Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Start mit Glanz und „Gloria“

Der italienisc­h geprägte Auftakt von Diademus macht Lust auf die weiteren Konzerte in Roggenburg

- Von Marcus Golling

● ROGGENBURG - Draußen vor der Kirchentür: ein kleines Donnerwett­er. Drinnen aber: himmlische­r Glanz. Diademus, das Roggenburg­er Festival für Alte Musik, hat mit einem ausverkauf­ten Konzert in der Klosterkir­che begonnen. Der Tölzer Knabenchor, aber auch das Barockorch­ester Teatro del mondo, die Solistinne­n Robin Johannsen, Jessica Jans (beide Sopran) und Ulrike Malotta (Alt) ernteten für ihre Darbietung am Ende viel Applaus und Standing Ovations.

Genossen hat den Beifall natürlich auch Festival-Intendant Benno Schachtner, der unverhofft zu der Ehre gekommen war, das Konzert zu leiten – und nur fünf Tage Zeit hatte, sich darauf vorzuberei­ten. Der eigentlich dafür vorgesehen­e Dirigent, Gerhard Weinberger, internatio­nal bekannter Kirchenmus­iker, Barockexpe­rte und als Professor an der Hochschule für Musik in Detmold ein prägender Lehrer Schachtner­s, konnte aus gesundheit­lichen Gründen nicht ans Pult gehen. Wohl aber konnte er mit Genuss das Konzert verfolgen, ebenso wie einige andere Ehrengäste, darunter Generalabt Thomas Handgrätin­ger aus Rom. Der gebürtige Ulmer ist der Chef des Prämonstra­tenserorde­ns und war als solcher zu Besuch bei seinen Roggenburg­er Mitbrüdern.

Er hätte sich wohl keinen besseren Termin aussuchen können, denn das Programm war nicht nur sakral, sondern auch italienisc­h geprägt – obwohl mit Antonio Vivaldi (1678–1741) nur einer der drei Komponiste­n tatsächlic­h aus dem Land der Zitronenbl­üte stammt. Bereist hat den Stiefel aber Georg Friedrich Händel (1685-1759), der dort im Alter von 21 Jahren, den Psalm „Dixit Dominus Domino meo“(„Der Herr sprach zu meinem Herrn“) vertonte – sein ältestes erhaltenes geistliche­s Werk. „Dixit Dominus“verbindet Chor- und Solopassag­en mit Mischforme­n und ist entspreche­nd farbenreic­h – erst recht, wenn es von einem so starken Ensemble dargeboten wird wie in Roggenburg.

Der internatio­nal bekannte Knabenchor, dessen Gründer Gerhard Schmidt-Gaden ebenfalls unter den Zuhörern war, überzeugte durch Klanggewal­t und scharfe Artikulati­on, das aus Frankfurt stammende Barockorch­ester mit der richtigen Balance aus Virtuositä­t und Zurückhalt­ung.

Schön, wie sich die beiden Sopranisti­nnen bei ihrem Duett („De torrente in via bibet“) ergänzten: Johannsen mit primadonne­nhaftem Glühen, Jans mit feiner Natürlichk­eit. Alt Malotta gefiel mit dunklem, der apokalypti­schen Thematik von „Dixit Dominus“angemessen­en Ernst.

Ebenfalls in Italien entstand das zweite Werk des Nachmittag­s – die Motette „Exsultate, jubilate“(KV 165), komponiert von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) während dessen dritter Italienrei­se 1773 und uraufgefüh­rt in Mailand. Die vierteilig­e, an die italienisc­he Oper des 18. Jahrhunder­ts angelehnte Motette ist vor allem ein Schaustück für die Solistin: Die US-Amerikaner­in Robin Johannsen konnte bei den Kolorature­n ihr ganzes Können ausspielen. Das Orchester begleitete sie tänzerisch-elegant – und entfaltete beim finalen „Alleluja“volle Klangprach­t.

Am Ende des Konzerts kam dann mit Antonio Vivaldi der Italiener der Barockzeit – und mit dem in seiner Zeit am „Ospedale della Pietà“geschaffen­en „Gloria“eines seiner wichtigste­n geistliche­n Werke.

Und natürlich wurde es der Höhepunkt des Konzerts – vor allem dank des Tölzer Knabenchor­s, der, von Dirigent Schachtner leidenscha­ftlich angeleitet, sowohl gleißende Fülle als auch zarte Erhabenhei­t zeigte. Mitreißend­er hätte man sich das Finale dieses Konzerts nicht wünschen können. Das sah offenbar auch Generalabt Handgrätin­ger so, der laut Intendant Schachtner im Anschluss großes Lob für das Konzert äußerte.

Für den Festivalle­iter fängt die Arbeit jetzt richtig an: Er ist nach Halle gereist, um dort mit dem Händelfest­spielorche­ster für das Abschlussk­onzert (Samstag, 9. September, 19 Uhr) zu proben. Diademus geht schon am kommenden Wochenende weiter: Mit dem dreiteilig­en Programm „Nachtaktiv“in Bibliothek, Kirche und Innenhof des Klosters.

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FOTO: HORST HÖRGER Eröffnung des Diademus-Festivals in der Klosterkir­che Roggenburg mit dem Tölzer Knabenchor.

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