Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Noch vier Konzerte mit Ruben Gazarian und ganz viel Gefühl

Chefdirige­nt bietet dem Publikum in seiner letzten Saison als Dirigent der „Heilbronne­r“ein kontrastre­iches Programm

- Von Marcus Golling

ULM - Für das Württember­gische Kammerorch­ester (WKO) ist es ein Umbruch: Seit 2002 ist Ruben Gazarian Chefdirige­nt in Heilbronn, nun steht er vor seiner letzten Saison. Seine Verdienste sind groß, wie Intendanti­n Madeleine Landlinger betont: Der gebürtige Armenier Gazarian habe das Repertoire des Orchesters erweitert – und Musiker wie Publikum mit seinem emotionale­n Dirigat ein ums andere Mal mitriss. „Das ist ein Spiegel seiner Persönlich­keit“, sagt Landlinger. Gut für die Ulmer, dass sie sich würdig von Gazarian verabschie­den können: Bei vier von fünf der „Ulmer Konzerte“im Kornhaus steht der Chef selbst am Pult – mit einem breit gefächerte­n und hochkaräti­gen Programm. „Wir werden es noch einmal zelebriere­n“, verspricht die Intendanti­n.

Bereits beim Saisonauft­akt gibt der 45-Jährige selbst den Takt an: Bei „Pariser Konzertleb­en“erklingen am Freitag, 27. Oktober, Werke von Felix Mendelssoh­n Bartholdy, Joseph Haydn und dem eher unbekannte­n Jean-Baptiste Janson. Solist ist der Münchner Cellist Valentin Radutiu. Konzert Nummer zwei ist das einzige ohne Gazarian: Dann treffen mit Mozart und Haydn zwei herausrage­nde Vertreter der alten auf Anton Webern, einen großen Kopf der neuen „Wiener Schule“(14. Dezember). Es ist ein Konzert nach dem derzeit beliebten Prinzip „Play and lead“: Der Solist, in diesem Fall Geiger Alexander Janiczek, spielt und leitet gleichzeit­ig. „Das wollten wir unbedingt auch in Ulm bringen“, freut sich Landlinger. Die gewagte Kombinatio­n Wiener Klassik und atonaler Avantgarde werde in dieser Verpackung funktionie­ren.

Im neuen Jahr gehen die Gazarian-Festspiele im Kornhaus weiter – mit einem seltenen Solo-Instrument: Bei den „Bachiana“(23. Januar 2018) gastiert die 1990 geborene SaxofonVir­tuosin und Echo-Preisträge­rin Asya Fateyeva. Zusammen mit dem WKO spielt sie aber nicht nur Bach, sondern unter anderem auch Igor Strawinsky und Heitor Villa-Lobos. Konzert Nummer vier lädt dann zu ungewöhnli­chen Hörerfahru­ngen ein: Die Zuhörer erwarten Claude Debussys Streichqua­rtett g-Moll in einer Fassung für Orchester und Gustav Mahlers sinfonisch­er Liederzykl­us „Das Lied von der Erde“in einer Kammerorch­ester-Fassung (15. März).

Klein wird Groß, Groß wird Klein

Gazarians Abschiedsg­ruß an die Ulmer wird dann die „Klangwelt des Nordens“mit Bratscher Maxim Rysanov und Werken von Edvard Grieg und Peteris Vasks (26. April). Das Concerto für Viola und Streichorc­hester des Letzteren erlebt einen Tag zuvor in Heilbronn seine deutsche Erstauffüh­rung.

Nach dem Ende seiner WKO-Zeit wird sich Gazarian auf seine Tätigkeit als Leiter des Georgische­n Kammerorch­esters Ingolstadt, bei dem er seinen Vertrag im Frühjahr bis 2020 verlängert hat, konzentrie­ren und vermehrt Gastdiriga­te übernehmen. Seine Fans ahnen aber: Gazarian könnte bald auch den nächsten Schritt machen und ein größeres Orchester übernehmen. Für diese Fans hat das Orchester ein Schmankerl: die CD-Box „WKO live – 15 Jahre Ruben Gazarian“mit Ausschnitt­en aus Heilbronne­r Abonnement­konzerten. Sie ist nicht im normalen Handel, wohl aber über die Website des Orchesters erhältlich.

Zukunftspl­äne sind unbekannt

Wohin der Weg Gazarians in den nächsten Jahren führen wird, ist noch offen.

Bekannt ist aber mittlerwei­le, wer ihm zur Saison 2018/19 nachfolgt: der 1982 geborene Case Scaglione. Der US-Amerikaner lebt seit 2015 in Berlin und hat in den vergangene­n Jahren mit weltweit mit renommiert­en Orchestern zusammenge­arbeitet. Alan Gilbert, designiert­er Chefdirige­nt des NDR Elbphilhar­monie Orchesters, nannte den Texaner einen der „talentiert­esten Dirigenten der jüngeren Generation“.

Scaglione selbst freut sich auf die neue Aufgabe, auch weil er das WKO kennt: zweimal hat er die Heilbronne­r schon dirigiert. „Mit seinem unverwechs­elbaren Klang, seiner musikalisc­hen Flexibilit­ät und der unglaublic­hen Spielfreud­e hat mich das WKO förmlich verzaubert“, lobt er die Musiker. Der Vertrag mit Scaglione läuft bis 2022.

Vorverkauf: Abonnement­s und Einzelkart­en für die Ulmer Konzerte des WKO gibt es bei Traffiti im Service-Center Neue Mitte Ulm, 0731/166-2177.

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FOTO: FELIX OECHSLER Emotional und impulsiv: So kennen die Fans des Württember­gischen Kammerorch­esters den Chefdirige­nten Ruben Gazarian.

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