Nötig sind mehr Studienplätze
Es gibt ein ganzes Bündel an Gründen dafür, dass der Lehrermangel zum anstehenden Schuljahr so groß ist. Ausgebildete Pädagogen aus Südbaden unterrichten lieber in der Schweiz wegen der höheren Bezahlung, andere wandern in die Industrie ab. Wieder andere ziehen es vor, den Schuldienst gar nicht erst anzutreten, um nicht auf dem Land arbeiten zu müssen. Der Lehrermangel an den Grundschulen verschärft sich in diesem Jahr auch dadurch, dass es eine Lücke bei den Studienabgängern gibt. Dass die Dauer des Grundschulstudiums von sechs auf acht Semester erhöht wurde, schlägt zu Buche. Zudem setzen sich jetzt und noch bis zum Schuljahr 2020/2021 überproportional viele Lehrer zur Ruhe.
All das war absehbar. Es sind Trends, die seit Jahren zu beobachten sind. Auch dass die Zahl der Schüler wieder steigen wird und an den Grundschulen bereits steigt, ist für viele Experten keine Überraschung. Für Eltern, deren Kinder wegen Lehrermangels auf Pflichtunterricht verzichten müssen, sind all die Erklärungen ohnehin kein Trost.
Über Jahre hinweg waren die Kapazitäten für die Lehramtsstudiengänge zu sehr auf Kante genäht. Und zwar nicht nur in Baden-Württemberg, denn auch in anderen Bundesländern ist nichts zu holen – zum einen, weil sich die Kultusminister darauf verständigt haben, einander keine Lehrer abzuwerben, zum anderen, weil der Lehrermangel überall zwischen Bodensee und Flensburg Realität ist.
Es ist dringend geboten, dass die Ressortchefs der Länder in der Kultusministerkonferenz ehrlich analysieren, wie es zu dieser Mangelwirtschaft in den deutschen Klassenzimmern kam. Die Fehler der Vergangenheit dürfen sich nicht wiederholen. Wer wie die Kultusministerin und derzeitige Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Susanne Eisenmann, die Qualität in der Bildung ins Zentrum des Bemühens stellt, muss zunächst sicherstellen, dass es genügend Lehrer gibt – nicht nur für den Pflichtunterricht, sondern auch für den Zukunftsbereich Informatik. Oder bei der Inklusion.