Beim Carsharing Gas geben
Die Firma Confitech will weiter wachsen, auch in Neu-Ulm
ULM (mru) - Von einem Höhenflug wie zu Zeiten von Car2go ist Carsharing in Ulm und Neu-Ulm heute weit entfernt. Damals kurvten 300 weißblaue Smarts durch die Doppelstadt. 20 000 Kunden waren angemeldet, bevor sich die Daimler-Tochter Ende 2014 aus Ulm zurückzog. Doch der Bedarf nach kurzfristig verfügbaren Mietflitzern ist nach wie vor da, und der Trend geht wieder nach oben. Davon profitiert auch das Ulmer Unternehmen Confitech, das im vorigen Jahr einen deutlichen Zuwachs an Kunden verbuchte. Bei einem Besuch am Firmensitz in Jungingen informierte sich der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) über die Situation auf dem Carsharing-Markt in der Region.
Confitech wurde im Jahr 2000 gegründet und hat mehrere Standbeine. Das kleine Unternehmen mit zehn Mitarbeitern ist Entwicklungsdienstleister bei Daimler, betreibt seit elf Jahren über die Sparte Conficars Carsharing und hat in diesem Jahr noch die Firma Utech in Stuttgart, eine Autovermietung von Transportern und Klein-Lastwagen, übernommen. Conficars hat mittlerweile 18 Fahrzeuge verschiedener Größe, darunter ein Elektroauto und drei Hybridfahrzeuge. Anders als bei Car2go haben diese feste Parkplätze, etwa in der Olgastraße, in der Rosengasse, am Bahnhofsteg oder am Rathaus Neu-Ulm. Im Oktober kommt ein weiterer in Pfuhl dazu. Die Kunden müssen sich einmal registrieren lassen, bekommen dann eine Zugangskarte und eine kurze Einführung. Über eine App können sie schauen, wo gerade ein Auto frei ist und es dann buchen. Abgerechnet wird über Strecke und Zeit. Ein Toyota Yaris beispielsweise kostet von 7 bis 24 Uhr 2,70 Euro die Stunde und 26 Cent pro Kilometer. ÖPNV-Kunden bekommen Sonderkonditionen. Conficars kooperiert außerdem mit der Stadtmobilund Cambio-Gruppe, sodass die Kunden auch in anderen Städten Carsharing nutzen können.
Das Angebot nutzt derzeit ein Stamm von 650 Kunden. Fahranfänger und junge Familien sind ebenso darunter wie ältere Leute. „Wir hatten voriges Jahr ein Plus von 20 Prozent. Das erwarten wir auch für dieses Jahr“, sagte Geschäftsführer Joachim Vogt. Schwarze Zahlen schreibt Conficars noch nicht. „Aber wir machen große Schritte darauf zu“, so Vogt. „Wir wollen kontinuierlich wachsen“, sagte Christoph Martini, beratender Wirtschaftsingenieur. „Wir sind bereit, diesen Weg zu gehen, denn wir glauben an dieses Modell.“
Doch die Situation in Ulm sei nicht einfach für ein Carsharing-Unternehmen, schilderte Joachim Vogt. Es gebe viele Haushalte mit zwei oder mehr Autos, eine relativ geringe Parkraumbewirtschaftung sowie viele Ein- und Auspendler. „Das ist ein sehr dickes Brett, das wir hier bohren“, sagte Vogt. Dazu kommen andere Probleme: „Unsere Stellplätze werden extrem oft zugeparkt. Und wir haben wenig Möglichkeiten, das zu ahnden.“Dazu gebe es eine geringe Bereitsschaft der Behörden, am Carsharing teilzunehmen, anders als etwa in Karlsruhe. Die Stadt NeuUlm hat sich immerhin schon registrieren lassen. Und Ulms Baubürgermeister Tim von Winning nutzt das Angebot. „Ich würde das unterstützen, dass man Behörden systematisch anschreibt und ihnen ein Angebot macht“, schlug Winfried Hermann vor. „Man muss mehr anstoßen.“Er glaubt außerdem, dass die festen Stellplätze nicht optimal sind. Eventuell könne die Firma stattdessen feste Zonen bestimmen, in denen die Kunden dann das ausgeliehene Auto abstellen können.
Das Ulmer Unternehmen würde Carsharing mittelfristig gerne stärker in die Fläche bringen. Die Dienstleister hoffen, dass das Land ein entsprechendes Förderprogramm auflegt. Als Standort für einen Modellversuch kommt für Conficars die Stadt Ehingen (Alb-Donau-Kreis) infrage.