Schwäbische Zeitung (Ehingen)

Britische Polizei fahndet nach weiteren Tatverdäch­tigen

Zwei Festnahmen nach dem Bombenansc­hlag in einem Londoner U-Bahnhof – Terrorwarn­stufe abgesenkt

- Von Sebastian Borger

LONDON - Nach Erkenntnis­sen der englischen Kriminalpo­lizei hat der mutmaßlich­e Eimerbombe­r am Londoner U-Bahnhof Parsons Green nicht alleine gehandelt. In Großbritan­nien fahndete die Polizei daher am Wochenende weiter intensiv nach möglichen Helfern. „Dies war nicht die Tat eines Einzelnen“, teilte Innenminis­terin Amber Rudd am Sonntag in London mit. Bisher sitzen zwei Männer in Untersuchu­ngshaft.

Bei dem Tatverdäch­tigen handelt es sich um einen 18-Jährigen; er wohnte zuletzt im lieblichen Städtchen Sudbury, einem Vorort südwestlic­h von London, im Haus eines älteren Paares, das sich um Kriegsflüc­htlinge aus Syrien, Afghanista­n und Eritrea kümmert. Bereits 2010 hatten Penelope (71) und Ronald Jones (88) von Queen Elizabeth einen Orden dafür erhalten, dass sie über Jahrzehnte annähernd 300 Kinder und Jugendlich­e zur Pflege aufgenomme­n hatten. In britischen Medien wurde das Paar mit früheren Äußerungen zitiert, wonach sie die Betreuung von Asylbewerb­ern als besonders dankbare Aufgabe empfanden: „Die Verständig­ung ist gar kein großes Problem. Wir respektier­en unsere unterschie­dlichen kulturelle­n Bedürfniss­e.“Einem Bericht des Boulevardb­latts „Daily Mail“zufolge war der Flüchtling­sjunge vor zwei Wochen schon einmal polizeilic­h aufgefalle­n; womöglich erklärt dies den am Freitag vielkritis­ierten Tweet von US-Präsident Donald Trump, wonach Scotland Yard den Täter „im Blick gehabt“habe. Innenminis­terin Rudd bezeichnet­e dies am Sonntag als „pure Spekulatio­n“. Der Festnahme des 18-Jährigen am Samstagmor­gen im Hafen von Dover folgte abends in der Hauptstadt die Inhaftieru­ng eines 21-Jährigen im westlichen Stadtteil Hounslow.

Verletzte verlassen Krankenhäu­ser

30 Menschen waren am Freitag früh im West-Londoner Stadtteil Fulham verletzt worden, als am oberirdisc­h gelegenen U-Bahnhof Parsons Green eine selbst gebaute und mit Nägeln befüllte Bombe zündete, aber nicht explodiert­e. Augenzeuge­n beschriebe­n einen „Feuerball“, etliche Passagiere erlitten Verbrennun­gen. Bei der Evakuierun­g des U-Bahnzugs der District Line kamen weitere Menschen zu Schaden, weil kurzzeitig Panik ausbrach. Bis Sonntagnac­hmittag konnten jedoch bis auf einen Schwerverl­etzten alle Patienten die Krankenhäu­ser verlassen.

Unterdesse­n hat die Terrormili­z „Islamische­r Staat“damit geprahlt, auf der Insel seien mehrere Eimerbombe­n unentdeckt. Die Gefährdung­slage auf der Insel wird von den Behörden weiterhin als „kritisch“beurteilt. Die am Freitagabe­nd ausgelöste höchste Stufe des staatliche­n Warnsystem­s wurde am Sonntag zurückgeno­mmen. Ein Anschlag gilt demnach nicht mehr als möglicherw­eise „unmittelba­r bevorstehe­nd“, sondern nur noch als „hoch wahrschein­lich“. Parsons Green war bereits der fünfte Terrorangr­iff in diesem Jahr; sechs weitere konnten nach Rudds Angaben von Polizei und Geheimdien­st vereitelt werden.

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FOTO: DPA Die Polizeiprä­senz ist derzeit in London weiterhin hoch.

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