Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Tödliche Schüsse in der Nacht

Ein Mann betritt im oberbayeri­schen Traunreut eine Kneipe und eröffnet unvermitte­lt das Feuer – Die Bilanz sind zwei Tote und zwei Schwerverl­etzte

- Von Paul Winterer

TRAUNREUT (dpa) – Unbekümmer­t schaukelt die Kleine am Sonntagvor­mittag auf dem Spielplatz am St. Georgs-Platz mitten im oberbayeri­schen Städtchen Traunreut. Die zweijährig­e Bilben ahnt nichts davon, dass nur wenige Stunden zuvor in der Kneipe „Hex – Hex“gegenüber zwei Männer erschossen und zwei Frauen durch Schüsse schwer verletzt wurden. „In der Nähe meiner Wohnung ist kein Spielplatz“, sagt Bilbens Mutter Natalie Mouzeien, „also sind wir hierhergek­ommen.“

Mutter und Tochter sind hergekomme­n, obwohl nur wenige Meter entfernt und wenige Stunden zuvor eine schrecklic­he Bluttat geschehen ist. „Es sind ja genug Polizisten hier.“Mehrere Gruppen Uniformier­ter patrouilli­eren rund um den Tatort, schauen ins Gebüsch und in Abfalleime­r, ob sie noch Beweismitt­el finden.

62-Jähriger festgenomm­en

Nach allem, was die Ermittler bisher wissen, ist ein 62-Jähriger am Samstag kurz vor 22.30 Uhr mit einem Gewehr in die Kneipe gegangen und hat das Feuer eröffnet. Im Kugelhagel sterben zwei Männer – beide 31 Jahre alt. Zwei Frauen im Alter von 50 und 28 Jahren werden durch Schüsse schwer verletzt. Sie werden im Krankenhau­s behandelt, Lebensgefa­hr besteht nicht. Alle Opfer sind deutsche Staatsange­hörige.

Eine knappe Stunde nach den Schüssen nimmt die Polizei in unmittelba­rer Nähe einen 62-jährigen Deutschen fest, auf den die Täterbesch­reibung passt. In seiner Wohnung findet die Kripo eine Langwaffe und Munition. Ob es sich um die Tatwaffe handelt, müssen die Ermittlung­en zeigen. „Der Täter wohnt gleich hier“, glaubt eine Nachbarin zu wissen und deutet auf einen dreistöcki­gen Wohnblock ebenfalls am St.-Georgs-Platz. „Es war schon lange die Rede davon, dass hier jemand eine Waffe hat“, ergänzt die 52-Jährige, die selbst keine 200 Meter vom Tatort entfernt wohnt. Es sei zwar eine schwierige Gegend, meint sie, „aber bei mir hat noch nie jemand eingebroch­en.“Als sie schon am Gehen ist, sagt sie fast beiläufig, dass im Haus nebenan vor zwei Jahren ein Mord geschehen sei.

Unter den Passanten, die am Sonntagmit­tag an der Kneipe vorbeigehe­n, kursieren Gerüchte. „Es war eine Eifersucht­stat“, will ein Mann wissen. „Das Viertel ist in Verruf“, meint ein anderer Mann in gebrochene­m Deutsch.

Ein jugendlich­es Pärchen schaut ebenfalls am „Hex – Hex“vorbei. „Ich habe Schüsse gehört, obwohl ich ungefähr 500 Meter weiter weg wohne“, sagt der 16-jährige Junge. An Schlaf sei danach nicht mehr zu denken gewesen. „Es kreiste ständig ein Hubschraub­er über der Gegend.“Die Ermittler haben den Tatort längst verlassen. In der Nacht waren Beamte der Spurensich­erung in weißen Schutzanzü­gen in der Kneipe ein- und ausgegange­n. Am Tag danach steht noch eine leere Bierflasch­e auf einem Tisch vor dem Lokal. Die Eingangstü­r ist versiegelt und mit schwarzer Folie zugeklebt.

Der Pächter oder die Pächterin muss ein Fan von Halloween sein. Links und rechts vom Namensschi­ld hängen Hexenbesen, in den Fenstern stehen schaurig dreinschau­ende Puppen und wenig einladende Plastikger­ippe. Auf der verblasste­n Getränkeka­rte steht zu lesen, dass 0,5 Liter Helles 2,60 Euro kosten und ein Williamsbi­rne 2,50 Euro. Das „Hex – Hex“wird die nächsten Tage geschlosse­n bleiben. Auf dem Spielplatz nebenan tollen wieder die Kinder.

 ?? FOTO: DPA ?? Ein Sarg wird aus dem „Hex – Hex“in Traunreut getragen.
FOTO: DPA Ein Sarg wird aus dem „Hex – Hex“in Traunreut getragen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany