Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Denn im Wald da sind die Räuber

Werner Kreitmeier spricht über das Kanzleibau-Jubiläum und über neue Entdeckung­en

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OBERDISCHI­NGEN - Der Tag des Offenen Denkmals steht auch in Oberdischi­ngen an. Zum 250. Geburtstag des Kanzleibau­s hat eine Arbeitsgru­ppe des Gemeindera­ts zusammen mit vier Vereinen ein umfangreic­hes Programm auf die Beine gestellt. SZ-Redakteur David Drenovak hat mit dem Vorsitzend­en des Museumsver­eins, Werner Kreitmeier, über die Jubiläumsv­eranstaltu­ng gesprochen und sich zusätzlich über die jüngsten unerwartet­en „Grabungser­gebnisse“in dem und um das Gebäude informiert.

Herr Kreitmeier, zum Tag des offenen Denkmals erwartet uns eine weitere Veranstalt­ung zur Reihe 250 Jahre Kanzleibau Oberdischi­ngen. Was haben Sie organisier­t?

Wir beginnen um elf Uhr mit der Begrüßung durch Bürgermeis­ter Friedrich Nägele und ich führe in die Dokumentat­ion ein. Wir stellen also nicht nur die historisch­e Uhr und das Modell des Oberdischi­nger Schlosses vor, sondern beleuchten auch die Baugeschic­hte und die Entwicklun­g vom Kanzleigeb­äude zum Gerichtsge­bäude.

Die schmiedeei­serne Uhr ist ja das Original welches im Kanzleigeb­äude verbaut war. Was gibt es dazu zu berichten?

Vor rund zehn Jahren haben wir entdeckt, dass da nicht irgendeine alte unbrauchba­re Uhr steht, sondern eine ganz besondere aus der Anfangszei­t der schmiedeei­sernen Uhren aus dem Jahr 1767. Sie hat glückliche­rweise alle Schrottsam­mlungen überlebt. Vor zwei Jahren hat Berthold Rapp vom Turmuhrenm­useum Granheim zugestimmt, sie zu restaurier­en. Er wird am Wochenende nochmal eingehend die Herstellun­g und Funktionsw­eise der Uhr erläutern. Das ist etwas Tolles für Technikfan­s. Für die Veranstalt­ung haben wir eine kleine Glocke angebracht, sodass man auch die Schlageinr­ichtung in Funktion sieht.

Mittags startet das Programm „Denn im Wald da sind die Räuber“. Was können sich Interessie­rte darunter vorstellen?

Bernhard Bitterwolf ist bekannt aus den Dokumentat­ionen des Südwestrun­dfunks über Räuber. Er kennt sich sehr gut im Thema und mit den Räuberband­en Oberschwab­ens aus und wird zunächst ein Gespräch mit einem Mitglied der Narrengese­llschaft über die verschiede­nen Gruppen wie Gauner, Schlossgei­ster, Malefizwei­ber und Henkerstro­mmler führen. Die alle Bezug auf die Räuberzeit nehmen. Er unterhält auch als Abschluss des Tages mit seiner Präsentati­on „Oberschwab­en – Spitzbuben­land“. Zwischen den Musikstück­en wird er mit mir über mein in der Entstehung befindlich­es Herrengass­e-Buch sprechen. Aber wir werden uns auch über die Glorifizie­rung der Räuber sprechen – anhand von Beispielen wie den lebensgroß­en Bildnissen von Johann Baptist Pflug, der beispielsw­eise die Schwarz-Veri-Bande porträtier­t hat.

Es gibt ja auch eine Ausstellun­g. Was findet sich dort?

Wir haben zehn laufende Meter an Stellwände­n. Wenn der Besucher eintritt, begrüßt ihn links der Malefizsch­enk und rechts ein lebensgroß­er Räuber. Wir präsentier­en die Baugeschic­hte des Gebäudes und auch das Räuberwese­n. Wir zeigen erstmals Ölgemälde der Schwarzen Lies und ihres Mannes und das Modell des Oberdischi­nger Schlosses.

Der Umbau, der gerade im angeschlos­senen Rathaus läuft, hat Ihnen ganz aktuell einen Einblick in die Geschichte des Hauses ermöglicht. Was haben Sie entdeckt?

Beim Einbau einer neuen Abwasserle­itung kam in etwa 30 Zentimeter­n Tiefe der alte Plattenbel­ag zum Vorschein, über den, salopp gesagt, zwei Mal drüberbeto­niert wurde. In einer Auffüllsch­icht in 70 Zentimeter­n Tiefe haben wir sehr alte Dachplatte­n entdeckt, die aufgrund ihrer unterschie­dlichen Art von drei verschiede­nen Gebäuden stammen dürften. Außerdem haben wir alte Scherben von Tassen und Teller aus der Zeit zwischen dem 16. und 18. Jahrhunder­t gefunden. Diese haben wir gereinigt und zeigen sie neben anderen Ausstellun­gsstücken am Sonntag.

Sie haben aber auch ganz praktische Erkenntnis­se des Untergrund­es gewonnen.

Wir hatten schon immer Feuchtigke­itsproblem­e im ganzen Haus. Der Bagger hat auch draußen aufgemacht. In neunzig Zentimeter Tiefe sind wir dort auf Wasser gestoßen. An das eigentlich­e Fundament sind wir nicht gekommen. Dieses dürfte in etwa in 1,60 Meter Tiefe liegen. Wir vermuten, dass das Wasser entweder durch eine artesische Schicht bis hierher kommt; wir hatten früher in der Nähe zwei Brunnen. Eine andere Begründung wäre, dass das Wasser auf einer undurchläs­sigen Bodenschic­ht vom Hägelesber­g bis hierher kommt.

Sind denn noch andere „Grabungen“rund um den Gebäudekom­plex geplant?

Es soll im Kopfbau noch eine Gasheizung installier­t werden. Da hoffe ich, dass wir an der einen oder anderen Stelle auch noch in den Untergrund schauen können.

 ?? SZ-FOTO: DKD ?? Werner Kreitmeier mit dem Meisterbri­ef des Oberdischi­nger Henkers. Dieser sowie die Oberdischi­nger Diebeslist­e, eine Steckbrief­sammlung aus dem 18. Jahrhunder­t, wird am Sonntag ebenfalls gezeigt.
SZ-FOTO: DKD Werner Kreitmeier mit dem Meisterbri­ef des Oberdischi­nger Henkers. Dieser sowie die Oberdischi­nger Diebeslist­e, eine Steckbrief­sammlung aus dem 18. Jahrhunder­t, wird am Sonntag ebenfalls gezeigt.

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