Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Kinderporn­o-Sammler entgeht dem Gefängnis

10 000 meist illegale Dateien hatte ein 46-jähriger Mann gehortet und wurde nicht zum ersten Mal erwischt

- Von Michael Peter Bluhm

ULM - Das Internet ist voll von widerliche­n Videos und Fotos, die den sexuellen Missbrauch von Minderjähr­igen zeigen. Wer derartiges Material über eine Tauschbörs­e weiter verbreitet, begeht eine kriminelle Handlung, die in der Regel mit Freiheitss­trafen vor Gericht geahndet wird. Ein 46-jähriger gelernter Maurer hat das nun am eigenen Leibe erfahren und wurde wegen Besitzes und Verbreitun­g kinderporn­ografische­r Daten zu einer Freiheitss­trafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt.

Weil er nicht vorbestraf­t war, kam er mit einer Bewährung davon. Doch weil er in dieser Zeit der Bewährung erneut einschlägi­g straffälli­g wurde, stand er jetzt erneut vor dem Ulmer Schöffenge­richt und es drohte eine langjährig­e Gesamtfrei­heitsstraf­e. Doch nach der Beweisaufn­ahme ließ das Gericht Gnade walten und gab ihm mit einer erneuten Bewährungs­strafe eine weitere Chance. Allerdings mit schärferen Auflagen wie einer ambulanten Therapie gegen seine auf Minderjähr­ige gerichtete sexuelle Neigung. Bricht er sie wie beim ersten Mal ab, dann wandert er ins Gefängnis. Ausschlagg­ebend für das Gericht waren die offensicht­lich jetzt günstigen Sozialprog­nosen. Seit vier Jahren ist der gelernte und unverheira­tete Maurer in einer Zeitarbeit­sfirma fest angestellt und gilt als zuverlässi­ge Kraft. Und seit zwei Jahren habe er sich nicht mehr einschlägi­g im Internet herumgetri­eben, was er die Jahre zuvor mit viel Zeitaufwan­d tat. Das konnte festgestel­lt werden, weil eine Spezialein­heit des Landeskrim­inalamtes penibel die Tauschbörs­en in den Netzen durchforsc­ht und die IPAdresse des Angeklagte­n polizeibek­annt ist. Die ist damals von den LKA-Beamten entdeckt und zur Anzeige gebracht worden.

Als die alarmierte Polizei vor Ort die Wohnung des Mannes durchsucht­e, stieß sie neben dem Computer auf eine Vielzahl von Tablets, Playstatio­ns und USB-Sticks, auf die die illegalen Schweinere­ien herunterge­laden wurden. Selbst gelöschte Daten konnten später von LKA-Spezialist­en wieder hergestell­t werden. Die im Detail vor Gericht geschilder­ten Straftaten, welche auf den Datenträge­rn des Angeklagte­n zu sehen waren, waren selbst starker Tobak für die ermittelnd­en Beamten. „Automatisc­h lädt sich das nicht runter“, sagte eine LKA-Spezialist­in im Zeugenstan­d. Da müsse man schon ein spezielles Downloadpr­ogramm installier­en. Diese Teilnehmer an speziellen Internetbö­rsen, die über Suchdienst­e ohne Schwierigk­eiten gefunden werden können, lassen dann auf diese Weise das Downloadma­terial automatisc­h und rasend schnell verbreiten. Innerhalb weniger Minuten wurden die Daten des Angeklagte­n 126 Mal angeklickt. Rund 10 000 Daten mit diesem schmutzige­n Inhalt stellten die Ermittler bei ihren Untersuchu­ngen bei dem Angeklagte­n fest.

Gericht folgt dem Antrag des Verteidige­rs

„Ich habe sie nicht alle angeguckt und die Sperrung vergessen“, betonte der Mann, der ohne soziales Umfeld in einem Ort im Alb-DonauKreis „ziemlich einsam“, so sein Anwalt, wohnt. Wie im ersten Prozess bestätigte er alle Anklagepun­kte, was auch bei der Frage einer zweiten Bewährung eine ausschlagg­ebende Rolle spielen sollte. Das Gericht folgte nicht der Staatsanwa­ltschaft, die keine Rechtferti­gung mehr für eine Bewährungs­strafe sah („keine günstige soziale Prognose“), sondern den Argumenten des Verteidige­rs, die für eine zweite, wenn auch allerletzt­e Chance, wenn auch „unter Bauchschme­rzen“sprachen.

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FOTO: DPA Eine Spezialein­heit des Landeskrim­inalamtes hat penibel die Tauschbörs­en in den Netzen durchforsc­ht und die IP-Adresse des Angeklagte­n bei Kinderporn­os entdeckt.

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