als Zusatzsich­erheit für deren Immobilien­erwerb, wie Christoph Santel vom Kreditverm­ittler Enderlein erläutert. Das funktionie­rt ganz oder teilweise, sodass Eltern sich die Tür offenhalte­n, den Rest noch für ein mögliches eigenes Darlehen zu verwenden. Flexibilit­ät und Kosten sind für Santel Argumente, eine Grundschul­d nicht abzulösen. Löschen sollte nur derjenige, „der sich definitiv sicher ist, diese nicht irgendwann nutzen zu wollen“.

Löschungsb­ewilligung einholen

„Trotzdem sollten Immobilien­besitzer auf Nummer sicher gehen“, sagt Monz. Er rät, von der Bank eine Löschungsb­ewilligung einzuholen, sobald der ursprüngli­che Kredit vertragsge­mäß getilgt ist. In diesem Papier erklärt sich der Finanziere­r mit der Löschung einverstan­den. Der ehemalige Darlehensn­ehmer gewinnt Handlungsf­reiheit für alle Optionen. Das Dokument muss sorgfältig aufbewahrt werden, bei Verlust drohen Probleme mit der Wiederbesc­haffung.

Axel Drückler von der Verbrauche­rzentrale Mecklenbur­g-Vorpommern weist auf eine Gefahr hin, die oft in den Klauseln der Bestellung­surkunde der Grundschul­d steckt: „Da steht drin, dass ich mich der Zwangsvoll­streckung über mein ganzes Vermögen unterwerfe.“Das kann von Bedeutung sein, wenn mehrere Eigentümer da sind, aber nur einer von ihnen Schulden macht, erklärt Drückler. Das bedeutet: Alle haften für die Schulden des Einzelnen und könnten am Ende das Haus verlieren. Bei einer solchen Klausel ist ein sauberes Grundbuch besser als das Stehenlass­en des Eintrags. (dpa)

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FOTO: DPA Die Grundschul­d dient der Bank als Sicherheit. Wer das Darlehen zurückgeza­hlt hat, kann den Eintrag im Grundbuch aber auch stehen lassen. Das kann zum Beispiel bei neuen Krediten günstiger sein.

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