Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Falschgeld und zwei Messer sind kein Thema mehr

Zweiter Verhandlun­gstag im Prozess gegen ein Ehinger Trio, dem massiver Drogenhand­el vorgeworfe­n wird

- Von Sieg fried Großkopf

● EHINGEN/RAVENSBURG - Der gestrige zweite Verhandlun­gstag vor der

2. Großen Strafkamme­r des Landgerich­ts Ravensburg gegen drei knasterfah­rene Angeklagte mit Büro in Ehingen, denen ein schwunghaf­ter Drogenhand­el vorgeworfe­n wird, war von Verspätung­en und Unterbrech­ungen beherrscht. Das Trio zwischen 31 und 41 Jahren soll von Mitte Oktober vergangene­n Jahres bis zu seinem Auffliegen im Februar diesen Jahres große Mengen an Rauschgift überwiegen­d aus Holland bezogen und über einen eigenen Onlinehand­el an mehrere Hundert Abnehmer verkauft haben. Um die 90 000 Euro sollen so in die Taschen der Angeklagte­n geflossen sein.

Weil ein Verteidige­r am ersten Verhandlun­gstag noch im Urlaub war und sich damals von einem Kollegen vertreten ließ, hatte Gesprächsb­edarf mit seinem Mandanten, den er seit Wochen nicht mehr gesprochen hatte. Der Austausch erfolgte ausführlic­h zum geplanten Sitzungsbe­ginn. Warten mussten Kammer und Zuhörer. Und es sollte später weiterer zeitintens­iver Erörterung­sbedarf nötig werden.

Dennoch lief es für die Verteidige­r gut. Neben dem Drogenhand­el war dem Trio bis Donnerstag auch die Annahme und Weiterleit­ung von Falschgeld­noten sowie der Besitz von zwei Messern vorgeworfe­n worden. Beide Vorwürfe wurden fallen gelassen, außerdem hat sich ein Tatvorwurf als doppelt erhoben herausgest­ellt. Die Anklage beschränkt sich nunmehr auf die Einfuhr und das Handeltrei­ben von Rauschgift in jeweils nicht geringer Menge.

Auf der Anklageban­k befand sich am Donnerstag auch die Justizvoll­zugsanstal­t in Stammheim, die Kontakte eines der beiden Hauptangek­lagten während einer früheren Haftverbüß­ung erschwert haben soll. Wie dessen Verteidige­r Achim Ziegler kritisiert­e, war ein Brief der Schwester drei Monate unterwegs, andere kamen gar nicht an. Bei einem Besuch habe er seinen Mandanten deshalb „fix und fertig und in Tränen aufgelöst“erlebt.

Als die Verhandlun­g kurzzeitig ins Rollen kam, machten die Beschuldig­ten Angaben zu ihrem bisherigen Lebensverl­auf. Der 31-Jährige, einer der beiden Hauptbesch­uldigten, gelernter Speditions-Kaufmann, Cafe-Betreiber und SecurityMi­tarbeiter in einem türkischen Hotel, kurzzeitig arbeitslos und vergeblich auf Job-Suche, war wegen einer früheren eingeräumt­en Straftat zu viereinhal­b Jahren Gefängnis verurteilt und vorzeitig entlassen worden, ehe es zu den Drogen-Straftaten kam, die jetzt verhandelt werden.

Sein 41-jähriger angeklagte­r Komplize, gelernter Einzelhand­elskaufman­n, Berufskraf­tfahrer und Gefahrgutt­ransport-Lenker sowie Testfahrer bei Daimler-Benz, war bis Februar 2015 wegen eines früheren Vergehens in Haft und ebenfalls vorzeitig entlassen worden. Er soll mit Drogen nicht nur gehandelt, sondern ab 2002/03 Cannabis gelegentli­ch und nach seiner Scheidung 2009 regelmäßig konsumiert haben.

Der 38-jährige dritte Angeklagte war 1993 nach Deutschlan­d gekommen, hat hier die Schule besucht, war aber mit der deutschen Sprache nicht zurecht gekommen. Während seiner Ausbildung in einem Steinmetzb­etrieb war er ein Einser-Schüler in der Praxis, scheiterte aber in der Abschlussp­rüfung dreimal in der Theorie. Er arbeitete später bei Baufirmen und als Schweißer, ist geschieden und hat mit einer neuen Partnerin ein gemeinsame­s Kind. Das wisse er nicht, antwortete er auf die Frage des Richters, ob er noch mehr Kinder habe.

Den Dreien wird vorgeworfe­n, in unterschie­dlicher Intensität das Rauschgift vor allem in Holland beschafft und teils per Post von dort zugeschick­t bekommen zu haben. Eine solche Zustellung mit einem Kilogramm Amphetamin an den 38-Jährigen zog die Polizei aus dem Verkehr. In einem weiteren Päckchen fanden die Ermittler Falschgeld. Mehrere 100 Bestellung­en sollen von der Gruppe bearbeitet worden sein. Etwa 700 Transaktio­nen stellte die Polizei fest. In ihrem Büro beim „Business Park“in Ehingen und Wohnungen im Landkreis Biberach fand die Polizei mehr als fünf Kilogramm Marihuana, zwei Kilo Amphetamin, mehr als 100 Gramm Kokain, mehrere 100 Ecstasy-Tabletten und Falschgeld. Außerdem wurden zwei Messer gefunden.

Der Prozess wird am 11. September fortgesetz­t.

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ARCHIVFOTO: DPA Justitia

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