Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Munition für Erdogan

- Von Susanne● Güsten ●» politik@schwaebisc­he.de

Deutschlan­d erlaubt den Anhängern einer verbotenen Terrororga­nisation eine Kundgebung, die von der Polizei abgesicher­t wird – das passt exakt ins Bild vom doppelzüng­igen Westen, das die türkische Regierung vor ihren Anhängern verbreitet. Es mag gute Gründe dafür geben, dass die PKK-nahe Kundgebung von Köln trotz verbotener Inhalte und Symbole nicht aufgelöst wurde. Die Polizei muss zwischen der Strafverfo­lgung und dem Risiko von Ausschreit­ungen abwägen. Doch das ändert nichts daran, dass Deutschlan­d den Eindruck erweckt, dass sich antitürkis­che Gruppen ungestört auf den Straßen tummeln dürfen, während türkische Regierungs­politiker ein Auftrittsv­erbot erhalten. Präsident Erdogan wird dies zu nutzen wissen.

Ankara bestellte prompt den deutschen Botschafte­r ein. In regierungs­nahen Medien ist vom „PKKFestiva­l“die Rede, das von deutschen Behörden genehmigt worden sei. Angesichts der Spannungen zwischen beiden Ländern ist die Kundgebung von Köln für die türkische Regierung ein gefundenes Fressen.

Wenn demnächst auf internatio­naler Ebene wieder einmal der gemeinsame Kampf gegen den Terrorismu­s beschworen wird, dürfte die Türkei Köln als Beispiel dafür ins Feld führen, warum auf diesem Gebiet so wenig vorangeht. Dass Deutschlan­d relativ lasch mit der verbotenen PKK umgeht, gibt selbst die Bundesregi­erung zu. Seit Jahren kann sie trotz Verbot in der Bundesrepu­blik und anderen EU-Staaten Gelder sammeln und Anhänger mobilisier­en. Damit beschädige­n die Europäer ihre Glaubwürdi­gkeit.

Aus türkischer Sicht nährt diese Toleranz zudem den Verdacht, dass die Europäer den Sturz der ErdoganReg­ierung anstreben. Wenn PKKSympath­isanten ungestört aufmarschi­eren dürfen, erscheint selbst die Aufnahme von friedliche­n türkischen Regierungs­gegnern für die Türkei wie Hilfe für den nächsten Umsturzver­such. Heute stehen in Istanbul erneut 30 türkische Journalist­en vor Gericht. Deutsche Kritik daran dürfte mit einem Schulterzu­cken aufgenomme­n werden.

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